NDR-Serie „Tatortreiniger“: „Wir sind nicht einfach“
Der Norddeutsche Rundfunk zeigt wieder den fulminanten „Tatortreiniger“. Ein Gespräch mit Hauptdarsteller Bjarne Mädel und Regisseur Arne Feldhusen.
taz: Herr Mädel, wenn man die wichtigsten Fernsehpreise bekommt, werden die Leute im Sender netter zu einem?
Bjarne Mädel: Zu mir sind die Leute immer nett gewesen.
ARNE FELDHUSEN FRAGT, OB ER DIE FRAGE BEANTWORTEN KÖNNTE. NÖ, ICH FINDE NICHT. ICH BIN JA SCHLIESSLICH WEGEN BJARNE MÄDEL DA.
Mädel: Allerdings haben wir für den aktuellen Dreh ein wenig mehr Zeit bekommen. Wir haben mit zwei Drehtagen pro Folge angefangen, jetzt sind wir bei vier.
Ja, zu Ihnen als Person war man nett. Dann interessiert mich doch mal mehr, was Arne Feldhusen sagt. DER IST NÄMLICH RECHT SYMPATHISCH UND SCHÖN GROSS GEWACHSEN. Also, Herr Feldhusen, steigert der Erfolg das Entgegenkommen?
Arne Feldhusen: Das weiß ich noch nicht so genau. Wir haben jetzt etwas bessere Bedingungen. Aber wir sind auch nicht einfach. Wir sind immer darauf aus, alles weiterzuentwickeln. Und da ist die Frage, ob alle mitziehen.
Der Einsatz: Kriegsreporterin Silke Burmester hat mit ihrer Kolumne zwar gerade Urlaub. Aber die Wiederkehr des „Tatortreinigers“ war für sie Grund genug, an die Front zurückzukehren und Hauptdarsteller Bjarne Mädel zu interviewen. Unerwartet tauchte dabei auch Regisseur Arne Feldhusen auf.
Das Ziel: Im Comedyformat „Der Tatortreiniger“ schrubb Putzmann Heiko Schott (Mädel) weg, was von Morden übrig blieb. Die ersten vier Folgen dieser Serie mochten Zuschauer und Kritiker – das ist eher selten. Ab morgen um 22 Uhr sendetder NDR sechs neue Folgen. Zum Start gibt es davon gleich zwei.
Was meinen Sie mit „Wir sind nicht einfach“?
Feldhusen: Wir sind sehr konsequent. Wir versuchen, bestimmte Sachen zu erreichen. Manchmal sprengt das ein wenig die Grenzen.
Die der Gewohnheit?
Mädel: Die der Gewohnheit und des Budgets. Wenn man die beste Qualität liefern will, und das wollen wir in puncto der Kollegen, der Ausstattung, des Teams und der Bedingungen, dann ist das teurer, als das sich ein Sender vielleicht wünscht.
Feldhusen: Aber es ist nicht nur das Geld. Der NDR hat keine richtige Schiene für eine Serie. Und deshalb wird „Der Tatortreiniger“ auch nicht immer auf guten Plätzen ausgestrahlt.
2011 wurde das Format nachts zwischen den Weihnachtsfeiertagen versendet, jetzt rückt es langsam vor. Warum haben Fernsehleute Angst?
Feldhusen: So etwas entsteht aus anderen Gründen. Hier war es so, dass etwas bestellt war und wir mit einer anderen Idee kamen.
Was war bestellt?
Feldhusen: Zunächst ging es um die Weiterführung des Formats „Das Wartezimmer“. Entsprechend wurde ein anderer Humor erwartet. Die erste Folge, die ich für den „Tatortreiniger“ drehen wollte, war die mit der Prostituierten und dem Blowjob. Mit dem Stoff war es nicht so leicht zu vermitteln, was uns insgesamt vorschwebt.
Aber da geht es doch um Angst. Eine Prostituierte und ein Blowjob – wo soll da das Problem liegen?
Mädel: Es wurde etwas gesucht, das man auch am Sonntagnachmittag zeigen kann. Eine Prostituierte, für 80 Euro einen blasen, und im Hintergrund ist alles voll Blut – da ist es schwierig, sich vorzustellen, dass das geschmackvoll seinen Zuschauer findet. Zumindest den, den man sonst so hat.
