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Musikmarkt im NetzAlles Populäre ist falsch

Musiksoftware und Web 2.0 versprachen einen Zugang zum Musikmarkt für alle. Das Versprechen wurde gehalten – mit unerwarteten Auswirkungen für Markt und Musiker.

Der technologische Fortschritt schuf neue Stile, hat aber die Produzenten auch enteignet. Bild: didschie / photocase.com

Studiozeit und Vertrieb waren früher so teuer, dass ausschließlich Großunternehmen sie finanzieren konnten. Dank dieser wirtschaftlichen Hürde konnten bis tief in die 1980er Jahre ein paar hundert Künstler ein Millionenpublikum erreichen, da ihre einmal hergestellten Aufnahmen mangels nachrückender Konkurrenz am Markt lange Zeit hatten, um Hörer zu begeistern.

Mitte der 1980er ermöglichten diverse Neuerungen von der Vierspurtechnik bis zum Sampler nicht nur neue Musikstile, sondern verbilligten auch den Zugang. Die "Indies" waren geboren. Von finnischem Tango bis zu Death Metal konnten auch kleinste Fangemeinden durch einen weltumspannenden Vertrieb plötzlich so eingebunden werden, dass Künstler und Umfeld sich professionalisieren – sprich, davon leben konnten. Diese Wende hin zum größeren Wettbewerb auf einem unabhängigen Markt ermöglichte Musikern fast schon paradiesische Arbeitsbedingungen im Komfort profitabler Nischen.

Als aber irgendwann Ende der 1990er eine komplette Produktion mit einem Aldi-PC gefahren werden konnte und zum Vertrieb das Hochladen einer MP3 reichte, änderte sich alles. Mit Produktionskosten nahe null erreichte nun jede Veröffentlichung totale Verfügbarkeit. Schlagworte wie "Demokratisierung" und "Long Tail" machten die Runde. Der Kater kam pünktlich am Morgen danach.

Statt einer Ära grenzenloser Kreativität der Massen entstand ein Vertriebsmodell, das so ineffizient war wie keines zuvor: Was lade ich mir auf den Rechner, wenn sich fünf Milliarden Dateien anbieten? Es wurde einfach übersehen, dass tatsächliche Verbreitung auf eine beschränkte Ressource angewiesen ist: Aufmerksamkeit. Die mentale "Regalfläche" ist knapp – analog zum alten Handelsmodell, in dem nur eine Auswahl Tonträger auf die Regale passt, kann sich niemand durch mehr als einen Bruchteil des Angebots arbeiten. Der Long Tail wird durch die verfügbare Aufmerksamkeit an der Wurzel abgeschnitten. Man konzentriert sich auf ein paar Superstars, das Mittelfeld versinkt nun im Rauschen des Überangebotes.

Den Majors, den vermeintlichen Dinosauriern der Musikwirtschaft, kam das sehr entgegen. Umsatzstarke Künstler werden nun unter Einschluss der gewinnträchtigen Auftritte, Verlagsrechte und Fan-Artikel vermarktet. Die großen Summen in den Bereichen Konzert, Werbung und Film gehen dadurch nach wie vor an die Majors und daran ändert bisher keine vermeintliche "Demokratisierung" etwas.

Neue Konkurrenz

Absurderweise hat der Wegfall jeglicher Hürden zum Musikvertrieb hingegen vor allem unabhängigen Plattenfirmen den Garaus gemacht. Die Konkurrenzflut macht es ihnen mit ihren beschränkten Werbebudgets in weiten Teilen bislang unmöglich, am Markt zu bestehen. Es folgte der Entzug des Grundeinkommens der Künstler und des Umfeldes: Toningenieure, Produzenten, Gestalter usw. Deren Leistungen fallen nun weg.

Mit immer niedrigeren Tonträgerumsätzen sind Kosten wie eine größere Produktion oder ein aufwendiges Cover nur Vertiefung des materiellen Schadens. Die Flucht in den rein digitalen Vertrieb sieht nicht anders aus: Nur etablierte Künstler erzielen regelmäßig hohe digitale Umsätze - mit einem entsprechend starken physikalischen Tonträger in der Hinterhand. Alles andere bleibt in der überwältigenden Mehrheit ungehört.

Jetzt bemühen sich ein paar Millionen Künstler um jeweils ein paar hundert Kunden. Eine schwierige Relation. "In the future everyone will be world-famous for 15 people."

Das Ergebnis ist die weitgehende Entprofessionalisierung. Was vorher hauptberufliche Enthusiasten erledigten, gerät immer mehr zum Aufgabenfeld des Künstlers selbst. Dieser ist jetzt Gestalter, Werber, Manager und Vertrieb – alles Zeit und Aufmerksamkeit, die der Musik fehlen. Generiert der Künstler regelmäßig nur Verluste, geht ihm die Luft aus. Musiker wird damit vorrangig zu einem Beruf für Erbreiche und merkantil Clevere. Mit Qualität oder Überzeugungskraft der Musik hat das wenig zu tun. Zugleich führt die Desillusionierung der Künstler zu immer banaleren Ergebnissen – wozu sich noch Mühe machen?

Diese Propaganda, dass Musik in Zukunft verschenkt wird, um von den Auftritten zu leben, ist von der Realität definitiv entkräftet worden – weil alle das praktisch schon tun und trotzdem keine Auftritte kriegen. Alle glaubten, Zugang zu haben. Nur ist dieser Zugang für sich genommen nichts mehr wert, weil er an keinem Punkt zu etwas führt.

taz

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Niemand interessiert sich für die Veröffentlichung von DJ X aus Z. Entsprechend gibt es keinen Grund, ihm einen Auftritt zu vergüten. Bei gefühlten 50.000 DJs allein in Berlin spielt notfalls auch jemand umsonst. Mit ihren Auftritten können die DJs ja ihre Platten bewerben. Und in Kleinstadt Z darf man gratis üben, um es vielleicht mal in Berlin zu schaffen. Da schließt sich der Kreis der Unmöglichkeit.

