Musikvideos gesperrt: Ende der Youtube-Disko
Seit Montag Abend sperrt Youtube in Großbritannien Musikvideos - weil sich die Google-Tochter nicht mit der britischen Verwertungsgesellschaft PRS auf Lizenzverträge einigt. Das kann ja heiter werden.
Seit Montag Abend ist Schluss mit lustigem Youtube-Disko-Machen. Zumindest in den UK - denn dort blockiert Youtube seit 18 Uhr Ortszeit zahlreiche Musikvideos, weil Lizenzverhandlungen zwischen Youtube und der britischen Verwertungsgesellschaft Performing Right Society (PRS) gescheitert waren.
Die PRS, das deutsche Pendant zur GEMA, hätte nach Auslaufen alter Verträge ihre Lizenzforderungen um ein Vielfaches erhöht, sagte ein Youtube-Sprecher zur Begründung des Schrittes. Und PRS-Chef Steve Porter zeigte sich - wie nicht anders zu erwarten - natürlich "schockiert und enttäuscht" von dem Schritt. Google bestrafe damit die britischen Konsumenten und die Songwriter, deren Interessen die PRS vertrete und repräsentiere, so Porter in einer Mitteilung.
Noch ist es nicht so, dass Youtube alle Videos gesperrt hat - es soll mindestens zwei Tage dauern, bis die betroffenen Clips systematisch geblockt sind. Unklarheit besteht aber offenbar noch darüber, welche Inhalte künftig nicht mehr aufrufbar sein werden: Nach Angaben von BBC und Guardian sollen außerdem zunächst so genannte "Premium-Musikvideos" betroffen sein, die große Labels wie EMI, Universal, Warner, Sony BMG oder kleinere Indielabels ins Netz gestellt haben sollen. Auf dem Google-Watchblog ist dagegen zu lesen, dass auch nutzergenerierte Videos gesperrt werden, die lizenzpflichtige Musik enthalten.
Dieser Fall könnte Ausblick darauf sein, wie die Google-Tochter Youtube in den nächsten Jahren ihre Marktmacht zu nutzen versucht - nicht nur in Großbritannien, sondern möglicherweise auch in anderen Ländern. Youtube ist groß genug geworden, um mit Blockaden einen Aufschrei zu erzeugen und die Länderrechtevertreter gehörig unter Druck zu setzen. "Wenn die neuen Arctic Monkeys auftauchen, muss die Sache laufen", sagte Patrick Walker, Chef der Youtube-Video-Abteilung zum Guardian. "Das ist im Interesse der Musikindustrie - wir tun das nicht nur für uns. Die Plattenindustrie braucht ein neues Geschäftsmodell, darum ist es schade, dass so etwas passiert. Aber manchmal muss man eben einen Schritt zurückgehen, um einen vorwärts zu machen." Die britische Band Arctic Monkeys wurden als Netzhype-Phänomen bekannt, weil sie noch vor Veröffentlichung ihres ersten Albums große Konzertsäle füllten - bekannt geworden durch Mund-zu-Mund-Propaganda und Youtube.
Aber natürlich bekommt in der Debatte in den UK auch die PRS ihr Fett weg - ist es doch so, dass Youtube mit vielen größeren Plattenfirmen bereits Deals abgeschlossen hat, an sie bereits zahlt - und einen weiteren Beitrag an die PRS entrichten müsste, weil damit die Rechte an Komposition und Text noch nicht abgegolten sind.
Was die Verwertungsgesellschaft auch nicht gerade populärer macht, ist die Tatsache, dass auch andere Online-Dienste, die in der Musikverbreitung im Netz eine Rolle spielen, in den letzten 12 Monaten Ärger mit den PRS-Lizenzdeals hatten - darunter MySpace UK oder pandora.com.
Auch wenn versierte User sich von solchen Sperrungen kaum abhalten lassen werden, zerschlägt sich damit die Hoffnung auf eine unkomplizierte Verbreitung von Musik im Netz - denn Verwertungsgesellschaften wie die PRS gibt es vielerorts.
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