: „NICAS statt CHIQUITAS“
■ Nicaragua ist das erste Land, mit einer unabhängigen Bananenwirtschaft Trotz Nachteilen gegenüber US–Konzernen, hofft Nicaragua auf einen Marktanteil
Von Eugen Detzel
Der internationale Bananenmarkt war schon immer ein klassisches Beispiel für neokoloniale Handelsstrukturen, Monokulturen, Lebensmittel–Überproduktion und letzten Endes auch für gedankenlosen Konsum. Drei US–Konzerne beherrschen 63 gibt es auf dem europäischen Bananenmarkt erstmals zentralamerikanische Bananen, die nicht von einem der drei großen US–Konzerne Standard Fruit (Dole) ,United Brand (Chiquita) und Del Monte vermarktet werden - Bananen aus Nicaragua. Eine jährliche Produktionsmenge von ca. fünf Millionen Schachteln lassen die Bananenproduktion Nicaraguas zwar als unbedeutend erscheinen, doch immerhin erzielt Nicaragua mit seinen „NICA“–Bananen ca. 30 Millionen Dollar jährliche Importeinnahmen. 1982 übernahmen Bananic und Embanoc, die staatliche Produktionsgenossenschaft Nicaraguas, die Vermarktung und Produktion der Bananen, nachdem sich die Standard Fruit am 25. Oktober vertragsbrüchig aus den fünf großen Plantagen im Nordwesten des Landes zurückzog. Immerhin war und ist der Bananenexport - bei aller Fragwürdigkeit - für ca. 20 die Lebensgrundlage. Nicaraguas Bananen wurden an der Pazifikküste Kaliforniens von der US– Firma Pandol Brothers Co. vermarktet. Nach der Verhängung des Embargos mußte Nicaragua von einer Woche auf die andere einen neuen Absatzmarkt finden - Europa war die einzige Alternative. Auf dem ohnehin bereits gesättigten Bananenmarkt in Europa stießen die „NICAS“ auf erhebliche Schwierigkeiten. 16 Tage Transport, anfänglich mangelnde Verlademöglichkeiten in Gent/ Belgien, ungenügendes Verpackungsmaterial, fehlende chemische Mittel (auch ein Ergebnis des Embargos) und nicht zuletzt der Widerstand der transnationalen Konzerne ließen das Unternehmen „NICA“–Bananen vor einem Jahr alles andere als optimistisch erscheinen. Inzwischen konnte sich wider Erwarten die belgische Importfirma AVM mit den Nicaragua–Bananen auf dem europäischen Markt etablieren, jedoch nur, weil die Bananen wesentlich unter Marktpreis angeboten werden. Der Preis ist jedoch nicht der einzige Unterschied zu den bekannten Markenbananen. Die Produktionsbedingungen auf den Plantagen Nicaraguas sind gänzlich anders. So sind beispielsweise alle der 4.500 Arbeiter und Arbeiterinnen der 15 Fincas fest angestellt und kommen direkt in den Genuß aller Sozialleistungen - in den anderen bananenproduzierenden Länder Zentralamerikas noch längst keine Selbstverständlichkeit. Dort werden die Plantagenarbeiter/innen oft alle sechs Monate ausgewechselt. Damit soll eine zu starke gewerkschaftliche Organisation der Beschäftigten verhindert werden. Ein immer wieder auch auf den nicaraguanischen Plantagen unter den Beschäftigten vieldiskutiertes Problem ist die Qualitätsschwäche der „NICA“–Banane, ihr im Vergleich mit anderen etwas weniger perfekter äußerer Eindruck. Ihr Aroma dagegen ist auch unter Fachleuten unbestritten. Trotz all dieser Benachteiligungen gegenüber den anderen Markenbananen wird letzen Endes nur eine stärkere Nachfrage bei Obst– Einzelhändlern und -Großmärkten in der BRD dazu beitragen, daß Nicaraguas Bananen vom „Symbol der Unterdrückung“ zum „Symbol der Befreiung“ werden. Hier sind die Konsumenten gefordert, in den nächsten Wochen verstärkt nach NICAragua–Bananen zu fragen. Immerhin geht ca. ein Drittel des gesamten wöchentlichen Bananendampferladung in die Bundesrepublik. Der Rest wird im übrigen Europa vermarktet. Doch bis zur Verwirklichung eines Werbegags aus der Schweiz, der mit „Nicas statt Chiquitas“ für die sandinistischen Früchte warb, ist es noch ein weiter Weg.
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