Gebucht wird nur, wer bekannt ist. Im Internet hält Bekanntheit bis zum nächsten Eintrag. Und in der Presse werden über Jahre hinweg fast nur Künstler begleitet, die vor der totalen Flut ihre Karriere starten konnten. Oder diejenigen, die nachhaltig fünfstellige Werbebudgets aufbringen können. Alle anderen kriegen bestenfalls drei Monate geballten Hype. Danach ist Schluss. Noch nie war die Halbwertszeit einer Musikerlaufbahn potenziell so kurz. Ein Ausflug zwischen Schule und irgendeinem regulären Job.

Die Fans der Piratenpartei

Der Rückschluss, dass Musik nun wieder ein durch einen "Dayjob" zu finanzierendes Hobby sei, ist unbefriedigend. Wer acht Stunden oder mehr täglich damit befasst ist, seinen Unterhalt zu bestreiten, dem fehlen Zeit und Muße zur notwendigen künstlerischen Vertiefung. Da entsteht auf Dauer nichts, was länger als zwei Wochen interessant bleibt. Ebenso verflachen zwangsläufig die Musiker, die allein auf Auftritte bauen, so sie diese haben. Wer drei Nächte in der Woche auf Tour ist, produziert nur noch formelhafte Wiederholungen und bringt sich damit selber um die Relevanz. Der ökonomische Zwang für die Künstler schlägt so gesellschaftlich als ästhetischer Verlust und Erlebnisdefizit durch.

Die Verheißungen des Web 2.0 waren für fast alle Beteiligten eine Seifenblase. Die größten Fans der Piratenpartei bleiben die Aktionäre des Nasdaq 100. In deren Renditen finden sich die Gelder wieder, die früher bei Musikern und ihrer Umgebung landeten. Was auch genug über die andere Seite der "Demokratisierung" sagt - der einzelne Mensch hat keinen Gewinn. Er bezahlt Google, Apple, Beatport und so weiter mit dem Verlorensein in einer Flut der Irrelevanz, mit sich nicht mehr einstellender Begeisterung und mit dem unguten Gefühl, dass andere schon mal mehr Spaß hatten.

Die allgemeine Demotivation führt im Ergebnis nicht nur zu Mangelleistungen der Musiker, sondern auch zum Verdruss aller anderen. Ein frustrierter DJ legt öde Musik vor gelangweilten Leuten auf. Das ist in etwa das durchschnittliche Event da draußen. Alle machen dasselbe, weil sie Angst davor haben, bei der geringsten Abweichung auch noch die restlichen Hörer zu vergraulen. Und die verharren nur aus Mangel an Alternativen.

STEFAN GOLDMANN

Werdegang: geboren 1978 in Ostberlin. Studium der Rechtswissenschaften (Schwerpunkt Urheberrechte) FU Berlin, Studium der Akustischen Kommunikation, TU Berlin.

Macro: betreibt die Plattenfirma Macro Records, wo er 2009 unter anderem einen Remix von Strawinskys "Le Sacre de Printemps" veröffentlichte.

Micro: arbeitet als DJ, Produzent und Komponist und veröffentlicht eigene Tracks auf Macro, Mule Musiq, Innervisions.

Und genau da wird es wieder interessant. Weil nichts sicheren Erfolg verspricht, kann man nun endgültig alle Rücksichten auf das Übliche fallen lassen. Da alle nur einen Mindeststandard halten, muss man einfach die größte Abweichung vom Durchschnitt suchen. Nur so kann man aus dem allgemeinen Nichts noch irgendwie herausstechen. Wenn man das erkannt hat, ist die Masse nicht mehr ganz so bedrohlich, weil sie sich selbst aufhebt. Das liegt an der benannten Aufmerksamkeitsbegrenzung. Dieser sozialpsychologische Superstar-Effekt lässt nicht zu, dass pro Kategorie mehr als eine Handvoll Künstler überhaupt wahrgenommen werden.

Erfolg ist in einer neuen Kategorie, in der man der Erste sein kann, wahrscheinlicher als in einer bereits übervölkerten. Die Konkurrenz um die vermeintlich populären Dinge ist am größten und somit der Erfolg am unwahrscheinlichsten. Wir beobachten daher gerade das Entstehen einer Kulturlandschaft, in der immer mehr kleiner werdende Teiche nur noch von je einem großen Fisch bewohnt werden. Es ist genau genommen wieder einfacher geworden, solange man nach der Maxime handelt: "Alles Populäre ist falsch."

Es ist nicht so, dass der Musik insgesamt das Geld fehlt. Wer sich hinreichend abhebt, langfristig nachlegen kann und die Mittel aufbringt, um die Ignoranzschwelle zu überwinden, hat ein interessantes und reich belohntes Berufsleben vor sich. Alle anderen haben eigentlich keine Chance, jemals gehört zu werden. Ihre Arbeit geht im Rauschen des Netzes unter. Parallele Monokulturen, dominiert von ihren Schöpfern und befeuert von ihren perspektivlosen Nachahmern. Eine Vielfalt der Kategorien auf Kosten der Feinheiten innerhalb der Kategorien.

