Nach Migranten-Kritik: Bundesbank entmachtet Sarrazin

Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin werden wegen seiner Äußerungen zu türkischen und arabischen Einwanderern einige Kompetenzen entzogen. Aber er bleibt im Amt.

Verliert seine Zuständigkeit für den Bereich Bargeld: Thilo Sarrazin. Bild: ap

Der umstrittene Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin (SPD) ist teilweise entmachtet worden. Er verliert ab sofort einen seiner drei Zuständigkeitsbereiche, teilte die Bundesbank am Dienstag mit.

Die Behörde reagiert damit auf ein Interview, in dem Sarrazin unter anderem dem überwiegenden Teil der türkischen und arabischen Bevölkerung Berlins vorgeworfen hatte, "weder integrationswillig noch integrationsfähig" zu sein.

Dies war bundesweit auf große Empörung gestoßen; der Berliner Integrationsbeauftragte Günter Piening warf Sarrazin "rassistische Äußerungen" vor, ähnlich äußerten sich Kenan Kolat von der Türkischen Gemeinde und Stefan Kramer vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungen wegen des Verdachts auf Volksverhetzung.

Die Bundesbank selbst kann ihre Vorstände nicht entlassen; dies kann - in besonderen Fällen - nur der Bundespräsident. Der ehemalige Berliner Finanzsenator Sarrazin war auf Vorschlag der Länder Berlin und Brandenburg im Mai in die Bundesbank entsandt worden.

Der 64-jährige Sarrazin verliert in der Bundesbank nun seinen Zuständigkeitsbereich Bargeld. Künftig ist er nur noch für Informationstechnologie und Risiko-Controlling verantwortlich. Insbesondere Bundesbankpräsident Axel Weber habe den Plan zur Entmachtung Sarrazins unterstützt, hieß es aus Kreisen der Notenbank.

Sarrazin hat sich inzwischen öffentlich für seinen Tonfall in dem Interview entschuldigt, lehnt einen Rücktritt bislang aber ab, obwohl Weber ihn indirekt dazu aufgefordert hatte. Auf einem Parteitag der Berliner SPD waren am Wochenende Forderungen laut geworden, Sarrazin aus der Partei auszuschließen.

In seiner siebenjährigen Amtszeit als Berliner Finanzsenator hatte Sarrazin nicht nur einen beispiellosen Sparkurs zur Sanierung des überschuldeten Landes durchgesetzt, sondern auch immer wieder mit provokanten Äußerungen - meist über Schwächere in der Gesellschaft - von sich reden gemacht.

Unterdessen ging die Debatte um ihn weiter. Während der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, im Fernsehsender N24 Sarrazins Äußerungen als "rassistisch" bezeichnete und dessen Entlassung forderte, verteidigte der deutsch-jüdische Schriftsteller Ralph Giordano ihn. Sarrazin liege in der Sache richtig, habe sich aber im Ton vergriffen, sagte der Publizist am Dienstag dem Sender MDR Info. "Sarrazin beschreibt die Wirklichkeit darin so, wie sie ist, und nicht, wie seit vielen Jahren von der politischen Korrektheit dargestellt", sagte Giordano. Der Bundesbanker habe vollkommen recht mit dem Kernsatz: "Der Sozialstaat wird nicht fertig mit Problemen, die er selbst geschaffen hat."

Einen neuen Kandidaten für das Amt des Bundesbankpräsidenten, des Vizepräsidenten sowie eines weiteren Vorstandsmitglieds schlägt die Bundesregierung vor. Die Nominierung der übrigen drei Mitglieder kommt vom Bundesrat. Ernannt werden alle Vorstandsmitglieder vom Bundespräsidenten. Ihre Verträge haben in der Regel eine Laufzeit von acht, mindestens aber von fünf Jahren. Thilo Sarrazins Amtszeit endet im Jahr 2014. (mit rtr, ap)

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