: Mutmaßliche Mörder eines Neonazis in Haft
■ Zwei Männer und eine Frau im Zusammenhang mit Kaindl-Mord verhaftet / Gibt es elf weitere Tatverdächtige?
Die Polizei hat drei mutmaßliche Täter festgenommen, die im Frühjahr vergangenen Jahres an der Tötung des Funktionärs der rechtsextremen „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ (DL), Gerhard Kaindl, beteiligt gewesen sein sollen. Gegen zwei Männer und eine Frau seien am 15. und 16. November Haftbefehle wegen vollendeten und versuchten Mordes sowie vollendeter Körperverletzung erlassen worden, bestätigte gestern die Sprecherin der Justizverwaltung Uta Fölster der taz.
Der 47jährige Kaindl war am 4. April 1992 in einem China-Restaurant in Neukölln von mehreren Unbekannten überfallen und erstochen worden. Durch Messerstiche schwer verletzt wurde auch das damalige DL-Mitglied Thorsten Thaler, der zusammen mit Kaindl und anderen Rechtsextremisten zum Zeitpunkt des Angriffs in dem Lokal gesessen hatte.
Gegenüber der taz gab sich Justizpressesprecherin Fölster gestern reichlich zugeknöpft. Welcher Nationalität die mutmaßlichen Täter angehören, wollte sie ebensowenig beantworten wie die Frage, ob die Verhafteten Sympathisanten oder möglicherweise Mitglieder einer politischen Organisation sind. Allerdings räumte sie ein, daß zwei der Personen zusammen von der Polizei festgenommen wurden. Jede weitere Stellungnahme lehnte die Justizpressestelle gestern mit dem Hinweis ab, der Ermittlungszweck werde durch Veröffentlichungen in der Presse „erheblich gefährdet“. Nach Informationen der taz – die Fölster gestern ebenfalls nicht bestätigen wollte – soll im Fall Kaindl jedoch gegen weitere elf Personen ermittelt werden.
Die Tötung von Kaindl hatte im vergangenen Jahr für zahlreiche Spekulationen gesorgt, die insbesondere aus dem rechtsextremen Lager genährt wurden. So behauptete das DL-Mitteilungsblatt Deutsche Rundschau im Oktober 1992, die Berliner Polizei habe mittlerweile acht Täter einer linksextremen türkischen Organisation ermittelt. Darüber hinaus warf die neonazistische Organisation in einer Pressemitteilung der zuständigen Staatsanwältin beim Landgericht vor, den Haftbefehl gegen zwei türkische Tatbeteiligte – einen Mann und dessen Nichte – abgelehnt zu haben (siehe auch taz vom 13. Oktober 1992). Ein vom DL-Mitglied Karl-Heinz Panteleit beantragtes und eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen Justizbedienstete wegen Strafvereitelung im Amt wurde jedoch im Februar dieses Jahres von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht eingestellt. Die zur Verfügung stehenden Beweismittel hätten nicht ausgereicht, um gegen eine bestimmte Person, auch nicht gegen den türkischen Staatsangehörigen und seine Nichte, einen Tatverdacht zu begründen, heißt es in der schriftlichen Antwort an Panteleit. Zudem verwahrte sich die Staatsanwaltschaft gegen den Vorwurf, die Täter seien bekannt und die Kriminalpolizei lediglich aufgrund „irgendwelcher Verfahrenshindernisse“ nicht in der Lage, diese festzunehmen.
Dagegen zitierte der heute 29jährige Thorsten Thaler gestern gegenüber der taz aus einem Brief, der ihm im vergangenen Jahr von einer „Sonderkommission Kaindl“ beim polizeilichen Staatsschutz geschickt wurde, wonach „mehrere für die Tat in Frage kommende Personen bekanntgemacht werden“ konnten. Severin Weiland
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