piwik no script img

NPD-Wahlwerbspot muss gezeigt werdenBrauner Zwergenretter im TV

Das Hessische Verwaltungsgericht zwingt den Hessischen Rundfunk, einen NPD-Wahlwerbespot zu zeigen. Bleibt zu hoffen, dass niemand auf den braunen Müll reinfällt.

NPD-Landesvorsitzender Wöll als "Retter". Bild: screenshot npdhessen

Was wäre eine Wahl ohne die mitgelieferten Werbespots im Fernsehen? Wer würde sich überhaupt noch an die Existenz der kleinen und kleinsten Parteien erinnern, wenn sie nicht dann und wann mit ihren Low-Budget-Spots das Einerlei der fünf Bundestagsparteien durchbrächen?

Beim jüngsten Wahlwerbespot der NPD in Hessen hört die Belustigung aber auf: Er zeigt einen Menschen mit NPD-Fahne hoch zu Ross, der drei bärtigen Wichteln zu Hilfe eilt, deren mühsam erschürftes Gold von einem Fiesling mit glatt gegelten Haaren für "Mehrwertsteuer, Benzinsteuer, meine Diäten und die Ausländer" einkassiert wird. Würde das Machwerk in seiner ganzen brunsdummen Schlichtheit so bei YouTube laufen, es könnte glatt als eine Art satirischer Protest gegen die Rechtsextremisten durchgehen: "Rente gibts erst ab 70, und Weihnachten fällt nächstes Jahr aus."

Doch der Reiter ist niemand anders als der hessische NPD-Landesvorsitzende Marcel Wöll ("Wir wollen von der Gesellschaft zur Volksgemeinschaft!") - und das Ganze ist bitterer Ernst: In Hessen wird am 27. Januar gewählt. "Streichung der Fördergelder für Migration und Integration", "Streichung der Zuschüsse für jüdische Gemeinden", "Ausweisung aller kulturfremden Ausländer", lauten die vorgetragenen Forderungen in dem Spot, die zur NPD locken sollen. "1.000 Euro Müttergehalt", "20.000 Euro Ehestandsdarlehen", die "Streichung der Studiengebühren" und "10 Euro Mindestlohn" - unterlegt mit Marschmusik - sollen die Bürger zur Wahl der NPD anregen.

Den Spot, der auf der Homepage der NPD Hessen zu besichtigen ist, muss der Hessische Rundfunk (HR) nun doch zeigen. Nachdem die für Rundfunkrecht zuständige 10. Kammer des Frankfurter Verwaltungsgerichts vor allem in der Formulierung "Ausweisung aller kulturfremden Ausländer" den Volksverhetzungsparagrafen (§130 [1] Strafgesetzbuch) berührt sah und damit die Position des HR teilte, der sich weigerte, den Spot auszustrahlen, zwingt ihn nun die nächsthöhere gerichtliche Distanz dazu. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat die Entscheidung vom Donnerstag aufgehoben, sodass der Spot gestern Abend im HR-Fernsehen ausgestrahlt werden musste. HR-Intendant Helmut Reitze bedauerte die Entscheidung, kündigte aber an, sich ihr zu beugen.

Zur Sendung von Wahlwerbespots sind grundsätzlich alle Sender verpflichtet - je nach Wahlgang regional - bzw. auf das entsprechende Land begrenzt oder bundesweit. Die inhaltliche Oberhoheit liegt - wie bei den sogenannten "Verkündigungsprogrammen" der Kirchen - nicht beim Sender. Er kann nur dann, wie beim HR geschehen, eingreifen, wenn man der Meinung ist, dass ein Spot gegen geltendes Recht verstößt.

