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Nach Äußerungen zur Rolle der ParlamenteMonti will es anders gemeint haben

Italiens Ministerpräsident Mario Monti sieht sich mit seinen Äußerungen zu Parlamenten missverstanden. Er trete im Gegenteil für eine Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle ein.

Hin und her: Mario Monti. Bild: dpa

ROM dapd | Nach dem Wirbel um seine Äußerungen im Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat der italienische Ministerpräsident Mario Monti die Wogen zu glätten versucht. Sein Interview mit Äußerungen zur Rolle der Parlamente in der europäischen Finanzkrise habe offensichtlich „einige Missverständnisse hervorgerufen“, hieß es am Montagabend in einer Mitteilung von Montis Büro in Rom.

Er sei überzeugt, dass die parlamentarische Demokratie „für den Prozess der europäischen Integration“ grundlegende Bedeutung habe. Mit seinen Aussagen habe er in keiner Weise sagen wollen, dass parlamentarische Kontrollen der Regierungen verringert werden sollten, erklärte Monti. Er sei vielmehr für eine Stärkung derselben, auf nationaler wie auf europäischer Ebene.

Politiker unterschiedlicher Parteien in Deutschland hatten als Reaktion auf das Interview deutliche Kritik an den Äußerungen Montis geübt. Im Spiegel hatte Monti gesagt, die Regierungen dürften sich von ihren Parlamenten nicht an die kurze Leine legen lassen, um Entscheidungen zur Eurorettung zu treffen.

Er empfahl seinen europäischen Amtskollegen, sich ihre Handlungsfreiheit gegenüber den eigenen Parlamenten zu bewahren und sagte: „Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration.“

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8 Kommentare

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  • C
    Calumnia

    @ manfred (60) war mein letzter Kommentar gerichtet ... (Vergessen.)

  • C
    Calumnia

    Das ist Ulbricht und seinen Nachfolgern nicht gelungen - aber heute haben wir die Westmedien auf *unserer* Seite ;)

  • D
    D.J.

    @geda98

     

    "Monti ist nicht links"

     

    Sollten Sie das auf meinen Kommentar beziehen - das würde ich nie behaupten. Ich bezog mich aber auf den von daher umso seltsameren Verharmlosungs-Kommentar von Frau Herrmann (siehe Link unter dem Artikel).

  • C
    Calumnia

    Mit dieser Bemerkung hat Herr Monti nicht nur gegen die Spielregeln der Demokratie (wo auch immer es diese gibt), sondern vor allem auch der Postdemokratie verstoßen:

     

    Nur weil das Parlament ohnehin nicht mehr den Willen der Bürger umsetzt, heißt das noch lange nicht, dass es gleich ganz umgangen werden kann. Solche Zustände entsprächen einer offenen Diktatur - und unser politisches System lebt ja gerade davon, genau dieses Bild zu vermeiden.

     

    Vielmehr soll es auch weiterhin so aussehen, als würden die demokratischen Strukturen unserer Verfassung noch in dem Sinne funktionieren, in dem man es uns in der Schule vorgemacht hat: der Parlamentarier trägt den Bürgerwillen ins Parlament und bemüht sich die ganzen vier Jahre der Legislaturperiode redlich darum, im besten Interesse seiner Bürger zu handeln.

     

    Das geht aber nur, wenn die überwiegende Mehrheit der Parlamentarier mitläuft, und das werden sie nur, solange man ihre formale Rolle in diesem Spiel noch respektiert. Daher kann es sich derzeit noch keine Regierung in Europa leisten, das Parlament bei solchen Entscheidungen ins Abseits zu drängen.

     

    In der derzeitigen Lage unseres Staates kann man sich viel leisten, aber keinesfall, den Anschein aufzugeben und das, was man ohnehin tun wird, das, was nicht mehr im Interesse der Wählermehrheit, sondern nur noch in dem einer Machtelite liegt, gleich offen und direkt unter Umgehung des demokratischen Anscheins durchzuführen.

     

    Dagegen würden die Parlamentarier (derzeit) noch Sturm laufen, und in der Folge dann natürlich auch die großen Medien, deren Leitungen das dann beim besten Willen nicht mehr ignorieren können, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Das Ergebnis: Die Herrschenden würden sich so letztlich den Ast absägen, auf dem sie selbst sitzen.

     

    Übrigens hat ja Herr Poß von der SPD in eben diesem Zusammenhang letztens selbst darauf hingewiesen, dass es in seinen Augen die Aufgabe des Parlaments ist, den Bürgern die Maßnahmen der Regierungen zu vermitteln und "Akzeptanz" (also Legitimation) zu schaffen.

     

    Das ist nicht die Aufgabe eines Parlaments in einer Demokratie - das ist klassische Postdemokratie, ein perverses Zwischending zwischen Demokratie und Diktatur.

  • M
    manfred (60)

    "Mit seinen Aussagen habe er in keiner Weise sagen wollen, dass parlamentarische Kontrollen der Regierungen verringert werden sollten, erklärte Monti."

     

    Natürlich hat er genau das sagen wollen. Damit hat er genau den Zustand beschrieben, den wir in Europa und auch in Deutschland längst haben: Die Machthaber schaffen Fakten und dem Parlament bleibt nur, diese abzunicken. Und die Machthaber sind nicht die Merkel, Monti oder Hollande, die sind nur deren willige Handlanger. Monti hätte das nur nicht sagen dürfen, deshalb muß er jetzt zurückrudern.

     

    Auch Gabriel meint nichts anderes, wenn er jetzt von Grundgesetzänderungen per Volksentscheid schwadroniert. Das klingt erst mal schön demokratisch, tatsächlich aber soll der Souverän, das Volk, abdanken und die Regierungsgeschäfte denen überlassen, die davon den meisten Profit haben.

     

    Ulbricht hat das so ausgedrückt: "Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles unter Kontrolle haben,"

  • G
    geda98

    Nur noch mal ganz deutlich fuer alle und zum mitschreiben: Monti ist nicht links! Monti vertritt das Kapital, und zwar mit voller Ueberzeugung und mit vollem Einsatz. Genau wie Berlusconi, nur halt mit Lodenmantel statt mit runtergelassener Hose.

  • D
    D.J.

    Naja, vielleicht hat Westentaschenmussolini auch Frau Herrmanns Kommentar in der taz gelesen und weiß nun, wie er es gemeint hat, wenn er von "Parlamte erziehen" sprach. Denn wie schön einfach kann die "linke" Welt sein: Wenn jemand in Europa das Recht hat, antidemokratische Tendenzen anzuprangern, sind das ausschließlich "Linke". Wenn es andere tun, sind es "Nationalisten".

  • KB
    karin bryant

    Monti versucht nun zu taeuschen.Denn seine erste Aussage war ziemlich klar: ignoriert das Parlament wenn es nicht kooperiert beim Versuch die PIIGS aufzuproppen.

    Deutschland hatte schon mal so einen Zustand und ich denke nicht dass wir das wiederholen wollen.