Auch die Verfügbarkeit als Ideologie hat wohl ausgedient. Wer bereits Erfolg und wirklich noch etwas zu vermitteln hat, kann sich aus der Verfügbarkeit zurückziehen. Wozu Files verbreiten? Für wen soll das einen Wert haben? Man stelle sich einen großartigen Track vor, dessen Tonträger ein Unikat ist. Oder der Rückfall ins Mittelalter - Musik nur noch in Anwesenheit des Künstlers. Live. Wie auch immer die Zukunft aussehen mag, es wird für alle erst wieder interessant, wenn man weiß: Ich bin gerade bei etwas Besonderem dabei. Wie sich dieses Gefühl einstellt, ist die Aufgabe der Kreativen, wenn sie diesen Namen verdient haben.

Der ursprüngliche Text erschien auf www.stefangoldmann.com

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28 Kommentare

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  • R
    Rad

    @greenman: "Aber die Lösung ist keine: Was "anders" ist ist nicht unbedingt Qualität."

     

    Ich glaube, der Irrtum hier ist der Glaube, dass Qualität einem Künstler dabei helfe, sich "durchzusetzen", oder überhaupt erst mal gehört zu werden. Das tut sie aber nicht. Bei Massenkonkurrenz gehen (tendenziell ohnehin feine) Qualitätsunterschiede einfach unter. Ob das jetzt Rock oder Techno ist, der Nachrichten-/Twitterwert des "besseren" Lieds oder Tracks ist null. Künstler A mag den etwas besseren Text haben, Künstler B die bessere Stimme und Künstler C den besseren Drummer usw. (und darüber wird schon Streit herrschen) - das lässt sich endlos aufsplittern, was der Grund ist, weshalb sich allein über Qualität eigentlich noch nie jemand "durchgesetzt" hat.

     

    Deshalb wundern sich die wenigen Fans immer, wieso das keiner mitkriegt, dass ihr Held so vieles besser macht als die allgegenwärtigen Stars - diese hatten einfach die Gelegenheit, mit etwas "anderem" auf sich aufmerksam zu machen. Diese spezifische Aufmerksamkeit ist dann eben schon okkupiert. "Anders" ist daher der einzige Ansatzpunkt.

  • G
    greenman

    Der Artikel hat in vielem Recht.

    Aber die Lösung ist keine.

    Was "anders" ist ist nicht unbedingt Qualität.

    Für einen Künstler, der sich ausdrücken will, macht es oft keinen Sinn sich ständig daran zu orientieren was die anderen machen - sei es nur um das Gegenteil zu tun. Auch das lenkt ihn von seiner eigentlichen Arbeit - der künstlerischen Weiterentwicklung - oft nur ab.

  • S
    Schorsch

    Es ist erschreckend welche Kommentare manche Personen hier hinterlassen. Wie viele von Ihnen haben denn - persönlich - tatsächlich etwas mit Musikschaffenden zu tun? Bei vielen Kommentatoren vermute ich blankes Unwissen bzw. gefährliches Halbwahrheitenkenntnis.

     

    Haben Sie schon einmal versucht, Konzerte für Bands zu buchen? Wissen Sie was Veranstalter - sofern sie junge Bands überhaupt noch spielen lassen - an Gagen bezahlen? Klar spielen die Musiker umsonst, weil sie einfach auf der Bühne stehen und Publikum begeistern wollen. Und wer bezahlt den Transporter? Den Sprit? Die Übernachtung? Die Flyer? Die Plakate?

     

    Achso, klar. Die Band verkauft ja Merchandise. Na dann ist das ja gleich wieder refinanziert. Wissen Sie, was eine (junge) Band heutzutage nach einem Konzert verkauft? Die CDs oder T-Shirts können Sie mit Ihren zehn Fingern abzählen. Gut, vielleicht ist die Band einfach nur schlecht. Vielleicht denken sich aber auch die Leute im Publikum: Wieso eine CD für 10 - 15 Euro kaufen wenn ich mir die Songs im Netz umsonst anhören kann? Sie sehen, es ist nicht ganz so einfach mit den Auftritten.

     

    Drehen wir die Sache einmal um. Versetzen Sie sich in die Lage des Veranstalters und möchten der Band gerne eine angemessene Gage bezahlen. Sagen wir, weil Sie sind ein netter Kerl sind - oder es ihnen am Herzen liegt, dass andere auch etwas von Ihrem Erfolg haben sollen. Dummerweise sind die Gagen nicht das Einzige, das Sie für einen solchen Abend ausgeben müssen. Dazu kommen: Miete für die Location, Technik, Security, Versicherungen, Werbung/Promo (es sei denn, die Band bezahlt das - von was auch immer), Personalkosten für Helfer/Catering/etc., ggf. Gema (oh oh, gefährliches Thema), Sie selbst möchten vielleicht auch noch ein klein wenig daran verdienen - und dann kann es noch passieren, dass Sie oben drauf Auflagen der Behörden bekommen, von denen Sie nicht einmal träumen. Was können Sie also tun um ihre Finanzen auszugleichen? 1. die Eintrittspreise entsprechend erhöhen. Zugegeben, kein sehr gutes Mittel ("Wieso soll ich 15 Euro für das Ticket bezahlen wenn ich mir im Netz Live-Sessions oder Videos von Livekonzerten der Band in HD über meinen teuer erkauften Mega-Flatscreen mit Surround System ansehen kann? Das klingt eh besser als mit den billigen Boxen beim Livegig"). Oder, sie drücken ihre Ausgaben. Bei der Technikfirma, beim Personal - und natürlich bei der Band. Sie sehen, auch gar nicht so einfach. Sie könnten auch einfach nur noch Konzerte mit Bands veranstalten, von denen Sie sich sicher sind, dass viele Menschen kommen und auch entsprechend dafür bezahlen werden.

