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Nach Palästinas UN-AntragNahost-Quartett mit neuem Fahrplan

Die neue Friedensinitiative wird von Israels Regierung begrüßt, da sie Gespräche ohne Vorbedingungen vorsieht - also auch keinen Stopp des Siedlungsbaus. Das erzürnt jedoch die Palästinenser.

Kann den neuen Vorschlägen des Nahost-Quartetts was abgewinnen: Israels Aussenminister Avigdor Lieberman. Bild: reuters

JERUSALEM/NEW YORK afp/dpa | Israels Außenminister Avigdor Lieberman hat Zustimmung zum Fahrplan des Nahost-Quartetts für neue Friedensgespräche mit den Palästinensern signalisiert. Lieberman sagte am Sonntag im israelischen Rundfunk, der Vorschlag enthalte einen "sehr positiven Punkt - die Aufnahme von Verhandlungen ohne Vorbedingungen". Er meldete jedoch auch "Vorbehalte" gegen einige Formulierungen an.

Am Samstag hatte sich bereits Regierungschef Benjamin Netanjahu grundsätzlich bereit erklärt, den Fahrplan des Nahost-Quartetts zu akzeptieren. Israels Regierung will ihre offizielle Haltung zu den Vorschlägen aber erst in den kommenden Tagen bekannt geben.

Die Palästinenserführung äußerte sich dagegen unzufrieden. Der Fahrplan sei "unvollständig", sagte der Außenminister der Palästinenserbehörde, Riad Malki in Ramallah. Er rufe nicht zu einem Ende des israelischen Siedlungsbaus auf und fordere auch keinen Rückzug auf die Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967. "Das einzig Neue an dem Vorschlag ist ein Zeitplan, um über Sicherheit und Grenzen zu sprechen", sagte Malki.

Dagegen wollte Palästinenserpräsident Abbas den neuen Plan zunächst nicht kommentieren. "Es ist falsch, politische Initiativen zu ignorieren, weil sie positive Elemente enthalten könnten, auf denen man aufbauen und die man weiterentwickeln kann", sagte Abbas laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa. Abbas will nach seiner Rückkehr am Sonntag die Führungsgremien seiner Fatah-Organisation sowie der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) einberufen.

Plan mit klarer Zeitvorgabe

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte am Freitag bei den Vereinten Nationen einen Antrag auf Vollmitgliedschaft eines eigenen Staates gestellt. Israel will die Frage nach einem Palästinenserstaat aber nur über Verhandlungen klären. Das Land hat dabei die Unterstützung der USA, die drohten, das Vorhaben der Palästinenser im UN-Sicherheitsrat durch ihr Veto zu stoppen. Der UN-Sicherheitsrat will sich am Montag mit dem Antrag der Palästinenser beschäftigen.

Das Nahost-Quartett aus UNO, EU, USA und Russland hatte nach dem Palästinenserantrag einen Plan vorgelegt, dessen Ziel ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern bis Ende 2012 ist. Der letzte Anlauf für Friedensgespräche war vor etwa einem Jahr gescheitert, nachdem Israel ein Moratorium für den Siedlungsbau im Westjordanland nicht verlängert hatte.

Der Fahrplan des Nahost-Quartetts sieht vor, dass sich Israel und die Palästinenser gleich zu Beginn verpflichten, eine Lösung ihres jahrzehntelangen Konflikts bis Ende kommenden Jahres anzustreben. Ähnliche Zeitvorgaben hatten bereits in den vergangenen Jahren nicht zum beabsichtigten Durchbruch geführt.

Aus Sicht von Bundesaußenminister Guido Westerwelle kann die Erklärung des Nahost-Quartetts einen Weg weisen, um aus den verhärteten Positionen beider Seiten wieder den Einstieg in Verhandlungen zu schaffen und eine Eskalation der Gewalt zu vermeiden.

Der neue Nahost-Fahrplan sieht weiterhin vor, dass innerhalb von drei Monaten umfassende Vorschläge zu Grenzen und Sicherheit gemacht werden. Nach sechs Monaten solle es sichtbare Fortschritte geben, die dann auf einer internationalen Konferenz in Moskau festgeschrieben werden sollten.

Unterdessen wurden die israelischen Sicherheitskräfte entlang der Grenze zu Ägypten am Freitagabend in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Nach israelischen Angaben könnte die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas mit einem Anschlag versuchen, Abbas' UN-Initiative zu torpedieren. Sie lehnt den Antrag auf UN-Vollmitgliedschaft ab.

