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NPDRechtsradikale im Wahlkampf

Die NPD konzentriert ihre ganze Kraft auf den Bremer Bürgerschaftswahlkampf. Weil sie den im DGB-Haus eröffnen wollte, erteilte der DGB den NPD-Köpfen Hausverbot

Den Rechten keinen Meter - ist der Bremer Bürgermeister wieder dabei wie 2006? Bild: taz

Die DGB-Vorsitzende Annette Düring erteilte den Bremer und Bremerhavener NPD-Spitzenkandidaten Matthias Faust und Jens Pühse Hausverbot für die Gewerkschaftszentrale. Die beiden hatten angekündigt, heute Abend zu einer Mobilisierungsveranstaltung im DGB-Haus zu erscheinen. Dabei sollen die Aktionen gegen den Aufmarsch der NPD am 1. Mai in Bremen geplant werden.

"Wir haben denen ganz klar gesagt, dass sie und Mitglieder ihrer angrenzenden Organisationen bei uns nicht erwünscht sind", sagte Düring. Sie ist Anmelderin eines Sternmarsches gegen die NPD-Aktionen am Tag der Arbeit. Die NPD hatte sich deshalb in den letzten Wochen auf Düring eingeschossen und sie aufgefordert, als Diskutantin an dem "Sozialkongress" teilzunehmen, den die Partei am 1. Mai auf der Bürgerweide plant. Düring hatte es kategorisch ausgeschlossen, sich zu der Neonazi-Prominenz aufs Podium zu setzen.

Daraufhin hatten Faust und Pühse an die DGB-Chefin geschrieben, sie würden zu dem ersten Treffen des vom DGB initiierten Bündnisses gegen die NPD-Aktivitäten kommen. "Ich bin immer daran interessiert, meine Gegner kennen zu lernen. Vielleicht hat man sich doch mehr zu sagen, als man zunächst glauben mag. Auch für die linke Szene in Bremen und den DGB wäre dies eine gute Gelegenheit gewesen, Vorurteile abzubauen", so Faust.

Die linke Szene verspürt allerdings kein Bedürfnis, sich mit der Truppe um den vergleichsweise gemäßigten Parteiaufsteiger Faust und den radikalen Nationalisten Pühse auszutauschen. Gestern gab ein weiteres Anti-NPD-Bündnis namens "Keinen Meter" bekannt, die Offensive der NPD "zu einem Desaster" machen zu wollen. "Unser Ziel ist nicht nur die Verhinderung der geplanten Nazi-Veranstaltungen am 1. Mai, sondern auch, möglichst keine Wahlkampf-Aktion der Nazis ungestört vonstattengehen zu lassen", hieß es in einer Erklärung. Vorbild sei das "Keinen Meter"-Bündnis von 2006. "Wie damals nehmen wir auch 2011 die Parole ,Keinen Meter' ernst. Die Idee bleibt, sich den Nazis mit möglichst vielen Menschen in den Weg zu stellen." Man hoffe auf ein "vielfältiges Aufbäumen" und eine "gute Zusammenarbeit mit Schulen, Jugendzentren, GewerkschafterInnen anderen."

Am Sonntag hatte die NPD in den früheren Räumen der DVU in Bremerhaven ihr "Bürgerbüro" eröffnet. Der Parteivorsitzende Udo Voigt kam und sprach bei seiner Eröffnungsrede von "großen Chancen", die die Wahl in Bremen der Partei biete.

Genau darum war es am Dienstag auch bei einer Veranstaltung in der Villa Ichon gegangen. "Bisher hatte Bremen für die NPD kaum Relevanz", sagte ein Sprecher des Netzwerks Recherche Nord, der sich Kim Sneijder nannte. Nun sei dies anders. Die Landtagswahl im Mai habe enorme strategische Bedeutung: Durch die Bremerhavener Sonderklausel und den Rückzug des langjährigen DVU-Abgeordneten Siegfried Tittmann spekuliere die Partei auf den ersten Einzug in ein westdeutsches Parlament seit Jahrzehnten. Hinzu komme die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre - bei den "Juniorwahlen" für Mittelstüfler 2007 hatten die Rechten gut abgeschnitten. Um diese Konstellation zu nutzen, sollen offenbar erfahrene NPD-Kader nach Bremen entsandt werden.

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1 Kommentar

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  • HS
    Hans-Wolfram Stein

    Leserbrief zu: „Rechtsradikale im Wahlkampf“

     

    Am 12.01. 2011 berichtete die taz über die Bemühungen der NPD bei der Bürgerschaftswahl 2011 in Bremen ihre „großen Chancen“ – wie der Parteivorsitzende Vogt sagte – zu nutzen. Der Artikel schließt mit dem Hinweis auf die Bremerhavener Sonderklausel (5% nur in Bremerhaven reichen für ein Bürgerschaftsmandat) und: „Hinzu komme die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre – bei den Juniorwahlen für Mittelstüfler 2007 hatten die Rechten gut abgeschnitten“. Hieraus könnte man den Schluss ziehen, die Absenkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre bringe eine Gefahr für die Demokratie mit sich. Diese Meinung ist auch in der Linken verbreitet. Aber wie sind die Tatsachen? Bei der Bürgerschaftswahl 2007 erhielt die damals allein kandidierende DVU in der Stadt Bremen 2,3%. Bei den wahlberechtigten 18-25- Jährigen waren es 5,6%, bei den 25-35- Jährigen waren es 4,2%. Bei der Juniorwahl 2007 erhielt die DVU 5,4%. Aber es geht um die „Mittelstüfler“, also die Jungwähler, die jetzt erstmals bei einer Landtagswahl ab 16 Jahren dabei sind. Betrachtet man nur die SEK-I-Zentren bei der Juniorwahl verändert sich die Lage aber nicht: Auch hier liegt der DVU-Anteil bei der Juniorwahl mit 5,4% in Bremen und 5,2% in Bremerhaven unter dem Anteil der DVU-Wähler bei den wahlberechtigten 18-25-Jährigen. 2007 gab es bereits das Wahlrecht ab 16 bei den Beiratswahlen: Bei den Juniorwahlen gab es hier für die DVU in Bremen 2% und in Bremerhaven 6,1%. Insgesamt kam die DVU bei den Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung auf 5,8%. Auch wenn wir uns neuere Wahlergebnisse bei den Juniorwahlen anschauen, kommen wir zu alles anderem als zu „großen Chancen“ für die Faschisten: Bei den Juniorwahlen zur Bundestagswahl 2009 erhielt die NPD in Bremen 3,4%. Das sind 3,4% zu viel, das ist Ansatz für demokratisches Handeln und politische Aufklärung an den Schulen – das rechtfertigt aber nicht das immer wieder zu hörende Geraune über die politischen Gefahren durch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Im Gegenteil: Fast alle Schulen in Bremen beteiligen sich 2011 an der Juniorwahl, die wenigen abstinenten Schulen sind an den Fingern abzuzählen, sehr viele Schülerinnen und Schüler engagieren sich für eine hohe Wahlbeteiligung zur demokratischen Nutzung ihres neuen Wahlrechts – z.B. mit der „Werderwette“. (25 Schulklassen wetten gegen Werder´s Sebastian Prödl, dass die Wahlbeteiligung der Erstwähler höher sein wird als die der 21-35-Jährigen) Daran sollte man in den nächsten Wochen ansetzen und nicht durch Geraune über die Jungwähler die Entwicklung zu mehr demokratischen Rechten für die Jugendlichen in Frage stellen.

    Hans-Wolfram Stein

    Regionalberater „Demokratisch Handeln“ Bremen