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NS-Erinnerung in der SlowakeiKampf der Partisanen

Am 29. August 1944 begann der europaweit größte Aufstand gegen die Nationalsozialisten. Die Slowakei erinnert daran mit einem Staatsfeiertag.

Das Museum und Denkmal für den slowakischen Nationalaufstand. Bild: dpa

BANSJÁ BYSTRICA dpa | „Wenn unser Aufstand in Deutschland nicht so bekannt ist wie der Warschauer Aufstand, ist das allein unser Fehler“, sagt Stanislav Micev. Der Historiker leitet das Museum für den Slowakischen Nationalaufstand (SNP) im damaligen Aufstandszentrum Banská Bystrica, heute Hauptstadt der gleichnamigen Region der Slowakei.

„Wir wollen ihn gerade auch in Deutschland mehr präsentieren, etwa mit einer Ausstellung im kommenden Jahr in Berlin. Obwohl er fast gleichzeitig mit dem Warschauer Aufstand stattfand und mehr Menschen dabei kämpften und das befreite Gebiet viel größer war, ist der SNP ein international weitgehend vergessener Aufstand.“

Zwei Monate kämpften tausende Slowaken unterstützt von Freiwilligen aus über 30 Ländern gegen NS-Deutschland und den slowakischen Marionettenstaat von Hitlers Gnaden unter dem katholischen Priester und Diktator Jozef Tiso.

Der Aufstand vor 70 Jahren war der großflächigste Befreiungskampf überhaupt innerhalb des nationalsozialistischen Machtbereichs im Zweiten Weltkrieg. Er begann am 29. August 1944 und führte zur Befreiung von fast der Hälfte des slowakischen Staatsgebiets. Der 29. August ist in der Slowakei Staatsfeiertag.

Die Gegner waren überlegen

Wie war eine so große internationale Beteiligung zu erklären? Stanislav Micev sagt: „In der Slowakei befanden sich damals zahlreiche Lager für Kriegsgefangene. Mit Beginn des Aufstandes wurden diese Lager geöffnet und viele der Gefangenen schlossen sich dem Aufstand an. Und aus der Sowjetunion wie auch aus dem Westen wurden Kämpfer eingeflogen, die teils auf dem Flugplatz der Aufständischen landeten und teils mit Fallschirmen absprangen.“

Am 28. Oktober musste die Armee der Aufständischen kapitulieren, ihre beiden Führer starben später in deutschen Konzentrationslagern. Ein Teil der Aufständischen führte noch bis zum Kriegsende einen Partisanenkampf gegen die deutschen Besatzer. „Die Aufständischen hatten mehr Kämpfer im Land, aber technisch waren ihnen die Gegner weit überlegen“, sagt Micev.

Die dunkle Seite des SNP wurde erst nach der Wende Teil der offiziellen Geschichtsschreibung: Es gab zahlreiche Übergriffe und sogar Massaker gegen Angehörige der deutschen Minderheit, obwohl auch viele Karpatendeutsche den Aufstand unterstützten.

Der Regionspräsident ist rechts

Die Deutschen wiederum brannten über 100 slowakische Dörfer nieder und ermordeten deren gesamte männliche Bevölkerung, wenn die Dorfbewohner verdächtigt wurden, Aufständische zu verstecken.

An den Jubiläumsfeiern in Banská Bystrica nehmen ab diesem Freitag Vertreter aus über 30 Ländern teil. Umstritten war wegen der Ukraine-Krise, dass auch der russische Präsident Wladimir Putin eingeladen wurde. Er lässt sich aber von seinem Verteidigungsminister vertreten.

Paradoxerweise regiert ausgerechnet in Banská Bystrica seit den Regionalwahlen im November 2013 der Rechtsextremist Marián Kotleba als Regionspräsident. Er verehrt den damaligen faschistischen Diktator Tiso und bezeichnet Aufständische und Partisanen als „Banditen, die gegen den eigenen Staat kämpften“.

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2 Kommentare

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  • Ja, an den Feierlichkeiten nahm auch der russische Verteidigungsminister teil. Auf seinem Rückflug mußte er aber umkehren und in Bratislava landen, da ihm die polnische Flugsicherung - auf wessen Weisung auch immer - den Überflug über Polen verweigerte. Inzwischen konnte der Minister nun doch seinen Heimflug antreten.

  • die Italiener , als Besatzungstruppen versorgten die Partisanen mit Ausrüstung, zwar waren die Italiener 1944 gegen NaziDeutschland, aber die undurchsichtige Politik der DUCE feindlichen italienischen Generäle und auch die schlecht Behandlung der italienischen Besatzungstruppen gegenüber der Zivilbevölkerung sorgte für viel Zündstoff, ich habe vor 3 Jahren im KH 2 Zimmernachbarn gehabt, 86/84, die in der Gegend gedient haben , waren interessante Gespräche, schade, dass solche Zeitzeugen nicht zu Worte kommen!