NPD-Parteitag: Sonne nur für Demokraten
Die NPD tagt ohne Tageslicht und darf nicht lüften: Der Bezirk setzt auf Ungemütlichkeit. Vor dem Reinickendorfer Rathaus demonstrieren Hunderte gegen den Parteitag der Rechtsextremen.
Der Bezirk Reinickendorf konnte den Parteitag nicht verhindern, aber sie haben es der NPD so ungemütlich gemacht wie möglich: Nur mit rigiden Auflagen durfte die rechtsextreme Partei am Wochenende ihren Parteitag im Reinickendorfer Ernst-Reuter-Saal abhalten. "Der Bezirk hat nur das zur Verfügung gestellt, was er wirklich musste", sagte Bianca Klose vom Mobilen Beratungsteam (MBR).
So war das Treffen nur im Hauptsaal möglich, Foyer und Garderobe blieben der NPD verwehrt. Die Fenster sollten geschlossen und verhangen bleiben - als Vorsichtsmaßnahme vor Gegenprotesten. Zudem unterschrieb die NPD eine Klausel, die rassistische und antidemokratische Äußerungen auf dem Parteitag verbot. Die Einhaltung dieser Auflagen überwachten Bezirksmitarbeiter im Saal.
Klose lobte das konsequente Vorgehen Reinickendorfs. "Hier wurde mit Entschlossenheit und langem Atem verhindert, dass die NPD bezirkliche Räume für eine machtvolle Selbstinszenierung missbrauchen konnte."
Vor dem Tagungssaal wurde die NPD derweil von der Zivilgesellschaft umzingelt: Am Samstag protestierten rund 650 Menschen gegen die Veranstaltung, am Sonntag waren es gut 100 Demonstranten. Zu den Protesten hatte vor allem am Samstag ein breites Bündnis aus Parteien, deren Jugendorganisationen, Gewerkschaften und Antifa aufgerufen. Darüber hinaus beteiligten sich zahlreiche Anwohner. Entsprechend vielfältig war der Protest: Die jungen Liberalen zeigten selbstgemalte Plakaten mit der Aufschrift "Quo vadis NPD?"; mit Figuren, die sich in Lemming-Manier den Berg hinuterstürzten, drückten sie ihre Hoffnung auf eine schnelle Selbstzerstörung der NPD aus. Andere zeigten sich nicht ganz so optimistisch - eine Frau der katholischen Arbeitnehmerbewegung etwa trug einen selbstgemastelten Karton mit der Aufschrift "Wir warnen vor der NPD. Wir kennen ihre schlimmen Ideen." Vor allem die "Deutschtümelei" sei es, die sie mit Besorgnis sehe und die Parallelen zu der Ideologie der NS-Diktatur.
Die Politiker forderten in ihren Reden mehrheitlich eine Abschaffung der NPD. "Ich bin der Auffassung, dass die Partei verboten werden sollte", sagte Peter Senftleben (SPD), stellvertretender Bezirksbürgermeister von Reinickendorf. Es sei bezeichnend, dass genau diejenigen, die den Rechtsstaat bekämpften, dessen Mittel in Anspruch nähmen. Senftleben spielte damit auf den vorhergehenden Rechtsstreit um die Raumfrage an: Der Bezirk hatte versucht, die Vermietung der Räume an die NPD anzulehnen - unterlag jedoch vor Gericht. Die Richter sowohl vom Berliner Verwaltungsgericht als auch vom Oberverwaltungsgericht argumentierten mit dem Gleichheitsgrundsatz. Denn der Bezirk habe die Räume in der Vergangenheit auch an Bundesparteien vermietet.
Während der Proteste versuchten immer wieder kleine Gruppen von NPD-Mitgliedern, ins Rathaus zu gelangen. Da viele von ihnen es zunächst in Richtung Haupteingang steuerten, den Saal aber an den Demonstranten vorbei durch einen Nebeneingang betreten mussten, hatten die leichtes Spiel: An einer Ecke hagelte es hämische Bemerkungen, wenn die Rechtsextremisten - teilweise mit Polizeischutz - passierten, an der nächsten schallten ihnen "Nazis-Raus"-Rufe entgegen. "Auf dem Weg zum Abiball?", rief ein Demonstrant einer Handvoll NPDler in Sonntagskleidung entgegen.
Viele Anwesende zeigten sich zufrieden mit den Protesten. "Es sind deutlich mehr Leute da als noch vor drei Jahren", stellte ein Anwohner fest. Damals hatte die NPD im Märkischen Viertel im Fontanehaus getagt. Die Antifaschistische Initiative Reinickendorf bezeichnete die Zahl dagegen als "die unterste Messlatte" für Protestaktionen.
Für die NPD könnte es noch ein Nachspiel geben: Sie hatte MBR-Chefin Klose des Raumes verwiesen - obwohl sie als Beauftragte des Bezirkes die Veranstaltung beobachten sollte.
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