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Nach FestnahmeTerrorverdächtige liest im Bundestag

Trotz eines Ermittlungsverfahrens stellte eine linke Journalistin im Bundestag ihr Buch vor und wehrte sich gegen die Behauptungen der Bundesanwaltschaft.

Die Linke lud die Journalistin unter Terrorverdacht in den Bundestag ein Bild: dpa

BERLIN taz Es kommt selten vor, dass eine Terrorverdächtige kurz nach ihrer Verhaftung bei einer Lesung im Deutschen Bundestag auftritt. Doch Ulla Jelpke, Abgeordnete der Linksfraktion, hat damit kein Problem. Sie zog die Buchpremiere, zu der sie für Mittwoch eingeladen hatte, wie geplant durch. So konnte die Journalistin Heike Schrader ihre Übersetzung des Buches "Guantanamo auf griechisch" in einem Parlamentsgebäude vorstellen.

Warum auch nicht? Aus Jelpkes Sicht ist die Griechenland-Korrespondentin der linken Zeitung Junge Welt "eine couragierte Journalistin", gegen die ein "absurdes Ermittlungsverfahren" läuft. Dass Schrader am Montag gleich nach ihrer Ankunft in Deutschland festgenommen worden war, hält Jelpke für einen "gezielten Einschüchterungsversuch". Dass Schrader am Dienstag wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, kommentierte ein Mitarbeiter der Linksfraktion so: "Wenn sie gefährlich wäre, säße sie jetzt wohl nicht hier."

Doch die Vorwürfe sind gravierend: Die Bundesanwaltschaft beschuldigt die 42-Jährige, Ende der 90er-Jahre Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein. Sie soll an Treffen der revolutionären türkischen Organisation DHKP-C teilgenommen haben, bei denen Gewalttaten vorbereitet wurden.

Am Dienstag kam Schrader erst nach Zahlung einer Kaution frei. Bis auf Weiteres darf sie Deutschland nicht verlassen. "Mein Mann lebt und arbeitet in Griechenland", sagte Schrader, "jetzt bin ich erst einmal hier festgenagelt, was natürlich eine unschöne Situation ist."

Schrader bestreitet nicht, Erklärungen der DHKP-C übersetzt und veröffentlicht zu haben, betont aber: "Damals war das eine legale Organisation." Zu den weitergehenden Anschuldigungen möchte sich Schrader erst nach Akteneinsicht äußern.

Schrader empört sich darüber, dass die Bundesanwaltschaft erklärte: "Die Beschuldigte war flüchtig." Dazu sagte Schrader der taz: "Ich bin nie auf der Flucht gewesen. Ich wusste ja nicht mal, dass Haftbefehl gegen mich bestand." Von Flucht kann tatsächlich keine Rede sein: Schrader war in Athen gemeldet, sie trat auch in Deutschland bei Veranstaltungen auf, die öffentlich angekündigt wurden. Dafür, dass die Behörden gerade jetzt gegen sie vorgehen, hat sie nur eine Erklärung: "Das Thema des Buchs ist Folter in der EU, und das ist vielen unangenehm." Offenbar habe man ihre Lesereise verhindern wollen: "Die haben mit Zähnen und Krallen dafür gekämpft, dass ich in Haft komme." Dieser "Verhinderungsversuch" habe aber "nicht funktioniert", weil sie von einem Richter auf freien Fuß gesetzt wurde.

Eine Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft sagte am Donnerstag auf Anfrage der taz: "Es wäre wünschenswert gewesen, wir hätten uns korrekter ausgedrückt und das Wort 'Fluchtverdacht' verwendet."

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6 Kommentare

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  • P
    pseudopunk

    Traurig: Man könnte glauben, dass der Autor bei einer der Springer-Gazetten abgekupfert hat; tendenziell zumindest ist kein Unterschied festzustellen. Wer sich über die Geschichte aus einer anderen Perspektive informieren mag, dem sei ein Blick auf http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26843/1.html empfohlen.

  • R
    redblog

    Es ist schon bezeichnend, wenn die taz der Bundesanwaltschaft nach dem Mund schreibt.

  • P
    pseudopunk

    Traurig: Man könnte glauben, dass der Autor bei einer der Springer-Gazetten abgekupfert hat; tendenziell zumindest ist kein Unterschied festzustellen. Wer sich über die Geschichte aus einer anderen Perspektive informieren mag, dem sei ein Blick auf http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26843/1.html empfohlen.

  • R
    redblog

    Es ist schon bezeichnend, wenn die taz der Bundesanwaltschaft nach dem Mund schreibt.

  • P
    pseudopunk

    Traurig: Man könnte glauben, dass der Autor bei einer der Springer-Gazetten abgekupfert hat; tendenziell zumindest ist kein Unterschied festzustellen. Wer sich über die Geschichte aus einer anderen Perspektive informieren mag, dem sei ein Blick auf http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26843/1.html empfohlen.

  • R
    redblog

    Es ist schon bezeichnend, wenn die taz der Bundesanwaltschaft nach dem Mund schreibt.