■ Heinrich Albertz ist tot: Mut gemacht zur rechten Zeit
Heinrich Albertz war schwierig, und viele Linke hatten seine Schwierigkeiten mit ihm. Das betraf besonders jene, die ihn in den 60er Jahren in Berlin als Regierenden Bürgermeister erlebt hatten und sich auch nach seinem Rücktritt schwertaten mit seiner Person. Das galt sogar noch, nachdem er sich 1975 bereit erklärte, als Geisel die freigepreßten RAFler zu begleiten. Wann wird ein Saulus zum Paulus, und welches Quantum eines anderen Lebens braucht es, um den Geruch der Polizeiknüppel und des Dirigenten der Staatsmacht loszuwerden? Heinrich Albertz begegnete dem mit seinem praktischen Engagement. Die Alternativbewegung in Berlin verdankt seiner Person vieles, und manches wäre ohne sein Mittun nicht realisiert worden. Albertz gehörte 1977 zu den Gründungsmitgliedern des Berliner Netzwerks, welches für etliche Jahre zugleich die Ideenfabrik und Bank des sich entwickelnden Netzes von Alternativprojekten und selbstverwalteten Betrieben war. Sein Wirken in der Friedensbewegung reichte weit über Berlin hinaus, aber in der Stadt hat er die Entwicklung einer neuen Kultur begleitet. Als die Sehnsucht nach Alternativen zu unserer zerstörerischen Lebensform etwas Anrüchiges war, hat er Menschen Mut gemacht, mit dem anders Leben, Arbeiten und Wohnen einfach anzufangen. Am zweiten Leben Kreuzbergs, welches dem Bezirk nach der Kahlschlagsanierung der 60er Jahre von Kulturprojekten, besetzten Häusern und Alternativbetrieben eingehaucht wurde, hatte er Anteil. Dabei drängte Albertz sich niemals vor und niemandem auf, aber er verweigerte sich auch nie. Einen Menschen wie ihn könnte die Szene in Berlin auch heute gut gebrauchen. Gerd Nowakowski
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