Nach Schul-Kontrolle: Saarland macht Pius-Internat dicht
Das Internat der Herz-Jesu-Realschule in Saarbrücken muss schließen, weil mehr Schüler als erlaubt untergebracht sind. Teilweise wohnen sie bei Erzieherinnen.
![](https://taz.de/picture/313402/14/piusbrueder.jpg)
FRANKFURT/M. taz | Das Internat an der erweiterten Realschule Herz-Jesu der mit rechtsextremistischem Gedankengut kokettierenden Piusbruderschaft im Saarbrücker Stadtteil Fechingen wird zum 7. Mai geschlossen. Das verfügte die saarländische Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Ein entsprechendes Schreiben wurde dem Saarbrücker Rechtsanwalt des Trägervereins der Schule am Wochenende zugestellt.
Hintergrund der Aufhebung der 2007 erteilten Betriebserlaubnis für das Internat sind die bei einer Routinekontrolle der Schule im März dieses Jahres festgestellten Schülerzahlen. Gezählt wurden 26 Jungen, von denen 15 auch im Internat - das einmal eine Grundschule war - in Vierbettzimmern untergebracht waren. Die anderen Buben, vor allem die jüngeren, wohnten dagegen außerhalb der Schule, aufgeteilt in zwei Gruppen bei Erzieherinnen. Vor drei Jahren genehmigt bekommen hatte der Schulträgerverein Don Bosco aber lediglich acht Internatsplätze.
Wie der Sprecher von Ministerin Kramp-Karrenbauer der taz sagte, habe der Trägerverein aber nicht nur die Schülerzahl illegal an der Landesaufsichtsbehörde vorbei erhöht, sondern einen Teil der Kinder auch einer "Erzieherin" anvertraut, die über keinerlei Qualifikationen für diesen Job verfüge.
"Über Jahre hinweg ist versucht worden, uns mit falschen Angaben hinters Licht zu führen", so der Sprecher. An der Schließungsverfügung habe deshalb kein Weg mehr vorbeigeführt. Man habe schließlich "Aufsichtspflichten". Denn wenn schon bei solchen Dingen getrickst und getäuscht werde, müsse man doch zwangsläufig davon ausgehen, "dass die Betreiber des Internats auch eventuelle sexuelle Übergriffe oder Gewaltexzesse an ihrer Schule nicht den Behörden melden". Konkrete Anhaltspunkte dafür, so der Ministeriumssprecher, gebe es aber nicht. Weder die Schulleitung noch der Trägerverein waren am Montag für Stellungnahmen zu erreichen.
Vor vier Jahren war die Realschule der Piusbruderschaft in Saarbrücken schon einmal in den Schlagzeilen. Es ging um die "körperliche Züchtigung" von wenigstens zwei Schülern. Eine Schließungsverfügung des Sozialministeriums damals hob ein Gericht wieder auf. Auch die aktuelle Verfügung kann angefochten werden. Schon im Jahr zuvor hatte ein Schüler berichtet, von einem Lehrer "geschlagen, getreten und in den Keller eingesperrt" worden zu sein.
Von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wurde erst kürzlich ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Patres der Herz-Jesu-Missionare eingeleitet, die vor 25 Jahren im Internat eines Gymnasiums in Homburg (Saar) Schüler sexuell missbraucht haben sollen.
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