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6 Kommentare

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  • E
    end.the.occupation

    >> Nahost-Quartett mit neuem Fahrplan

     

    Der grösste Lacher seit langem. Was ist NEU an Plänen zu Verhandlungen, deren einziger Sinn darin besteht den Israelis Zeit zu verschaffen, um seine Kolonien auszubauen?

     

    >> Die Palästinenser wollen keinen Israeli aus ihren Wohnungen vertreiben.

     

    Googlen Sie mal nach 'IOF qusra' oder 'JDL qusra'. Ausserdem - es sind nicht 'ihre' Wohnungen.

     

    >> Sie wollen nur genug Gebiete dass Sie ihren eigenen Staat darauf errichten und friedlich mit Ihnen zusammenleben zu können.

     

    Versuchen Sie mal 'friedlich' mit national-religiösen Fanatikern zusammenzuleben, die vom Brand- bis zum Mordanschlag nichts ausslassen, um in den Besitz ihres Grundstücks oder ihres Hauses zu gelangen.

  • W
    Webmarxist

    Es dürfen für einen Staat Palästina keine neuen jüdischen Siedlungen im Westjordanland entstehen. Die alten Siedlungen dürfen ruhig bleiben. Die Palästinenser wollen keinen Israeli aus ihren Wohnungen vertreiben. Sie wollen nur genug Gebiete dass Sie ihren eigenen Staat darauf errichten und friedlich mit Ihnen zusammenleben zu können.

  • LK
    Lenning Köstler

    Dass im Vorschlag des Nahostquartetts nicht von den Siedlungen und einem Siedlungsstopp die Rede ist, ist kein gutes Zeichen. Scheinbar sind die Vertreter des Nahostquartett bereit, sich weiter von Netanjahu verschaukeln zu lassen.

     

    Das Beharren auf "Verhandlungen ohne Vorbedingungegen", d, h, Verhandlungen bei fortgesetztem Siedlungsbau bedeutet, dass Netanjahu angeblich über einen Frieden verhandeln will, während er gleichzeitig darauf besteht, die aktive Enteignungs- und Vertreibungspolitik fortzusetzen.

     

    Man kann aber nicht gleichzeitig über Frieden verhandeln, während man den Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung weiterführt.

     

    Das ist so, als würde ein kriegführender Staat über Frieden verhandeln wollen, dabei aber darauf bestehen, das der Krieg bei diesen Verhandlungen kein Thema ist.

  • MB
    mme butterfly

    @Franzl

    genau, und das haben sie bereits, indem sie für eine zweistaatenlösung abgestimmt haben. wie im übrigen auch russland. das "nahost-quartett" ist sich in dieser frage alles andere als einig. ich denke, die konfrontation der unterschiedlichen interessengruppen und das ringen um einen staat palästina neben israel wird spätestens mit der abwahl obamas als us-präsindent im nächsten jahr an zugkraft gewinnen. spätestens dann ist schluss mit dem heuchlerischen verhandlungstamtam - wer noch alle tassen im schrank hat und frieden in der region will, wird unnachgiebig farbe bekennen müssen, wenn es nicht zum großen showdown in nahost kommen soll.

  • F
    Franzl

    Die Verhandlungen sind durch nur eine Art Beschäftigungstherapie und könnten normalerweise innerhalb eines Tages abgeschlossen sein.

     

     

    Die USA richten sich fast ausnahmslos nach den israelischen Forderungen, darum wird es auch kaum zu einem gerechten Frieden kommen. Die israelischen Lobbyorganisationen wählen überwiegen die Demokraten und bewirken hier einen politischen Druck. Die evangelikalen Christen, die ebenso Israel unterstützen, wählen überwiegend die Republikaner und erzeugen dort wiederum einen großen politischen Druck. Somit gibt es in der US-amerikanischen Außenpolitik keinen neuen Kurs im Hinblick auf Israel. Die USA sind die Weltmacht und können jederzeit im Sicherheitsrat ihr Veto einlegen. Ein gerechter Frieden ist somit kaum möglich. Es sei denn, die Chinesen würden sich auf die Seite der Palästinenser stellen.

  • V
    verstand

    ...also der siedlungsbau der israeli's ist ein witz, und das sie da so dran klammern zeigt doch die intentionen der regierung....