NPD-Parteitag zur Fusion mit DVU: "Nur noch ein formaler Akt"

Am Wochenende trifft sich die NPD zum Bundesparteitag in Sachsen-Anhalt. In Hohenmölsen will sie die Fusion mit der DVU beschließen. Der Ort wehrt sich gegen das Treffen.

Vor der Vereinigung: Gerhard Frey (DVU, ganz links) und NPD-Chef Udo Voigt (Mitte). Bild: reuters

Ein Akt „zum Wohl des deutschen Volkes und Vaterlands“ soll sie sein, die geplante Fusion von NPD und DVU. So sieht es der Vorsitzende der völkischen NPD, Udo Voigt. Der Noch-DVU-Bundesvorsitzende Matthias Faust denkt ähnlich. "Die gemeinsame Partei", sagte er dem NPD-Kampfblatt Deutsche Stimme (DS), könnte endlich den "großen Bereich von patriotisch-nationalen Strömungen abdecken". Der Name der geplanten Partei: "NPD – Die Volksunion".

Am Wochenende veranstaltet die NPD ihren Bundesparteitag in der sachsen-anhaltinischen Provinzstadt Hohenmölsen – rund 7.500 Einwohner, kein öffentlicher Nahverkehr. Samstagabend soll der NPD-Parteitag schon wieder vorbei sein. Ein "Nein" zum Verschmelzungsantrag mit der DVU wird von den rund 400 NPD-Delegierten und Gästen nicht erwartet.

Die Stadt Hohenmölsen wehrt sich juristisch gegen den NPD-Parteitag – bislang erfolglos. Sie wollte der NPD die öffentlichen Räume im "Bürgerhaus" nicht zur Verfügung stellen, rief das Verwaltungsgericht an – und scheiterte. Voraussichtlich am Freitag wird sich das Oberverwaltungsgericht Magdeburg zu der Beschwerde der Stadt äußern. Und es regt sich auch zivilgesellschaftlicher Protest. Das Bündnis "BUNTE STADTT Braune" plant ein Fest und symbolische Aktionen. Auch der CDU-Bürgermeister Hans Dieter von Fintel unterstützt die Proteste.

Stimmen beide Parteien der Fusion zu, wäre der nächste Schritt eine Urabstimmung. Danach müssen die DVU-Mitglieder individuell in die NPD eintreten. Glaubt man den aktuell kursierenden Gerüchten, werden diesen Schritt höchstens 1000 DVUler machen.

Dass die NPD für den Parteitag einen Ort in der Provinz wählte, ist keine Verlegenheitswahl, so der Rechtsextremismus-Experte David Begrich: "Mit dem Parteitag will die NPD für den kommenden Landtagswahlkampf ein Zeichen setzen", so Begrich. Nach aktuellen Umfragen liegt die NPD in Sachsen-Anhalt bei fünf Prozent, Landtagswahl ist im März 2011.

Auch hat der Bundesvorsitzende Voigt dem NPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Matthias Heyder, schon zugesichert, dass man "die Kräfte auf die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt" konzentrieren werde. Gerade die Region um Hohenmölsen ist Hochburg für die Neonazis, sie treten dort sehr selbstbewusst auf.

Ein weiteres Argument für die Neonazis, sich in Hohenmölsen zu treffen: Die Bürgermeisterwahl im benachbarten Laucha. Dort kandidiert Lutz Battke, der für die NPD im Kreistag sitzt. Ein Wolf im Schaftspelz. David Begrich weiß: "In der Gemeinde schätzen ihn viele wegen seiner Bodenständigkeit und Hilfsbereitschaft". Battke darf im örtlichen Sportverein die Fußballmannschaft der Kleinen trainieren. Der Parteitag dürfte ihm Rückenwind geben.

Viel Zeit gibt die Parteitagsregie den Delegierten nicht, um über die Verschmelzung mit der DVU zu diskutieren. "Die Abstimmung", meint der Pressesprecher der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag, Holger Szymanski, gegenüber der taz, sei "nur noch ein formaler Akt". Darauf deuten auch die Mitgliederbefragungen in NPD und DVU hin, mehr als 90 Prozent der Mitglieder haben sich für eine Fusion ausgesprochen.

Weil DVU-Gründer Gerhard Frey der DVU ihre Schulden in Höhe von 980.000 Euro erließ, so wie es am 25. Oktober im Bundesanzeiger zu lesen war, ist die vermutlich letzte Hürde für die Fusion beseitigt. Der NPD-Vorsitzende Voigt wird seitdem nicht müde, sich für die "beachtliche Spende" zu bedanken.

Die Vereinbarungen für die Fusion sehen vor, dass die DVU bei der anstehenden Nachwahlen für den Bundesvorstand drei Personen aufstellen darf. Neben Faust als NPD-Vize hat die DVU ihre Vize Ingmar Knop und ihr Bundesvorstandsmitglied Heiner Höving für den NPD-Vorstand nominiert.

Und da könnte es Streit geben: Der aktuelle DVU-Bundesvorsitzende Faust soll NPD-Bundesvize werden – bei den Nord-Verbänden der NPD ist er jedoch unbeliebt. Sachsen-Pressesprecher Szymanski ist sich sicher, dass Faust trotzdem gewählt wird. Führer Voigt befiehlt, das Fußvolk stimmt mit – Szymanski: "Es wird sich wie immer der Bundesvorsitzende mit seiner Empfehlung durchsetzen."

Auch DVUler Knop sagt der taz "Keine Überraschung zu erwarten" – weder bei dem Fusionsantrag, noch bei der Vizewahl. Ganz ohne Kritik dürfte es jedoch nicht abgehen: In der DVU wurde durchaus auch Verstimmung darüber laut, dass praktisch nichts mehr zu entscheiden ist. Die Mitglieder bekamen bereits jetzt, noch bevor die Fusion beschlossen ist, das NPD-Kampfblatt Deutsche Stimme zugesandt.

Vor dem Bundesparteitag wollte das Bundesamt für Verfassungsschutz gegenüber der taz keine Einschätzung zur Entwicklung der beiden Parteien abgeben. Fabian Virchow, Leiter der Forschungsstelle Rechtsextremismus an der Fachhochschule Düsseldorf , sagte jüngst, "der Zustand der DVU ist desolat".

Von einer Vereinigung auf Augenhöhe könne keine Rede sein. Auch zahlenmäßig nicht: Während die radikalere NPD rund 6.800 Mitglieder hat, kann die Rest-DVU zwar angeblich noch 4.000 Anhänger aufbieten, aber darunter dürften sehr viele Karteileichen sein. Es wird erwartet, dass nicht mehr als 1.000 DVUler den Schritt der Vereinigung mitgehen werden.

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