Nach Äußerung auf Facebook: Gysi erhält antisemitische Mails
Am 9. November rief der Linken-Fraktionschef zum Kampf gegen Antisemitismus auf. Seitdem bekommt er etliche judenfeindliche Mails. Schuld sei auch die NPD, so Gysi.
BERLIN afp | Linksfraktionschef Gregor Gysi bekommt viele antisemitische E-Mails, seit er auf Facebook am 9. November zum Kampf gegen Antisemitismus aufgerufen hat. „Ich weiß zwar, dass es in Deutschland einen zum Teil tief sitzenden Antisemitismus gibt“, sagte Gysi der Tageszeitung Welt. „Aber man traut sich eigentlich nicht, ihn öffentlich zu zeigen.“
Das Internet biete diesen Menschen die Möglichkeit, dies kundzutun, „ohne dass man ermittelt wird“. Es gebe auch Postings unter vollem Namen. „Das liegt auch am Wirken der NPD“, sagte Gysi dazu. „Früher hätten die Leute größere Hemmungen gehabt.“
Die Anfeindungen lässt er nach eigenem Bekunden aber nicht an sich herankommen: „Ich blocke so etwas innerlich ab.“ Denn „wenn man so etwas wirklich an sich ranlässt, zerstört es einen“. Gysi hat eine jüdische Großmutter väterlicherseits und einen jüdischen Urgroßvater mütterlicherseits. „Nach den Nürnberger Rassegesetzen bin ich nur zu 37,5 Prozent jüdisch, nach den jüdischen Gesetzen bin ich überhaupt kein Jude, weil ich keine jüdische Mutter habe.“ Er selbst sei überhaupt kein religiöser Mensch.
Seine Großmutter habe ihm immer die Welt in Form von Juden und Nichtjuden erklärt. „Das ging mir auf die Nerven“, erinnerte sich Gysi. „Eines Tages sagte ich: Es genügt mir, wenn du sagst: Das ist ein guter oder ein schlechter Komponist – und nicht, ob er jüdisch ist oder nicht.“ Darauf habe sie geantwortet: „Diese Frage hat über mein Leben entschieden.“ Er sei damals zwölf Jahre alt gewesen und der Satz habe ihn sehr beeindruckt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit