Nach Abhörskandal in Großbritannien: "News of the World" wird eingestellt

Medienmogul Murdoch schließt das einst weltgrößte Boulevardblatt "News of the World" nach Abhörskandal. Es wurden Handys von Familien toter Soldaten abgehört.

Hat nicht lange gefackelt: Rupert Murdoch macht "News of the World" dicht. Bild: reuters

DUBLIN/BERLIN taz | Das britische Skandalblatt News of the World wird eingestellt. James Murdoch, Vizegeschäftsführer des Eigentümers von News International und Sohn des Gründers Rupert Murdoch, teilte am Donnerstagnachmittag mit, die nächste Ausgabe am kommenden Sonntag werde die letzte sein. "Die News of the World zieht andere zur Rechenschaft, aber an sich selbst ist sie gescheitert", erklärte Murdoch. Zuvor bereits hatte der Murdoch-Konzern erklärt, er stelle alle Anzeigenplätze in der kommenden Ausgabe der Zeitung wohltätigen Verbänden zur Verfügung. Dies war eine Reaktion darauf, dass ein wichtiger Anzeigenkunde nach dem anderen verkündet hatte, nicht mehr in der News of the World inserieren zu wollen.

Die 1843 in London gegründete Zeitung, das erste Boulevardblatt der Welt und damals sofort Marktführer auf dem englischen Zeitungsmarkt mit einer Auflage von 12.000, war in den 1950er Jahren die größte Zeitung der Welt mit einer Auflage von bis zu 9 Millionen jeden Sonntag; zuletzt waren es noch knapp 3 Millionen. Seit 1969 ist sie im Besitz des Murdoch-Imperiums. Das Blatt hat in Großbritannien den Ruf, die skrupellosesten Methoden des investigativen Journalismus anzuwenden, ohne Rücksicht auf Privatsphäre oder Respekt für Objekte der Recherche.

Dies ist ihr jetzt zum Verhängnis geworden: Das Revolverblatt hat nicht nur die Handys von Filmstars, Politikern, Sportlern und Mitgliedern des Königshauses angezapft, sondern, wie jetzt bekannt wurde, auch von Mordopfern und von Angehörigen der Soldaten, die im Irak oder in Afghanistan getötet worden sind. Beim Privatdetektiv Glenn Mulcaire, der im Auftrag der Zeitung Telefone hackte, fanden sich auf 11.000 Seiten entsprechende Aufzeichnungen. Er hat wegen des Skandals, der seit 2006 schwelt, bereits eine Gefängnisstrafe abgesessen. Bisher sind die Namen von 120 Menschen bekannt, deren Handys abgehört wurden.

Zu den Bespitzelungsopfern gehörte 2009 auch Andy Coulson, der zwischen 2003 und 2007 Chefredakteur des Blattes war. Danach machte ihn der heutige britische Premier David Cameron zu seinem Kommunikationschef. Coulson musste wegen der Abhöraffäre im Januar zurücktreten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.