Auch nach der unverständlichen Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs bleibt das alte Dilemma im Umgang mit dem rechten Rand: Totschweigen oder platt ignorieren wirkt längst nicht mehr, auch wenn es gerade in den Medien immer wieder versucht wird. Denn dies gibt NPD, DVU und den "Republikanern" auch immer wieder die Möglichkeit, sich als bemitleidenswerte Opfer des demokratischen Systems darzustellen, dessen Grundfesten sie aus den Angeln heben wollen. Auch das ist indirekte Wahlkampfhilfe. Diese Hilfe versagte ihnen der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit seiner Entscheidung zwar in gewisser Weise, doch angesichts der Vorstellung, dass die NPD nun doch ihre Märchen per Wahlwerbespot erzählen darf, erscheint einem die indirekte Wahlkampfhilfe durch Totschweigen als das geringere Übel. Bleibt zu hoffen, dass niemand auf das dümmliche Filmchen hereinfällt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • P
    Pat

    Der Spot ist insgesamt eher lächerlich. Zwar dient er zum Bauernfangen, wenn man genau hinsieht, die völlig sinnlosen und nie haltbaren Versprechen mal ganz außen vor gelassen, stellt man beispielsweise fest, dass der selbsternannte Robin M. Hood den "Zwergen" von dem erbeuteten rein gar nichts zukommen lässt.

     

    Realsatire pur.

  • U
    Udin

    Der Spot ist weiss Gott nicht gut gemacht, aber die Hintergründe die aufgesagt werden, die stimmen zu 100%, das sollte jedem mal bewusst werden, sie sprechen die wirklichen Nöte an die jeder hier im Land hat.

    Abgesehen davon ist es eigentlich lobenswert, das die NPD nur einen lo budget Spot gedreht hat und nicht unendlich viel Geld für eine ach so schöne Werbung ausgeben will, denn die führenden Parteien machen es uns ja vor, wie man Geld ausgibt was man nicht hat, alles in allem finde ich die NPD eine sehr ehrliche und wirtschaftliche Partei.

    Ihr könnt jetzt von mir denken was Ihr wollt, aber die grossen bekannten Parteien wähle ich nicht mehr, da sie seit Jahren den Karren immer weiter in den Dreck gezogen haben und nichts von Ihren angeblichen Interessen durchgesetzt haben.

     

    Mit freundlichem Gruss... Udo

  • T
    Thor

    Schaut man genauer hin sehen die Zwerge ja aus wie Terroristen. Dieser Typ ... wer soll das sein (?) ... hilt denen. Wäre da nicht eine Anzeige und sofortige Verurteilung wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angebracht?

     

    Hoffentlich machen die sich richtig lächerlich damit und den anderen Scheiß was die produzieren.

     

    PS: Bei mir im Codefeld steht "Unheil". Passt!

  • DP
    Der Peter Name

    Immer wieder das hessische Verwaltungsgericht, das der NPD Legalität bescheinigt. Irgendwas ist in diesen heiligen Hallen faul.

  • A
    A.A.

    besser als mit diesem jämmerlichen spot kann man die NPD kaum entlarven. sie tut es gleich selbst.

     

    trotzdem ist zu befürchten, dass die braunen rattenfänger stimmen hinzugewinnen werden. schuld daran sind nicht zuletzt auch die verfehlte, weil praktisch nicht stattfindende einwanderungspolitik in deutschland, die archaisch-muslimisch und von männlichkeitswahn sowie verachtung der liberalen gesellschaft geprägte parallelwelten hat entstehen lassen und weiterhin duldet sowie die lange nicht offen besprochene, wachsende gewalt von muslismischen (männlichen) jugendlichen.

     

    und schuld tragen praktisch alle parteien, die dieses wachsenden probleme mit bestimmten zuwanderergruppen bewusst verdrängt haben und sicher auch weiterhin verdrängen werden, wenn sich der medien-hype um den zusammengetretenen münchener rentner sowie die anderen aktuellen opfer von migranten-gewalt wieder gelegt hat und alles wieder über die "klimakatastrophe" labern wird.

  • D
    Danny

    Lustig ist es ^^

    Das einzig nicht lustige an dem Spot ist, dass er von der NPD ist...

     

    "Bleibt zu hoffen, dass niemand auf den braunen Müll reinfällt."

  • J
    Johannes

    Rein theoretisch könnte da doch ein paar mal ne technische Störung auftreten^^

  • PJ
    Peter Josupeit

    Die Ein- und Ausfälle von Ministerpräsident Koch werden ja auch gesendet.