Also lässt sich sagen, dass Fernsehleute Angst vor Blut, Schweiß und Sperma haben?
Mädel: Ja, klar. Vor Kraftausdrücken auch. Das ist immer noch ein heikles Thema.
Warum gehen so viele Angsthasen zum Fernsehen?
Feldhusen: Fernsehen ist kein Medium mehr, das reif für Überraschungen ist. Es geht nur noch darum, dass es ein 24-Stunden-Programm bietet, und nicht darum, etwas zu zeigen, das auch eine Diskussion wert ist.
Mädel: Das Wort „Angsthasen“ stimmt schon. Wir machen die Serie“ Mord mit Aussicht“, die ist erfolgreich. Daraufhin werden fünf andere Formate gemacht, die genauso sind. Das finde ich einfach langweilig. Warum sagt man nicht: „Ach, schade, dass ich die Idee nicht hatte, jetzt muss ich mit einer noch besseren um die Ecke kommen!“ Nee, man denkt: Das funktioniert, das machen wir genauso noch mal. Am besten noch im gleichen Dorf drehen, in der gleichen Polizeiwache, die gleiche Musik, die gleichen Leute besetzen.
Feldhusen: Ist alles passiert.
Sie zwei sind die Ideengeber des „Tatortreinigers“. Sie sind befreundet. Herr Feldhusen ist zudem der Regisseur, und Herr Mädel ist mit der Drehbuchautorin Mizzy Meyer befreundet. Ist so ein Konstrukt eine Möglichkeit zu verhindern, dass die Ideen von den Bedenkenträgern der Sender kaputt gemacht werden?
Feldhusen: Gut beobachtet.
Mädel: Was uns die Sache erleichtert, ist, dass klar ist, ich mach das mit Arne oder gar nicht. Wenn er nicht kann, wird der NDR natürlich kommen und mich fragen, kannst du es dir mit jemand anderem vorstellen? Und ich kann mir dieses Format nur in dieser Konstellation vorstellen. Ich will auch nicht, dass es jemand anders als Mizzy schreibt. Natürlich gibt uns das mehr Kraft, weil sie wissen, dass sonst das ganze Format explodiert.
Herr Mädel, in „Mord mit Aussicht“ haben Sie eine Bequemlichkeitsplauze. Unter meinen Leserinnen sind ja auch eine Menge Frauen mit unattraktiven Männern. Da interessiert die Frage: Wie bekommen Sie die immer wieder weg?
Ich mach am Flughafen Tempelhof meine Runden. Aus der Entfernung sieht es aus, als würde ich stehen, aber ich laufe dort. Wenn das Abnehmen schnell gehen muss, dann esse ich keine Kohlenhydrate. Das ist der ganze Trick. Diesmal hab ich es aber nicht ganz geschafft, so dünn zu werden, wie ich eigentlich sein wollte.
Stimmt.
Ich habe aufgehört zu rauchen und hatte krankheitsbedingt keine Lust, auf Zucker zu verzichten.
Herr Mädel, wie finden Sie die taz?
Ääh, farblich?
Ja, zum Beispiel.
Könnte durchaus bunter sein. Nee, find ich eine gute Zeitung. Also es gibt Tage, da les ich lieber die Mopo, weil mir die taz zu anstrengend ist. Aber es ist politisch eher die Richtung, die meiner privaten Richtung entspricht. Oder was soll ich jetzt sagen?
Das war schon ganz gut. Und was gefällt Ihnen am besten?
Mädel: Oh, Gott. Was gefällt mir am besten …
Feldhusen: Flimmern & Rauschen.
Mädel: Flimmern & Rauschen. Ja, stimmt. GEHT DOCH!
Herr Mädel, Sie dichten. Sie haben jetzt die Gelegenheit zu zeigen, was Sie können. Einzige Bedingung, es muss „Kriegsreporterin“ vorkommen oder „Medienfront“.
ES DAUERT ZWEI TAGE, DANN KOMMT BJARNE MÄDEL MIT DIESEM VERS UM DIE ECKE:
Helmpflicht
MEDIEN sind, wenn ehrlich,
zuweilen höchst gefährlich;
drum schickt die taz gekonnt
nur Profis an die FRONT.
Deshalb sind im Feuilleton auch Worte drin
Von einer „KRIEGSREPORTERIN“…
„Tatortreiniger“, 2. Januar, 22 Uhr, NDR
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