piwik no script img

Nach Chavez-Beerdigung in VenezuelaMaduro als Präsident vereidigt

Kaum war die Trauerfeier für Hugo Chavéz vorbei, wurde sein Vize Nicolás Maduro vom Parlament zum Nachfolger ernannt. Die Opposition hält dies für Verfassungsbetrug.

Ohne erhobene Faust geht's nicht: Maduro bei seiner Vereidigung. Bild: reuters

CARACAS dpa/ap | Nur wenige Stunden nach der Trauerfeier für den gestorbenen venezolanischen Staatschef Hugo Chávez ist dessen Vize Nicolás Maduro am Freitagabend als Interimspräsident vereidigt worden. Der 50-Jährige legte vor der Nationalversammlung den Eid ab und forderte die Wahlbehörde zugleich auf, möglichst bald den Termin für die nun fällig werdenden Wahlen zu verkünden.

Laut Verfassung müssen binnen 30 Tagen Neuwahlen ausgerufen werden. Chávez hatte den 50 Jahre alten früheren Busfahrer und Gewerkschafter als seinen Nachfolger auserkoren.

Parlamentspräsident Diosdado Cabello nahm Maduro den Amtseid ab. Beide versprachen, Chávez' Politik fortzusetzen. Maduro sagte, er werde mit absoluter Loyalität gegenüber Chávez dafür sorgen, dass die Verfassung geachtet werde - „mit der eisernen Faust eines Volkes, das bereit ist, frei zu sein“.

„Ich stehe nicht aus persönlichem Ehrgeiz hier. Ich übernehme die Präsidentenschärpe, um das Volk zu schützen und zu verteidigen, die Verpflichtung der Revolution zu erfüllen und die Unabhängigkeit und den bolivarischen Sozialismus voranzutreiben“, fügte Maduro hinzu. Die Opposition forderte er auf, einen Gegenkandidaten zu benennen.

Erneut Verschwörungsvorwürfe gegen USA

Maduro deutete an, dass die USA hinter der Krebserkrankung von Chávez stecken könnten. Der Krebs sei angesichts „der Geschwindigkeit seines Wachstums und aus anderen wissenschaftlichen Gründen, die zu ihrer Zeit bekannt sein werden, sehr merkwürdig“. Wie Chávez bezeichnete er die USA als „Imperium“. „Wir sagen ihnen: Früher oder später werden die imperialistischen Eliten der Vereinigten Staaten lernen müssen, mit absolutem Respekt vor den aufständischen Völkern Lateinamerikas und der Karibik leben zu müssen“, so Maduro.

Maduro forderte die Gefolgschaft der Streitkräfte ein, die er als „die Streitkräfte von Chávez“ bezeichnete. Den Schwiegersohn des Verstorbenen, Wissenschaftsminister Jorge Arreaza, benannte er als Vizepräsidenten.

Castro, Morales und Ahmadinedschad bei Beerdigung

Der oppositionelle Politiker Henrique Capriles Radonski, der Chávez bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2012 klar unterlag, kritisierte die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, die es Maduro ermöglichte, die Interimspräsidentschaft zu übernehmen und auch als Kandidat anzutreten. Dies sei Verfassungsbetrug, sagte Capriles. Maduro sei nie gewählt worden. Capriles selbst gilt als der wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat der Opposition.

Zur Trauerfeier für Chávez, der am Dienstag im Alter von 58 Jahren an Krebs gestorben war, waren am Freitag zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nach Caracas gekommen, unter ihnen Raúl Castro aus Kuba, Evo Morales aus Bolivien und Mahmud Ahmadinedschad aus dem Iran.

Der Trauerakt in der Militärakademie Fuerte Tiuna wurde im Fernsehen live übertragen. Insgesamt wurden nach Angaben der venezolanischen Behörden 50 Delegationen von Staats- oder Regierungschefs angeführt.

Chávez soll seinen Anhängern erhalten bleiben: Der „Comandante“ wird einbalsamiert und in einem gläsernen Sarg ausgestellt. „Das Volk soll ihn wie Ho Tschi Minh, Lenin und Mao Tsetung ewig präsent haben können“, sagte Maduro.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • R
    @RafaelC

    MashiRafael, du hast Artikel 233 nicht richtig gelesen oder nicht verstanden. Es steht dort wörtlich: "Cuando se produzca la falta absoluta del Presidente electo o Presidenta electa antes de tomar posesión, se procederá a una nueva elección universal, directa y secreta dentro de los treinta días consecutivos siguientes. Mientras se elige y toma posesión el nuevo Presidente o la nueva Presidenta, se encargará de la Presidencia de la República el Presidente o Presidenta de la Asamblea Nacional."

