: NRW-Minister tritt ab
NRW-Europaminister Detlev Samland (SPD) zierte sich lange. Vorwurf der Steuerhinterziehung fegt ihn aus dem Amt. Nachfolge unentschieden
DÜSSELDORF taz ■ Gestern um 14.36 war es amtlich: Detlev Samland, nordrhein-westfälischer Minister für Europaangelegenheiten, ist zurückgetreten. Samland, der gleichzeitig auch den Vorsitz des zweitstärksten nordrhein-westfälischen SPD-Bezirks Niederrhein niederlegte, stand seit Wochen wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung in der Kritik: Der Sozialdemokrat hatte rund 100.000 Mark, die er als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat des Braunkohleunternehmens Rheinbraun AG bezogen hatte, nicht versteuert.
Der als Hoffnungsträger der SPD gefeierte Europaminister hatte sich anfänglich an seinen Kabinettsposten, den er erst seit den Landtagswahlen im Sommer innehat, geklammert: Er habe die 100.000 Mark bei der Steuererklärung schlicht vergessen, argumentierte der 47-jährige.
Zunächst sah es so aus, als sei Samland die Unterstützung des nordrhein-westfälischen SPD-Establishments gewiss: Gegen Zahlung eines Bußgelds in Höhe von 20.000 Mark wurde eine Klage wegen Steuerhinterziehung von der Essener Staatsanwaltschaft überraschend schnell niedergeschlagen.
Ende letzter Woche aber rückte NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) von Samland, der in NRW als politisches Nachwuchstalent gilt, ab. Der Regierungschef habe sich maßlos über den vermeidbaren Fehltritt und die damit einhergehende Brüskierung der Gewerkschaften geärgert, erzählen Insider: Hätte der Minister das Geld, wie bei SPD-Arbeitnehmervertretern üblich, an die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung gespendet, wäre der Landesregierung der Skandal erspart geblieben.
Innerparteiliche Gegner des ehemaligen Niederrhein-Bezirkschefs hämen seit langem, das Ministeramt sei dem langjährigen Europaabgeordneten Samland als Belohnung für seine Unterstützung der Parteispitze bei der Reform der NRW-SPD zugesprochen worden. Der SPD-Landeschef Franz Müntefering, der auch Generalsekretär der Bundes-SPD ist, verliert mit Samland einen der vehementesten Unterstützer seiner auf Düsseldorf ausgerichteten Reform, mit der er die Partei nach der verlorenen Kommunalwahl und der nur knapp gewonnenen Landtagswahl im letzten Jahr wieder nach vorn bringen will.
Beobachter in Düsseldorf hielten es für fraglich, ob Ministerpräsident Clement das Europaressort nach dem Rücktritt Samlands überhaupt neu besetzt: „Diese Frage ist völlig offen“, sagte Regierungssprecherin Miriam Meckel der taz. Clement wolle die Aufgaben Samlands „bis auf weiteres“ selbst wahrnehmen, hieß es. ANDREAS WYPUTTA
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