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Nach Arbeitszimmer-UrteilSteuerzahlerbund will Soli kippen

Der Bund der Steuerzahler hat Mut geschöpft. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts über die Besteuerung von Arbeitszimmern soll jetzt der Soli-Zuschlag abgeschafft werden.

Will den Soli abschaffen: Karl Heinz Däke. Bild: dpa

PASSAU/KARLSRUHE afp/dpa | Der Bund der Steuerzahler hat nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Besteuerung von Arbeitszimmern nun den Solidaritätszuschlag ins Visier genommen. Dieser sei aus Sicht des Steuerzahlerbundes "auch nicht mit dem Grundgesetz vereinbar", sagte Däke der Passauer Neuen Presse. Däke verwies auf die gängige Praxis, dass der Soli derzeit nur noch vorläufig erhoben wird. Steuerzahler in Deutschland finden den entsprechenden Vermerk auf ihrem Steuerbescheid.

Er sehe gute Chancen, "dass Karlsruhe den Soli kippen und für verfassungswidrig erklären wird". Darüber hinaus brenne es im Steuerrecht "auch sonst an allen Ecken und Enden". Die "Änderungswut des Gesetzgebers" sei "unermesslich". Däke sagte, der Steuerzahlerbund unterstütze derzeit rund 20 Musterverfahren. "Das reicht vom Solidaritätszuschlag über die Absetzbarkeit von Berufsausbildungskosten und Steuerberatungskosten bis zum Elterngeld."

Die sogenannten Musterverfahren werden angestrengt, um juristisch Klarheit darüber zu schaffen, ob bestimmte Regelungen gesetzeskonform sind. Läuft ein solches Musterverfahren, können Steuerzahler nach Erhalt ihres Steuerbescheids einen Monat lang gegen diesen Einspruch einlegen. Tun sie dies, erhalten sie Geld nachgezahlt, wenn in dem Musterverfahren am Ende zu ihren Gunsten entschieden wird. Oft gehen die Finanzämter auch dazu über, bestimmte Steuerfestsetzungen nur noch vorläufig vorzunehmen, dann müssen Steuerzahler erst gar nicht mehr widersprechen, um später eventuell in den Genuss einer Nachzahlung zu kommen. Dies ist auch beim Solidaritätszuschlag der Fall.

Folgen des Arbeitszimmer-Urteils

Das Bundesverfassungsgericht erklärte am Donnerstag die 2007 eingeführte Beschränkung der Abzugsmöglichkeiten von Arbeitszimmern zu Hause für verfassungswidrig. Nutznießer sind vor allem Lehrer und andere Berufstätige, die zum Teil von zu Hause aus arbeiten und denen der Arbeitgeber keinen eigenen Arbeitsplatz stellt.

Die Kosten müssen steuermindernd berücksichtigt werden, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, entschied das Gericht (Az. 2 BvL 13/09). Der Gesetzgeber muss nun rückwirkend vom 1. Januar 2007 an eine Neuregelung erlassen. Bis dahin dürfen die Steuerbehörden und Gerichte die Einschränkungen nicht mehr anwenden.

Die Bundesregierung werde dem Bundestag sobald wie möglich einen entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag unterbreiten, teilte das Bundesfinanzministerium in Berlin mit. "Die finanziellen Auswirkungen können belastbar erst auf Grundlage eines konkreten Gesetzentwurfs abgeschätzt werden."

Nach Schätzung des Vorsitzenden der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek, könnte das Urteil zu Mindereinnahmen in Höhe von rund 700 Millionen Euro pro Jahr führen. "Es bedeutet, dass die circa 800 000 Lehrer ihre häuslichen Arbeitszimmer wie früher geltend machen können", sagte Ondracek.

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