     

    Nun wird Ihnen vielleicht klar, warum es nicht unbedingt besonders einfach ist, an (gute) Konzerte heranzukommen. Außer Sie spielen immer umsonst. Und dann haben Sie nicht nur das Problem, dass Sie nur investieren müssen und nichts zurück kommt - sondern auch das, dass Sie keiner mehr ernst nimmt. Sie sind ja nichts wert. Und dieses Problem ist nur ein sehr, sehr, sehr kleiner Ausschnitt. Von den Problemen, die erst dann auftreten wenn ein Label mit einsteigt (aber auch von den Vorteilen) habe ich noch nicht einmal angefangen zu sprechen.

     

    Das Einzige, das wirklich hilft - und das war schon immer so - ist Aufmerksamkeit. Und darum stimme ich dem Autor voll und ganz zu. Auf welchem Weg man diese Aufmerksamkeit bekommt, das ist die große Frage der Stunde. Der Heilige Gral. Wer das schafft - und dann noch die unglaubliche Fähigkeit mitbringt, die Aufmerksamkeit dauerhaft auf sich zu ziehen, der gewinnt. Damals wie heute. Der Unterschied ist: der Weg.

     

     

    Abschließend hätte ich da noch einige Kommentare zu anderen Kommentatoren:

     

    An Stephan: Professionell gemachte Musik ist nicht immer die bessere. Wenn Sie damit die technische Seite meinen (Studiotechnik, Instrumente, etc.) muss ich Ihnen zutiefst widersprechen. Meinen Sie die künstlerische Komponente gebe ich Ihnen recht - vorausgesetzt Sie setzen "Professinalität" mit Antenne-Bayern-Gedudel gleich.

     

    An MA pol D. Pavlovic: Sie fragen sich, weshalb es "berühmte" Bands und Musiker geben muss, die vielleicht auch noch gehypt werden? Haben Sie Kinder? Oder kennen Sie Jugendliche? Vielleicht sogar persönlich? Wissen Sie, wie wichtig Idole für Jugendliche sind? Hatten Sie mal ein Idol? Ich wette es war nicht der Bürgermeister Ihrer Stadt, oder der Koch Ihres Stammlokals.

     

    An gomorrha: Das Netz alleine ist nicht verantwortlich für "die Stagnation und Eintönigkeit des Musikmainstreams, das Aushungern des Musikerberufs und die Übersättigung des Musikmarktes". Richtig. Nicht-innovative Majorlabels gehören da ebenso dazu wie die alles-umsonst- und Geiz-ist-geil-Mentalität unserer Gesellschaft. ABER: Sie wollen doch nicht allen Ernstes die Musikproduktion mit der Herstellung von Kloschüsseln vergleichen?! Das eine ist ein kulturelles Luxusprodukt. Etwas, das man nicht essentiell zum Leben braucht, dieses aber sehr viel angenehmer machen kann. Etwas, dass Sie inzwischen kostengünstig zuhause selbst Vervielfältigung können. Das andere ist ein - zumindest in unserer Gesellschaft - überlebenswichtiger Gebrauchsgegenstand mit dessen kostengünstiger Vervielfältigung Sie vermutlich Probleme haben dürften. Was davon jetzt was ist, das überlasse ich Ihnen es herauszufinden.

     

    An Haydar: Man kann über die veralteten Strukturen der GEMA und der Majors denken wie man will. Fakt ist, dass die großen Fische mehr Teile des Futters bekommen als die kleinen. Das könnte man jetzt Natur nennen. Oder Korruption. Fakt ist aber auch, dass dieses System hervorragend funktioniert (hat). Da stand eine Struktur dahinter, die wasserdicht war. Creative Commons fehlt diese durchdachte Struktur. CC schuf bisher lediglich eine rechtliche Möglichkeit aus illegal plötzlich legal zu machen, natürlich mit Einwilligung des Urhebers. Wie auch immer, CC und Jamendo sind ein Anfang, eine erste Idee. Allerdings fehlt bei dieser Idee der gewinnbringende Faktor. Klar kann ich meine Musik unter Creative Commons für gewerblichen Nutzen einschränken und ihn für den Privatgebrauch freigeben. Aber was habe ich als Künstler davon? Das ändert überhaupt nichts an der Problematik, dass Musiker nicht mehr von ihrer Arbeit leben können.

     

    An Ben: Musik der Musik wegen zu machen ist ein sehr nobler und künstlerischer Gedanke. Leider scheitert er zumeist kläglich an der harten Realität unserer auf Finanzen fixierter Gesellschaft. Dass Homerecording mehr Menschen den Zugang zum Ausleben ihrer Kreativität ermöglicht hat, ist zweifelsfrei richtig. Und auch gut! Ändert aber nichts daran, dass die wenigsten von ihrer Kreativität werden leben können. Gut, das war früher ähnlich. Nur ist der prozentuale Anteil um ein vielfaches kleiner. Auch weil die Musiker früher (weil es eben unerreichbar teuer war) vielleicht die Lage etwas realistischer einschätzten. Heute gibt es viel mehr "Musiker", die sich einbilden die nächsten Jimi Hendrix' oder Stones zu sein. Die theoretisch mögliche weltweite Aufmerksamkeit die jeder über das Internet erreichen kann gaukelt ihnen das vor. Das ist das Lotto-Phänomen. Alle Spieler (und es werden immer mehr) könnten gewinnen - aber nur einer wird gewinnen. Genauso funktioniert Hollywood, "Topmodel" oder "Superstar". Mit Chancen und Träumen.

