Nach Ablehnung im US-Senat: Bush bereit zu Hilfe für Autobauer
Die USA wollen ihre Autokonzerne nun wohl doch vor der Pleite retten. Präsident Bush erwägt, Geld dafür aus dem 700- Milliarden-Dollar-Rettungspaket zu verwenden.
WASHINGTON dpa/ap US-Präsident George W. Bush hat seine Bereitschaft signalisiert, die von der Autobranche dringend benötigten Überbrückungsgelder aus dem 700 Milliarden Dollar schweren Rettungspaket für die Finanzbranche zur Verfügung zu stellen. Angesichts der "schwachen Situation der US-Wirtschaft" prüfe das Weiße Haus alle Möglichkeiten zur Rettung der US-Autobranche, auch die Verwendung der Gelder für die Finanzbranche, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Dana Perino, am Freitag an Bord der "Air Force One".
Am Donnerstagabend war im Kongress der Rettungsplan für die Autounternehmen gescheitert. Insbesondere dem Opel- Mutterkonzern General Motors und der ehemaligen Daimler-Tochter Chrysler droht deshalb akut eine Insolvenz. Beide hatten gewarnt, dass sie Milliarden-Hilfen noch im Dezember brauchen. Die Republikaner im US-Senat kippten aber in der Nacht zum Freitag die geplanten Not-Kredite in Höhe von 14 Milliarden Dollar (10,8 Mrd Euro).
Bush hatte die Verwendung von Mitteln aus dem Rettungsfonds für die Finanzbranche zuvor stets abgelehnt, sich aber wie der künftige Präsident Barack Obama für das Hilfspaket ausgesprochen. Das Weiße Haus teilte nach der Senatsabstimmung mit, man sei enttäuscht über das Scheitern. Das Rettungspaket sei die beste Chance gewesen, ungeordnete Insolvenzen zu vermeiden.
Viele Republikaner und auch Ökonomen sind der Ansicht, dass ein geordnetes Insolvenzverfahren nach Kapitel 11 des Insolvenzrechts die beste Möglichkeit für eine Restrukturierung der Autokonzerne wäre. Die Konzerne argumentieren dagegen, Verbraucher würden niemals Autos von einem insolventen Hersteller kaufen. Direkt und indirekt hängen bis zu drei Millionen Arbeitsplätze von der US-Autoindustrie ab.
Die Autohersteller Chrysler und General Motors (GM) stehen vor einem Scherbenhaufen. Der stellvertretende Chrysler Chairman Tom LaSorda und der Finanzchef der ehemaligen Daimler-Tochter, Ron Kolka, erklärten, das Unternehmen werde ab Jahresanfang in Zahlungsschwierigkeiten kommen.
Die Opel-Mutter General Motors ist finanziell ähnlich unter Druck. GM erklärte nach der gescheiterten Abstimmung, man sei tief enttäuscht. In Deutschland werde weiter mit der Bundesregierung und den vier Bundesländern mit Opel-Werken über eine Bürgschaft verhandelt, teilte GM Europa mit. In diesen Gesprächen werde eine Lösung für den Fall vorbereitet, dass GM den Opel-Betrieb nicht mehr finanzieren könne und Opel auf dem freien Markt keine Kredite mehr erhalte.
Der Grund für das Scheitern des Rettungspakets auf dem Kapitolshügel war eine Forderung der Republikaner nach raschen Lohnsenkungen bei den drei Automobilkonzernen. Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) wollte Lohnsenkungen frühestens ab 2011.
Das Scheitern des Hilfsprogramms erinnerte an das Nein des Repräsentantenhauses zum staatlichen 700-Milliarden-Dollar-Paket zur Rettung der Finanzmärkte im September. Das Gesetz wurde nach mehreren Änderungen schließlich doch verabschiedet und von Präsident George W. Bush unterzeichnet. Das Repräsentantenhaus hatte das Hilfspaket bereits am Mittwoch gebilligt.
Die Börsen weltweit reagierten mit kräftigen Kursverlusten auf die Entscheidung des US-Senats.
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