piwik no script img

Nach Koran-Verbrennungen in AfghanistanWeitere Ausschreitungen befürchtet

Afghanische Sicherheitskräfte fürchten erneute Ausschreitungen wegen der Koranverbrennungen durch US-Soldaten. Die Bundeswehr räumt wegen der Unruhen vorzeitig das Lager Talokan.

Polizisten in Bagram sind in Alarmbereitschaft. Bild: reuters

KABUL dpa/rtr | Aus Angst vor neuen Ausschreitungen nach dem Freitagsgebet wegen der Koranverbrennung durch US-Soldaten ist die Polizei in Afghanistan in Alarmbereitschaft. "Die Polizei ergreift im ganzen Land Maßnahmen", sagte der Sprecher des Innenministeriums, Sedik Sedikki. Es habe bisher zwei kleinere Demonstrationen gegeben. Das sei aber "kein Grund zur Beunruhigung".

Am Donnerstag waren bei gewalttätigen Protesten mindestens acht Menschen getötet worden. Darunter waren neben sechs Demonstranten auch zwei Soldaten der Internationalen Schutztruppe Isaf, die ein Angehöriger der afghanischen Armee erschoss. Bereits am Mittwoch waren mehrere Demonstranten in Afghanistan ums Leben gekommen.

Der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe, US-General John Allen, rief zur Ruhe auf. "Ich appelliere an jeden im ganzen Land - Isaf-Angehörige und Afghanen -, Geduld und Zurückhaltung zu üben." Die Isaf teilte mit, die gemeinsame Untersuchung mit den afghanischen Behörden zur Verbrennung von Koran-Exemplaren auf der US-Basis Bagram dauere an. Noch stehe kein Datum für ihren Abschluss fest.

Bundeswehr räumt vorzeitig Talokan

Die Bundeswehr hat wegen der Unruhen nach den Koran-Verbrennungen ein kleineres Lager in der nordafghanischen Stadt Talokan geräumt, das in den kommenden Wochen ohnehin hätte aufgegeben werden sollen. Der Kommandeur der Nordregion, General Markus Kneip, habe die rund 50 Soldaten aus Sicherheitsgründen vorübergehend in das große Bundeswehr-Camp in Kundus zurückbeordert, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Freitag in Berlin.

Wegen der Koran-Verbrennungen hätten am Donnerstag rund 300 Afghanen vor dem Lager in Talokan protestiert und den Komplex mit Steinen beworfen. Derzeit herrsche in der Stadt gespannte Ruhe.

Die deutschen Soldaten in Talokan hatten die Sicherheitsverantwortung bereits Mitte Februar an die Afghanen übergeben und keinen militärischen Auftrag mehr. Sie waren mit der Abwicklung des Lagers beschäftigt, das sie bis Ende März aufgeben werden. Wann die Bundeswehr-Soldaten für diese Aufgabe nach Talokan zurückkehren werden, hängt nach Angaben des Sprechers von der Entwicklung der Sicherheitslage ab. Die deutschen Truppen hätten ihre Waffen und Fahrzeuge nach Kundus mitgenommen, das Lager in Talokan werde nun von afghanischen Sicherheitskräften geschützt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • S
    suswe

    Nun können wir ehemals gegen den Einsatz in Afghanistan demonstriert habenden uns bestätigt fühlen. Macht aber irgendwie nicht so richtig Spaß.

  • G
    GuntherG

    Man kann es nicht oft genug wiederholen:

    Islam ist Frieden, und zwar der letzte für jeden der das anders sieht.

  • EA
    Eros Apollo

    Der Afghanistan Krieg war von Anfang an zum Scheitern verurteilt

    Die Prophezeiung der unabhängigen Experten, dass Afghanistan niemals mit Militär, auch nicht mit modernsten Waffen und mit hunderttausenden Soldaten zu besiegen ist, hat sich längst bewahrheitet. Der jüngste Aufstand der afghanischen Bevölkerung gegen die Invasoren forciert nun, der Tyrannei und den Freveltaten der westlichen Besatzungsmächte endgültig ein Ende zu setzen und sie aus dem Land zu verjagen. Es muss doch für die deutsche Regierung, vor allem für die SPD und die Grünen, die diesen grauenhaften Krieg initiiert haben, äußerst beschämend sein. Sie müssen nun den abertausenden afghanischen Müttern, die ihre Ehemänner und Kinder verloren haben, den Sinn dieses elendigen Krieges erklären.