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■ NRW-Ministerpräsident Clement und die RessortfusionEin beleidigter Monarch

Wenn jemand sein eigenes Fehlverhalten auf andere Personen überträgt, dann diagnostizieren Psychologen einen psychischen Abwehrmechnismus, den sie mit dem Fachbegriff „Projektion“ belegen. Ein klassisches Projektionsverhalten legt derzeit der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement an den Tag. Die von ihm veranlaßte Zusammenlegung des Justiz- und des Innenministeriums ist ein klarer Verstoß gegen die Gewaltenteilung. Wenn der oberste Leiter der Justizverwaltung gleichzeitig Chef der Polizei ist, schützt niemand mehr den Bürger gegen Übergriffe des Staates. Das Anfang dieser Woche gefällte Urteil des Landesverfassungsgerichts in Münster, die Fusion wieder rückgängig zu machen, war deshalb dringend notwendig und juristisch keine Überraschung. Für Unterhaltung, allerdings der schlechten Art, sorgt dagegen die Reaktion Clements auf das Urteil. Da sprach der polterige Rambo vom Rhein erst ungewohnt zerknirscht davon, daß er die Münsteraner Entscheidung akzeptieren wolle, um danach im selben Atemzug sofort erneut gegen das Urteil zu verstoßen. Superminister Fritz Behrens, sagte Clement zur Verblüffung der Anwesenden, solle „kommissarisch“ beide Ressorts behalten. Inzwischen hat man dem überambitionierten Nachfolger Raus offenbar erklärt, daß auch Möchtegernmonarchen Richtersprüche befolgen müssen. Mit einem Mal nämlich ist es vorbei mit Clements reuigem Sündertonfall. „Reformunwilligkeit“ wirft der Gescholtene den Verfassungsrichtern nun vor und einen „berufsständischen Geist“. Das ist keine neue Taktik Clements. Tatsächlich spielt der Schnellschießer aus Düsseldorf die Rolle des großen Neuerers inmitten von verkrusteten Institutionen gern, seit sich nach seinem Regierungsantritt massenhaft Stimmen gegen die Zusammenlegung der Ministerien regten. „Synergie“ oder Straffung“ nannte er seine Mißachtung der Gewalten augenverdrehend.

Dabei beweist Clement, daß er der eigentliche Adressat seiner eigenen Kritik ist. Indem er die Gewaltenteilung nicht akzeptieren will, zeigt er, daß er selbst berufsständisch fühlt und handelt. Seit seinem Amtsantritt hat er von sich selbst das Bild eines durchsetzungsfähigen Politikers geschaffen. Clement weiß, daß er sich nicht über die Rechtsprechung erheben darf. Daß sie ihn aber ärgert, will er nicht schlucken. Nur so ist die Gefühlsaufwallung zu erklären, mit der er das Gericht rhetorisch attackierte. Dabei greift er zu Worten, die an die Zeit absolutistischer Herrscher erinnern. Gisa Funck

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