     

    Einen schönen Tag wünscht

    da Schorsch

  • S
    Schorsch

    Was ich noch vergessen habe:

     

    An Daniel: Sie haben natürlich recht. Um Aufmerksamkeit musste schon immer gekämpft werden. Früher vermehrt um die Aufmerksamkeit der Labels, heute um die Aufmerksamkeit der Musikhörer. Soweit stimmen wir überein. ABER: Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, weshalb sich die Lage nun für die Künstler so markant verbessert haben sollte! Ich will Ihnen meine Ihnen widersprechende Meinung kurz darlegen:

     

    Zu Zeiten, als die Majorlabels die alleinige Macht hatten (ist das inzwischen eigentlich tatsächlich anders? Egal. Früher.), musste der Musiker den A&R Manager eines Labels überzeugen. Also der eine (!) Mensch, der für das Label neue Bands sucht. Dieser Mensch hatte meistens Erfahrung in seinem Job und kannte sich mit der Musikszene aus. Klar, es gibt auch die Talentscouts, die die Beatles abgelehnt haben, aber um die geht's hier nicht. Jedenfalls, dieser eine Mensch sah also das Potential des Künstlers und legte sich einen Plan zurecht, wie man das kreative Potential des Künstlers fördern konnte - und natürlich auch in welche Schublade der Künstler passt, so ehrlich muss man sein. Zusammen mit professionellen Toningenieuren, Produzenten, Marketingleuten und und und. Sahen die entsprechende Möglichkeiten mit dem Künstler erfolgreich zu werden, wurden mal eben die Abbey Roads für 3 Monate rund um die Uhr gebucht. Mitsamt hochkarätigem Personal. Okay, okay. Das ist jetzt sehr beschönigt. Aber: Der eine Talentscout konnte den Künstler - theoretisch - die Kontakte bis an die Weltspitze ermöglichen. Wie viel der Künstler dann am Ende prozentual von den Einnahmen gesehen hat, ist eine andere Frage. Fest steht, die meisten die es so weit gebracht haben müssen - auch heute, teils Jahrzehnte nach ihrem Erfolg - nicht Hunger leiden und, das vergessen viele, die Investitionen des Labels in die Karriere des Künstlers (Produktion, Werbung, etc.) müssen auch irgendwie beglichen werden.

     

    Heute muss der Künstler jeden Tag auf's neue unendlich viele potentielle Talentscouts (sprich: Hörer) von seinem, möglicherweise noch nicht ausgereiftem Talent überzeugen und sich Kleinstspenden von ihnen erbetteln. Meistens fallen die dann auch nur verbal aus, in Form eines netten, aufbauend gemeinten Kommentars zum neuen Gratisalbum auf Jamendo. Wenn überhaupt. Meistens erfreut sich der Künstler nur an den Downloadzahlen (und vergisst besser ganz schnell wie viel Geld das früher gewesen wäre). Wenn er Glück hat, erkennt jemand sein Talent, kauft eine CD oder ein Shirt + empfiehlt den Künstler seinen 100 Freunden weiter. Die erhalten die Empfehlung als kurze Facebook-Notiz, die dann sang und klanglos in den Musiktipps der anderen 99 Freunde untergeht.

     

    Und wo soll da die Verbesserung sein gegenüber den großen Labels?

     

    Wer tatsächlich einen Vorteil aus dieser ganzen Situation ziehen kann, das ist - Sie werden staunen - richtig, der A&R des Major-Labels. Der sagt nämlich inzwischen zum Künstler: Ohne sauber aufgenommene (und damit aus eigener Tasche teuer vorfinanzierte) erste Alben (nein, Demos oder EPs reichen da meistens nicht mehr) hör ich mir deine Musik nicht einmal mehr an! Und bevor du nicht mindestens 20.000 Facebook-Fans, diverse Fernsehauftritte, Interviews und 100 Gigs im Vorprogramm einer bekannten Band vorweisen kannst, brauchst du dich gar nicht mehr bei mir zu melden.

     

     

    Mir ist kein einziger Musiker bekannt, der in den letzten 10 Jahren allein durch das Internet Bekanntheit erlangt hätte - und noch immer unabhänig von großen Labels ist. Wenn Sie ein konkretes Beispiel benennen können, ich bin gerne bereit meine Meinung zu ändern.

     

    Das Einzige, das mir einfällt, und was häufig als "Verbesserung" für den Künstler gesehen wird, ist: Er braucht sich von niemandem in seine Kunst dreinreden lassen und kann seine Musik trotzdem der ganzen Welt zugänglich machen. Aber das hätten alle großen Bands der Vergangenheit auch haben können. Sie hätten einfach kündigen können nachdem ihr Vertrag (über so und so viele Alben) ausgelaufen wäre und anstatt mit den Labels mit den Vertrieben direkt verhandeln können. Die interessante Frage: Wieso hat das damals keiner gemacht? Hatten die damals weniger Selbstvertrauen als die Künstler von heute? Oder haben sie vielleicht (Achtung, reine Spekulation) den Luxus schätzen gelernt, sich nur auf die Musik und die Kunst konzentrieren zu können, während andere für sie den Papierkram und die Organisation erledigten? Mit dem kleinen Abstrich, dass sich ein Produzententeam mit ihnen gemeinsam an die Arbeit gemacht hat.

  • D
    Dab

    "Jede einzelne Satz des Artikels zeigt, dass der Verfasser keine Ahnung von der Musikindustrie hat."

     

    Das ist echt fantastisch, wenn sowas von Leuten kommt, die ihre eigenen "Gegenargumente" nicht verstehen:

     

    Angenommen, diese Aussage von "J.Branca" stimmt:

     

    "2010 hatten "unabhängige" Lables in Amerika einen Marktanteil von rund 30 Prozent (und beim Download von Alben von 37 Prozent)." - dann hieße das ja, dass zehntausende Indielabels sich um die Krümel schlagen, während die 4-5 verbleibenden Majors 70 Prozent Marktanteil halten. Also früher hieß es noch, die Majors seien am Ende. Jetzt sind es die Indies...

     

    Auch bei 360° Verträgen mit Madonna zu argumentieren ist Unsinn. Wer seit 30 Jahren etabliert ist, spielt nach anderen Regeln, als Künstler die 2011 erst Verträge abschließen. Kein relevanter Vertrag für neue Künstler kommt ohne massive Beteiligungen an Liveeinnahmen und Verlagsrechten aus.

     

    Auch diese Idee, dass tolle Musik ohne Geld und Zeit entstehen kann, ist ziemlich merkwürdig. Das Equipment einer 4köpfigen Rockband kann locker 20.000 Euro kosten, eine ordentliche Albumproduktion noch mal so viel. Wo sollen die denn herkommen? Von Luft und Liebe?

  • B
    bruno

    blödsin,auch Ch.Mingus mußte lange Postsäcke schleppen

  • D
    Daniel

    Künstler mussten schon immer um eine begrenzte Aufmerksamkeit kämpfen. Früher war es die der Labels, jetzt ist es die der Musikhörer....

     

    Somit hat sich die Lage für die Künstler nicht verschlechtert sondern verbessert! Sie sind nicht mehr auf die Labels angewiesen. Und wer doch ein Label benötigt weil er an seine Kapazitätsgrenzen stößt, der hat eine wesentlich bessere Verhandlungsposition, als es noch vor ein paar Jahren der Fall war.

  • ML
    Marco Legao

    Wer sagt denn, dass mit Musik Geld verdient werden muß? (MA pol D. Pavlovic)

     

    Sehe dies als heutzutage leider vorherrschende Meinung zum Thema an, was sich natürlich auf die Musik selbst auswirkt, wenn Musiker (also solche, die es als ihre Berufung begreifen) gezwungen sind, ihr Geld anderweitig zu verdienen. Jede Gesellschaft fördert die Künstler, die sie verdient. Aber sind sie es nicht, die der Gesellschaft den Spiegel vorhalten sollten? Denen man die Zeit geben sollte, sich kreativ mit der Welt 2.0 auseinanderzusetzen und nicht als Feierabend-Pausenclowns für lau ein bißchen zu mucken? Bin mit Herrn Goldmann sehr einverstanden, und, ach ja, auch Musiker haben ab und an mal Hunger und leben nicht nur von Luft und Liebe (und Applaus).

  • W
    Wetterfrosch

    Einige im "Indie"-Bereich tätige Freunde berichten mir immer wieder von der schwerer werdenden Situation. Das Wegbrechen von Strukturen und Verdienstmöglichkeiten gerade in dem Bereich ist schon ein Problem.

     

    Nicht überzeugend finde ich das Argument, mehr und schnellere stilistische Innovation könne die Frage "Wie überleben Musiker im digitalen Zeitalter?" grundlegend lösen.

     

    Vielleicht führt das Marktversagen ja auch zu einem neuen Verständnis von Kulturproduktion und Arbeitsorganisation - mit einem Bürgereinkommen wäre nicht nur Musikern sondern auch vielen anderen die Möglichkeit gegeben, produktiv selbstgewählten Aufgaben nachzugehen. Über den Erfolg entscheiden weiterhin Kritik und Publikum, nur wird der in Zukunft an anderen Kriterien gemessen.

  • C
    Christian

    "Wer acht Stunden oder mehr täglich damit befasst ist, seinen Unterhalt zu bestreiten, dem fehlen Zeit und Muße zur notwendigen künstlerischen Vertiefung. Da entsteht auf Dauer nichts, was länger als zwei Wochen interessant bleibt. Ebenso verflachen zwangsläufig die Musiker, die allein auf Auftritte bauen, so sie diese haben. Wer drei Nächte in der Woche auf Tour ist, produziert nur noch formelhafte Wiederholungen und bringt sich damit selber um die Relevanz."

     

     

    das einfach so zu behaupten, ist einfach nicht redlich.

    klar wäre es schöner, wenn menschen von ihrer kunst allein leben können, aber zu sagen, dass nur gut verdienende künstler gute kunst machen können, ist ja nun wirklich ein witz.

  • TC
    The Crystal Apes

    Das "böse" an Musik ist die geringe Schwelle vom Schöpfen zur Ego-Befriedigung.

    Einerseits möchte der Künstler (sofern er und seine Arbeit nicht eher reine Konsumprodukte sind) sich zunächst eigentlich ausdrücken, aber der Antrieb, welcher durch das Bedürfnis oder den Hunger nach Aufmerksamkeit gefüttert wird, ist ein ständiger Wegbegleiter.

     

    Aufmerksamkeit bekommen bedeutet ja potentiell nicht einfach nur Geld. Das pikante Gewürz in diesem Gericht ist die Akzeptanz seiner selbst durch Publikum. Dieses Gefühl, dass viele notwendigerweise auch in Geld umrechnen ist das, was die Musik ebenso "kaputt" macht (wobei das ja schon Ansatz zu Interessantem ist ^^).

