NPD-Parteitag: Unwillkommen auch in Wilhelmshaven
Nachdem ein Gericht die Vermietung des Bad Gandersheimers "StadtTheaters" an die NDP verboten hat, wich die nach Wilhelmshaven aus. Doch auch dort protestierte man gegen die Rechtsextremen.
Kurz nach acht Uhr am Sonntagmorgen stand in Bad Gandersheim fest: Im "StadtTheater" wird der Landesparteitag der NPD Niedersachsen nicht stattfinden. Rund um das einstöckige Gebäude in der Kurstadt hatte die Polizei alle Zufahrtswege abgesperrt, Protestierende waren auch schon anwesend. Hatte doch der NPD-Landesvorsitzende Adolf Dammann erklärt: "Man wird sehen, was passiert, wenn wir vor einem verschlossenen Kurhaus stehen."
Dabei hatte das örtliche Amtsgericht die Vermietung untersagt, nachdem einer der beiden Eigentümer einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. NPD-Mann Dammann betonte denn auch, dass man noch einen "Plan B und Plan C". habe. Zwei Stunden später war klar, was er damit meinte: "Plan B" hieß Parteitag in Wilhelmshaven.
In der etwa 230 Kilometer entfernten Kreisstadt waren da schon die ersten NPD-Mitglieder und Freunde eingetroffen. Die beste Adresse hatte der Landesverband mit seinen rund 550 Mitgliedern damit nicht gewählt. Die "Deutsche Bucht", ein zweistöckiges Gebäude mit verspiegelten Fenstern, sieht heruntergekommen aus. Auch die Bierwerbung am Haus kann nicht darüber hinwegtäuschen, das der Betrieb eingestellt ist.
So schlecht, so sicher war die Adresse jedoch: Ein verwandter Geist hatte der NPD die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt: Pico Weich von der rechtslastigen "Deutschen Partei" (DP). Vor einiger Zeit wechselte zwar der Wilhelmshavener NPD-Ratsherr Peter Müller zur DP, doch der Raumnutzung stand der Wechsel nicht im Wege.
Vor dem Gebäude zeigte sich Dammann gegen Mittag höchst zu frieden. An einem Unterstand wurde ein Grill für die rund 60 NPD-Gäste aufgebaut. Einen "nationalen Liedermacher" ließ der Parteiordnerdienst ein, schließlich hatte Dammann einen "Motivationsparteitag" angekündigt. Hauptredner hinter verschlossenen Türen: Der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt.
"Haut ab" schallte da den Kameraden allerdings längst entgegen. Keine 50 Meter vor der "Deutschen Bucht" formierte sich spontan eine Gegenkundgebung. Über den Twitter des Internetprojekts "stopp_rechts_de" mobilisierten die Jusos Wilhelmshaven: "Es sind bereits viele Bürger vor Ort! Kommt auch und zeigt Gesicht". Über 50 Gegendemonstranten folgen dem Aufruf. "Wir sind froh, dass so schnell so viele kommen konnten", sagte Tim Sommer von dem Netzwerk "stop-rechts.de". Seit Monaten sei die rechte Szene zerstritten, meinte Sommer und betonte: "Daher waren wir wirklich überrascht, dass die hier ihren Parteitag ausrichten." Unter Applaus grüßte man die Gegendemonstranten in Bad Gandersheim.
Dort hatte Bürgermeister Heinz Gerhard Ehmen (parteilos) auf der Rathaustreppe betont, solange die NPD nicht verboten sei, dürfe man sie "wenigstens nicht das Bild auf den Straße, in den Gemeinden dominieren lassen". Protestieren wollten die Gandersheimer trotz des Ausweichens der NPD. Nach einem Gottesdienst in der Stiftskirche waren sie durch die Stadt gezogen. Dutzende Bürger waren dem Appell des Bürgermeisters gefolgt und hatten weiße Laken aus dem Fenster gehängt. Ein "schönes öffentlichen Bekenntnis gegen Rechts" sagte der Intendant der Domfestspiele, Johannes Klaus, vor rund 600 Demonstranten.
In Wilhelmshaven zog die Polizei eiligst Kräfte zusammen. "Wir waren überrascht", räumte ein Polizeisprecher ein. Im Laufe des Nachmittags kamen immer mehr Demonstranten - auch lokale Größen von CDU, SPD und Grüne. Und das Lächeln von Dammann verdeckte eines längst nicht mehr: In Wilhelmshaven hatte man im Verborgenen bleiben wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett