Nach Missbrauchsskandalen: Odenwaldschule entlässt Leitung
Die umstrittene Reformschule in Heppenheim reagiert auf Missbrauchs- und Kinderpornoskandale: Sie feuert Schulleiter, Internatsleiterin und Geschäftsführer.
HEPPENHEIM afp | Die umstrittene Odenwaldschule strebt mit einem kompletten Wechsel der Schulleitung einen Neuanfang an. Der Trägerverein der Schule beschloss, sich von Schulleiter Siegfried Däschler-Seiler, Internatsleiterin Juliana Volkmar und Geschäftsführer Meto Salijevic zu trennen, wie eine Sprecherin der Schule im südhessischen Heppenheim am Mittwoch bestätigte. Der Schul- und Internatsbetrieb ist demnach aber gewährleistet.
Der Trägerverein habe sich am vergangenen Sonntag "in großer Einigkeit und mit überwältigender Mehrheit" für einen „grundlegenden Neuanfang“ in Schule und Internat entschieden, erklärte die Odenwaldschule. Die Neuausrichtung werde durch eine neue Führung verlässlich umgesetzt werden. Der Schul- und Internatsbetrieb sei durch die bestehenden Vertretungsregelungen gewährleistet und werde am Ende der Sommerferien weitergeführt.
Der zuständige Kreis Bergstraße will dem stellvertretenden Landrat Matthias Schimpf (Grüne) zufolge nun „kurzfristig“ mit dem Trägerverein zusammenkommen. Dabei gehe es auch um die Frage, ob ein eingereichtes neues Konzept von der Schule weiter getragen werde, sagte Schimpf der Nachrichtenagentur AFP. Die Schule hatte zuletzt ein neues Internatskonzept erarbeitet und der Aufsichtsbehörde vorgelegt.
Schimpf mahnte zudem, er wolle wissen, wer an der Schule „dauerhaft und verlässlich“ Ansprechpartner für die Behörden sei. Die Trennung von der Schulleitung sei für den Kreis überraschend gekommen. Dies könne aber „durchaus auch ein Neuanfang sein“.
Die Odenwaldschule steht schon seit Jahren in der Kritik. Im Jahr 2010 war aufgedeckt worden, dass an der als Reformschule für ihre alternativen Bildungsansätze bekannten Einrichtung jahrzehntelang Kinder massenhaft sexuell missbraucht worden waren. Die Privatschule hatte anschließend eine öffentliche Entschuldigung abgegeben und eine konsequente und lückenlose Aufarbeitung zugesagt. In diesem Frühjahr war die Schule erneut in die Kritik geraten, weil gegen einen ehemaligen Lehrer wegen eines Kinderporno-Verdachts ermittelt wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen