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„Muslime raus, Kroatien den Kroaten!“

■ Die kroatischen Medien schüren den Haß gegen die Muslime

Wien (taz) – „Zagreb darf kein Istanbul werden.“ Unter diesem Motto zogen am Dienstag abend knapp zweihundert Kroaten vor die bosnische Botschaft in Zagreb und forderten die sofortige Ausweisung der etwa 200.000 bosnischen Flüchtlinge, das Verbot aller bosnischen Presseerzeugnisse und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zur Regierung in Sarajevo.

„Wir akzeptieren nicht länger, daß jene, die in Zentralbosnien an unserem Volk einen Genozid verüben, wie freie Bürger in Kroatien leben“, erklärte Demonstrationsführer Mirko Bosnjak, und die Menge schrie zurück: „Muslime raus, Kroatien den Kroaten!“ Anstatt den Vorfall herunterzuspielen, brachte abends das kroatische Fernsehen die Demonstration als Spitzenmeldung. Ausführlich konnten die Demonstranten darlegen, weshalb Kroatien einen „neuen Kurs gegen die Fundamentalisten in Sarajevo einzuschlagen hat“.

Der Kommandant der kroatischen Truppen in Zentralbosnien, Igor Kostroman, durfte seine Einschätzung über den „islamischen Terror“ darlegen. Glaubt man diesem Militärchef, so hat sich die Regierung in Sarajevo mit dem „internationalen islamischen Terrornetz“ verbündet, wollen die „Mudschaheddin-Kämpfer“ nicht nur das kroatische Volk unterjochen, sondern ganz Europa.

Töne, die in den kroatischen Massenmedien nicht neu sind. Fast alle Zeitungen bringen „Beweise“, wie Serben und Muslime gemeinsam den „Genozid“ am kroatischen Volk vorbereiten. Massaker, die kroatische Einheiten an muslimischen Zivilisten verübten, wie im Herbst im Stupni Dol, werden als „gestellte Aufnahmen“ (Kostroman), bezeichnet. Auch Verbindungen zu algerischen und ägyptischen Fundamentalisten werden der Regierung in Sarajevo nachgesagt. Die Konsequenz in den Zeitungen: Leitartikler befürworten ein direktes Eingreifen Zagrebs in den bosnischen Konflikt, Leser fordern eine „offene Kriegserklärung“ an die Adresse der Regierung in Sarajevo, und eifrige Kartenzeichner skizzieren ihre Vorstellungen von einem neuen Großkroatien. Danach sollen all jene Regionen Bosniens, die historisch einmal zu Kroatien gehörten, abgetrennt und unter Zagreber Herrschaft gestellt werden.

Zumindest in den Medien ist der EU-Friedensplan zur Dreiteilung Bosniens längst Makulatur – er existiert gar nicht mehr. Kein Wunder also, daß die neuesten Friedensverhandlungen in Wien gestern kaum Beachtung in den kroatischen Blättern fanden. Was auf dem internationalen Parkett der Diplomatie ausgehandelt wird, interessiert nicht mehr. Wie in Serbien, so pflegt man auch in Zagreb die Mär von der Verfolgung der Kroaten durch den Rest der Welt.

Auch der politische Kurs des kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman nähert sich dem des serbischen Amtskollegen Slobodan Milošević. Es gelte, so der Großkroate in seiner Neujahrsansprache, „die Interessen Kroatiens mit allen Mitteln zu verteidigen“. Im Verteidigungsministerium sollen einigen Quellen in Zagreb zufolge Einsatzpläne für die kroatische Luftwaffe vorliegen, im Falle einer offenen Kriegserklärung mit Jagdflugzeugen muslimische Stellungen auszuschalten. Das Kalkül der Militärexperten: Mit einer Intervention der Nato zugunsten der Muslime ist nicht zu rechnen. Karl Gersuny

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