    Dann verlässt man sich als Musiker auf bestehnde Genres, oder mischt bewusst die Zutaten, von denen man glaubt, dass sie Erfolg versprechen - das macht Musik öde/vorhersehbar, müllt uns täglich das Radio zu und versperrt uns allen den Blick auf interessantes.

    DAS können aber Majors viel besser als die ganzen Bands da draußen, die es versuchen ;-)

     

    Ich schätze an TinTin, unserer Sängerin und Songschreiberin bei The Crystal Apes, dass sie zum einen weiß, wie verlockend es ist die Aufmerksamkeit auf Konzerten/Festivals durch Publikum und Veranstalter zu bekommen, andererseits aber nie aufhört, genau DAS immer wieder auszublenden und ihre musikalische Welt durch die Neu-Interpretation dessen, was sie macht und gemacht, hört und gehört, lebt und erlebt hat neu zu defninieren und zu bauen.

    So kommen natürlich über die Zeit Songs zusammen, welche vielleicht stilistisch aus verschiedenen Bereichen kommen, aber ist es nicht reizvoll, wenn Alben und Konzerte durch Veränderungen in Dramaturgie, Stilistik, Lautstärke etc.etc. interessant und unterhaltsam bleiben un man im Publikum Mitglieder verschiedenen Musibereich trifft? Music comes first - daran wird sich bei "guter Musik" (was das auch immer sein mag ;-) ) nichts ändern - Ego hin, Industrie her.

     

    Ich teile die Ansicht, dass sich dieses System immer noch selbst reinigt. Der Mainstream ist vielseitiger geworden (auch wenn das im deutschen Radio noch nicht angekommen ist), was mir Mut macht, dass ich wieder stärker selbst zum Konsumenten werden. Habe tatsächlich in letzter Zeit wieder ein wenig mehr neues gehört als noch von 1, 2 Jahren.

     

    Cheers & gutes Hören bei allem was wir noch nicht entdeckt haben ^^

  • A
    aha

    es gab zu punk- und indie-zeiten jede menge musikerInnen, die nicht ausschließlich von ihrer musik leben konnten - und trotzdem spielten. sie waren sich nicht nur zu schade in kleinen clubs zu spielen (was heute doch wohl nach wie vor problemlos möglich ist), sondern zelebrierten ihr nischendasein ganz bewusst. kohle scheffeln und der schnelle weg zum ruhm spielten eine dezidiert untergeordnete bis gar keine rolle. was glauben sie, warum der fehlfarben-sänger seinen hauptbrotjob nie aufgegeben hat?

  • M
    mir

    Ich bin seit Mitte der 80 Jahre semiprofessioneller Musiker und und habe den Artikel mit großem Interesse gelesen. Vieles kann ich bestätigen, habe die Veränderungen selbst erlebt.

     

    "Wer sich hinreichend abhebt, langfristig nachlegen kann und die Mittel aufbringt, um die Ignoranzschwelle zu überwinden, hat ein interessantes und reich belohntes Berufsleben vor sich."

    Und

    „Wie auch immer die Zukunft aussehen mag, es wird für alle erst wieder interessant, wenn man weiß: Ich bin gerade bei etwas Besonderem dabei.“

     

    Da stimme ich zu. Aber eigentlich war das schon immer so, auch bevor es das Internet gab. Anders gesagt: Es war für einen Musiker bzw. Künstler schon immer nicht einfach, sein Publikum zu finden und vom seiner Musik allein zu leben.

    Daran hat sich nichts geändert.

    Nur für die Musikindustrie ist heute alles anders als vor 20 Jahren. Daran ist sie zu einem großen Teil selbst schuld.

  • A
    annieMac

    Ich verstehe den Artikel nicht so ganz.

    Ich teile nicht das gefühle des Autors, mag sein das es der Tonträgerindustrie nicht so gut geht, der Musik geht es gut.

    Je jünger desto differenzierter der Geschmack. Man hört heute ewin bischen Charts und ein bischen DIY-Musik, ein paar Remixe. Man browst auf Soundcloud und entdeckt Sets. Es gibt ein immens großes Wachstum und eine immens steigende Nachfrage für Konzerte und Festivals in Europa. Man nehme nur mal die Zahlen die FestivalGuide Magazin dazu veröffentlicht hat. Ein sehr großes Wachstum an Live gespielter Musik.

    Ich kann das Gefühl des Autors irgendwo verstehen und kenne viele alte Hasen denen es so geht.

    Vielleicht irre ich auch, aber da der Autor weder statistische Beweise oder irgendwelche Zahlen nennen kann, bleibt das ein Gefühl.

    Gerade im Bereich der elektronischen Musik besteht die Szene doch aus sehr vielen Kids und Bedrooom Produzenten die Hudson Mohawke, Julio Bashmore, SkrilleX, Rusko, Bobmo, Gesaffelstein, etc

    Es gibt so viele neue Genres, oft werden populäre Hits nur bekannt durch Remixe, Mash Ups. Die Musik lebt endlich.

    Als ich aufwuchs gab es Musik nur aus der Konserve MC, CD, Radio. Live gab es einmal im Jahr Rock am Ring und die ein oder andere Tour.

    Der bekannteste Deutsche DJ im Ausland ist Boys Noize, der bekannteste DJ hierzulande ist Paul Kalkbrenner. Die beiden Lebensläufe und kompromisslosen Gestaltungen ihrer Kunst geben Ausdruck, wie heutiger Erfolg aussieht. Man gucke sich die Zahlen deren Labels an.

     

     

    Ich möchte gerne noch erwähnen wie schlecht das deutsche Radio ist. Hier wird nur durchhörbarer Brei gehört.

