Nach Erdbeben in Indonesien: Tausende Tote befürchtet
Nach dem schweren Erdbeben an der Westküste Sumatras beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, um Überlebende zu retten. Noch ist die betroffene Region kaum zugänglich.
BANGKOK taz | Für viele Indonesier an Sumatras Westküste ist es ein schreckliches Déjà-vu. Als am Mittwoch um 17.16 Uhr Ortszeit die Erde bebt, mögen sie geahnt haben, was auf sie zukommt. Die Ängste wurden Wirklichkeit: Häuser fielen in sich zusammen, Straßen rissen auf und Brücken stürzten ein, alle Telefonverbindungen wurden unterbrochen. Nichts ging mehr in Padang. Das Beben der Stärke 7,6 traf die 900.000-Einwohner-Stadt und ihre Umgebung schwer.
Aus Angst vor neuen Erdstößen übernachteten viele Menschen im Freien. Andere versuchen, aus der Stadt zu gelangen - mit wenig Erfolg. Denn das Benzin ist knapp geworden. Die Lage vor Ort ist die Katastrophe nach der Katastrophe: Bis Donnerstagabend wurden mindestens 770 Tote geborgen. Viele Überlebende graben mit bloßen Händen nach den Verschütteten.
Die Behörden vermuten, dass sich allein in Padang noch mehrere tausend Menschen unter Trümmern befinden. Das indonesische "TV One" zeigt eine Frau, die vor einer zerstörten Schule steht und fleht: "Immer wieder sehe ich das Gesicht meiner Tochter vor mir. Ich hoffe, dass die Rettungskräfte ihr da heraushelfen können!"
Andernorts kämpfen in Notfall-Lazaretten Ärzte und Schwestern um das Leben ihrer Patienten. "Wir haben rund 60 Chirurgen hier, aber wir brauchen unbedingt mehr Personal", wird der Arzt Fendri Akhri im Jakarta Globe zitiert. Das Dr.-M.-Djamil-Krankenhaus ist beschädigt. Davor haben Helfer Zelte aufgebaut. "Und wir brauchen dringend Strom für die Operationen", sagt der Arzt noch. Fauzi Bahar, Padangs Bürgermeister, klagt im Radiosender "El Shinta": "Wir haben hier so viele Opfer, aber kein sauberes Wasser, keinen Strom und keine Möglichkeiten, zu kommunizieren."
Das immer wieder von Katastrophen gebeutelte Inselreich hat gelernt, auf Krisen rasch zu reagieren, wenn es die Umstände zulassen. "Wir müssen auf das Schlimmste gefasst sein", sagt ein sichtlich betroffener Präsident Susilo Bambang Yudhoyono am Donnerstag vor dem Flug nach Padang. "Wir werden alles tun, um den Opfern zu helfen."
Indonesien will den Erdbebenopfern umgerechnet 26 Millionen US-Dollar bereitstellen. Auch die EU und Deutschland haben Gelder zugesagt. Zwei Transportflieger mit Nahrung, Medikamenten und Zelten wurden schon ins Krisengebiet geschickt, zwei weitere sollen folgen. Auch Mitarbeiter zahlreicher Hilfsorganisationen sind unterwegs.
Manche arbeiten bereits seit dem verheerenden Tsunami von Ende 2004 in Indonesien und kennen die Provinz Aceh an der Nordwestspitze Sumatras wie auch die öfter von Beben heimgesuchte Westküste der Insel gut. Doch noch sind viele Straßen um Padang aufgrund von Erdrutschen unpassierbar. Erschwert wurden die Rettungsarbeiten am Donnerstagmorgen durch ein neues Beben der Stärke 7,0. Sein Epizentrum lag rund 240 Kilometer südlich von Padang. Auch dort sollen Häuser eingestürzt sein, über mögliche Opfer ist noch nichts bekannt.
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