MySpace und MTV: Illegale Videoclips als Goldgrube
MySpace und MTV haben einen neuen Markt entdeckt: Werbung wird auch neben rechtswidrig eingestellten Clips platziert. Google hingegen funktioniert Youtube zum Online-Händler um.
Kein großes Internet-Angebot kommt heutzutage mehr ohne Bewegtbilder aus. Kostengünstig herzustellen sind sie allerdings nicht - selbst wenn ein Neuigkeitenportal seine Clips verhältnismäßig billig bei Nachrichtenagenturen einkauft und kein eigenes Videoteam aufbaut, sind doch hohe Übertragungskosten an den Hosting-Anbieter zu zahlen, denn Filme fressen besonders viel teure Bandbreite.
So verdient etwa Googles Video-Angebot YouTube noch immer keinen Cent, obwohl Monat für Monat viele Millionen Clips abgerufen werden.
In den USA prüfen mehrere große Anbieter nun, wie sie endlich ordentliche Werbeumsätze mit ihren Filmdiensten generieren können. Das soziale Netzwerk MySpace wählt dabei seit dieser Woche eine besonders interessante Strategie: Auch solche Clips sollen vermarktet werden, die von den Nutzern eigentlich urheberrechtswidrig eingestellt wurden, weil sie von professionellen Fernsehsendern oder Musikclip Produzenten stammen.
In Zusammenarbeit mit dem Musikkanal MTV und einer Spezialfirma, die eine Software entwickelt hat, mit der solche Clips ausfindig gemacht werden können, geht man auf die Jagd. Ist dann beispielsweise ein Ausschnitt aus der populären MTV-Soap "The Hills" entdeckt, wird parallel dazu Werbung geschaltet.
Ein Teil der Einnahmen geht dabei automatisch an den Besitzer der Urheberrechte. Jeff Berman, Marketingboss bei MySpace, beschreibt das Modell gegenüber der "New York Times" so: "Unsere Nutzer werden von ihren Fesseln befreit. Sie dürfen tun, was sie wollen und die Medienkonzerne können trotzdem Geld verdienen und die dabei entstehenden Daten erhalten."
Denkbar sei etwa virale Werbung und die Möglichkeit, genau zu verfolgen, welche Inhalte in welcher Region besonders gerne konsumiert würden. Die Erkennungstechnik soll bereits recht gut funktionieren. So erkennt die Software beispielsweise, wenn ein Clip aus der populären "Daily Show" des MTV-Schwestersenders Comedy Central im Netz steht. Die Software muss allerdings zuvor langwierig trainiert werden, um Sender korrekt unterscheiden zu können.
Bei YouTube setzt man unterdessen auf ein anderes Modell. Mutterfirma Google will die zahllosen Besucher der größten Videoseite der Welt in eine Art kombiniertes E-Commerce-Angebot locken. So ist es seit kurzem möglich, parallel zu den Filmclips Merchandising-Angebote, Konzernkarten oder Musiktitel zu bewerben.
Google bedient sich dabei einer simplen Abrechnungstechnik, dem so genannte Affiliate-Marketing. Dabei erhält derjenige, der Nutzer etwa in den Online-Musik-Laden iTunes schickt, einen kleinen prozentualen Anteil vom Umsatz. Da YouTube enorme Nutzermengen anzieht, dürfte sich das Geschäft schnell lohnen.
In Deutschland läuft das Geschäft unterdessen weiter schleppend. Die Reklamevermarktung von Online-Videos gilt zwar als aufstrebender Markt mit zweistelligen Zuwachsraten. Allerdings kommen die Angebote auch aus dem Keller - selten sieht man mehr als einen Werbeclip.
Der Nutzer selbst merkt das unter anderem daran, dass die geschaltete Werbung leidlich eintönig ist, sich laufend wiederholt oder Eigenanzeigen laufen - so werben deutsche Verlage vor ihren Videos etwa gerne regelmäßig für ihre aktuellen Printausgaben.
Vielleicht sind aber auch die Inhalte nicht spannend genug, um Mediaagenturen und Markenkonzerne zu Werbeschaltungen im großen Stil zu bewegen. Wie man es machen könnte, zeigt das von den US-Medienkonzeren NBC Universal und News Corporation betriebene Fernseh- und Film-Portal Hulu, bei dem inzwischen nahezu alle großen Namen aus Hollywood mitmachen: Hier kann der Nutzer in einem riesigen kostenlosen Angebot aus Hunderten von TV-Sendungen und nicht einmal alten Kinostreifen zahlreicher Studios wählen.
Das Sponsoring läuft vor jedem Video und ist auf einen Werbetreibenden beschränkt, der auf Wunsch auch Unterbrecherreklameblöcke im Stil von TV-Werbung buchen kann, die ihm dann allerdings ganz alleine gehören. Dem Vernehmen nach klappt die Vermarktung bereits erstaunlich gut, weil die Nutzer bei qualitativ hochwertigen Inhalten besonders lange auf der Hulu-Website bleiben. Hinzu kommt, dass die kurzen Werbeunterbrechungen die Zuseher deutlich weniger nerven als Reklame im TV.
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