    = Kann der gewählte Präsident nicht vereidigt werden, finden innerhalb von 30 Tagen Neuwahlen statt und der Präsident der Nationalversammlung übernimmt vorrübergehend das Amt.

     

    Zum Todeszeitpunkt war Chavez NICHT amtierender Präsident (die Amtszeit endete am 10.Januar), sondern gewählter Präsident, der nicht mehr vereidigt werden konnte.

     

    Die Verfassung ist in diesem Punkt sehr eindeutig, genauso eindeutig wie die Tatsache, dass das Chavez-Regime nicht das erste mal die Verfassung ignoriert.

  • N
    Niedra

    Wo wird eigentlich entschieden, was Demokratie ist?

    In Washington oder bei ihren Vasallen?

    Der demokratisch gewählte Juan Bosch wurde gestürzt, Granada überfallen, Alliende ermordet! Usw.

    Manche Briefschreiber sollten sich historisch kundig machen, bevor sie ihren Unsinn unter die Leute bringen. Der 'Hinterhof' der USA wehrt sich, und das ist gut so.

  • R
    RafaelC.

    Ist schon merkwürdig, wenn man in Venezuela die Verfassung genauso auslegt wie in Deutschland, sprich: systematisch und nach dem Ziel der Vorschriften fragend (teleologisch). Und dann zu dem Ergebnis kommt, dass a) der Vizepräsident insbesondere die Aufgabe hat, den Präsidenten zu ersetzen, wenn dieser stirbt (Art. 233), dass dieser b) in diesem Fall das Amt des Präsidenten - jedenfalls kommissarisch - ausübt, dass c) der Parlamentspräsident die Amtsgeschäfte dann übernehmen soll, wenn es wegen einer Abwahl des vorherigen und Tod des neugewählten Präsidenten zu einem Machtvakuum kommt.

    Letzteres trifft offensichtlich nicht zu, wenn scheidender und neuer Präsident identisch sind, wie bisher bei Chávez. Dass die Opposition den Sinn der Normen verdreht und am offenkundig sinnwidrigen Wortlaut festhält, geschenkt. Aber hier muss man das doch nicht wiederbeten, oder?

  • MA
    Monsieur Achie

    Na ja, also mir ist ein S. amerikanische Diktator lieber als ein Demokrat aus Europa. Wozu denn Wahlen.

    In USA wird auch nicht gewält, wenn der amerikanische Präsident stirbt. Der Vize wird vereidigt und von Vize wird eben Präsident. Wenn das gleiche Amerikaner machen, findet ihr es demokratisch, wenn die Süd Amerikaner machen undemokratisch. Es ist nicht anderes als Populismus.

    TAz ist dazu eingeschlossen. Ich erwarte von den Meinungsmacher, dass Sie unparteiisch sind.

  • G
    @Gertnadine

    "Soll etwa ein "neutrales" Machtvakuum die Geschicke leiten, bis Radonski wieder verliert?"

    Nö. Wieso? Gemäß Verfassung Venezuelas wäre kein Vakuum entstanden, sondern hätte der Präsident der Nationalversammlung Diosdado Cabello vorrübergehend das Amt übernommen. Aber so ist das nunmal in Scheindemokratien: Der letzte Wille des Despoten gilt mehr als die Verfassung. Und wirklich überraschend ist es ja auch nicht. Die Ära Chavez war schließlich gekennzeichnet davon, dass Gesetze nicht das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt wurden.

  • G
    Gonzi

    "Kaum war die Trauerfeier für Hugo Chavéz vorbei"

     

    ach hätte man warten müssen, können oder wie auch immer?

     

    Aus Pietät?

     

    Das Verfassungsgericht hat also nach Auffassung des Oppositionsführers die Verfassung gebrochen -

     

    aber gewählt werden darf offenbar doch.

  • UH
    Udo Henn

    Mit der verfassungswidrigen Vereidigung von Maduro setzt sich die chavistische Tradition, Gesetze nur als Makulatur zu betrachten, unveraendert fort.

  • M
    mehrdad

    naja, wir haben einen bekloppten durch einen anderen ersetzt.

     

    statt auf das runterwirtschaften des landes unter sozialisten einzugehen, werden lieber hirnverbrannte verschwörungstheorien geäussert.

  • M
    Mat

    Der Sozialismus des 21.Jahrhundert unterdrückt andere Meinungen. Es ist eine Diktatur der Mehrheit.

  • G
    Gertnadine

    Capriles Radonski (!) wirft also dem Vizepräsidenten Verfassungsbetrug vor, wenn dieser die Geschäfte für 30 Tage übernimmt? Soll etwa ein "neutrales" Machtvakuum die Geschicke leiten, bis Radonski wieder verliert?