    Ich empfehle BYTE FM. Das ist Musik. Super Programm, sehr gute Moderatoren und vielseitig.

     

    Das beste Beispiel ist das Phänmen Sommerhit.

    Fürher gab es Las Ketchup heyha, Saturday Night, Baby bla Songs.

    Was war diesen Sommer der Hit?

    Keine Wegwerfprodukte mehr.

    Bag Raiders sind 2011 durgestartet und zum Soommerhit geworden und sind dabei auch noch gut. Kein überspielen der Hits.

    Ein Kollege der noch zwei Stundne Fersehn, statt zwei Stunden Youtube am Tag guckt sagte mir, der Track sei durch die Werbung bekannt.

    Wie sagte Pedro Winter, Chef des Labels Ed Banger. Der Werbevertrag ist dr neue Plattenvertrag.

     

    Isngesamt war der Artikel sehr anregend Herr Goldmann.

  • B
    Ben

    Ich halte die Argumentation des Autors für falsch. Ich glaube das die Möglichkeit der kreativen entfaltung für Jedermann und die dadurch enstehende Bandbreite an neuen Ideen eine imense Bereicherung des kreativen Potentials insgesamt bedutet. Die geringe Aussicht auf kommerziellen erfolg führt doch gerade dazu, dass Musik der Musik willen und nicht des Geldes wegen gemacht wird und zwar nicht nur von wenigen "privilegierten" die den Luxus geniessen zugang zu teurem equipment bzw. Beziehungen zu den richtigen Menschen haben. Das DJ X aus Z auch umsonst auflegt bedeutet doch in keinster Weise das er "lustlos" sein Set runterleiert! Im gegensatz zu Berufs-oder "Star-" DJ ABC legt DJ X nämlich nur aus einem grund auf: Er möchte seiner Kreativität ausdruck verleihen. Dank der Verbreitung von jeglicher Musik für jeden auch noch so aussergewöhnlichen Geschmack kommen innovative Neuerung plötzlich aus teilen der Welt von Menschen die ohne das Netz erst Jahre später oder nie Musik des betreffenden Genres gehört hätten. Das Netz und die erschwinglichkeit von Equipment zum "Homeproducing" haben meiner Meinung nach einen riesigen Filter der kreativität von der gesamten Musik genommen.

  • J
    JFS

    Irgendwie liest sich der Artikel so, als wäre der Autor ziemlich enttäuscht. Enttäuschung und Verbitterung sind aber niemals gute Ratgeber, sie vernebeln den Blick auf die Welt. Sicher konkurrieren heute viele Künstler um Aufmerksamkeit, aber das ist schon wirklich lange so. Das Internet hat daran nicht so viel geändert - früher warens halt Kassetten, heute MP3-Dateien. Daraus abzuleiten, daß die Musiklandschaft heutzutage verloren ist, außer man baut was ganz neues und besetzt den "Teich" allein, ist mir eine etwas zu düstere Schlußfolgerung. Geprägt scheint sie mir, wie gesagt, von eher persönlicher Enttäuschung (man kann nur mutmaßen, weswegen) - und man sollte nicht vergessen, daß des Künstlers Leid das Glück des Musikhörers ist, der sehr einfach aus einem unglaublichen Angebot wählen kann, zur Not auch aufs Geratewohl, es ist fast immer was dabei. Ich bin mir sicher, das war in den "glorreichen" Zeiten der teuren Produktion nicht so.

     

    Daß Berlin DJ-verseucht ist, gut, das weiß glaub ich jeder, es hat mit der Sache aber recht wenig zu tun.

  • SA
    Schlers Albalas

    Goldmann hat wohl recht. Wegfall von Hürden führt nicht zum Besseren. Im Gegenteil, es mindert die echte Relevanz.

  • B
    blogblogblogblogblog

    Das hängt alles von der Musik ab, denn seitdem es normal ist nur noch zu klauen (Riffs, Bandnamen - was dann auch noch die Nazis auf die Idee brachte, dem Kulturimperialismus zu frönen und "Negermusik" zu kopieren und es nicht zu merken) macht es wesentlich mehr Spass die Originale zu entdecken. Die sind nämlich alle im Netz und fast durchgehend umsonst (noch, denn selbst die obskurste Punkband wird einfach von Rechteverwertern gebranded wie sie sonst Pflanzen patentieren); Problem für DJs: Nur Originale klingen gut und wer mit Laptop auflegt, ist eh kein DJ, sondern ein doofer Poser.

    Dazu setzt sich qualitativ hochwertige Musik z.b. aus Italien und Griechenland durch, weil die zu 98% überhaupt nie auf die Idee kamen, davon "zu Leben" und dementsprechend auch in ihren Texten wirklich was zu sagen haben.

    Und da diese "Indies" kein Geld für ihre Downloads verlangen, werden die halt eher gehört als die ganze Schrottscheisse ohne eigenen Sound, die dazu noch Geld kostet und von korrupten Medien gepusht wird - das merkt man allerdings nur, wenn man die Leute fragt, was sie denn so hören anstatt auf die Charts oder Radio zu schielen.

    Apropo "Indy": Der Begriff kommt zwar aus Mitte 80er Jahre, aber sowohl Bands vom "Schneeballvertrieb der Musiker" waren bereits in den frühen 70er "indy", genauso wie Punk/Hardcore, der anders garnicht entstanden wäre.

    Auch war es früher völlig normal, daß Bands live besser waren als auf Tonträger, weil sie nicht wie heute ihre Songs zuerst aufnahmen und dann nach spielten. Deshalb besteht überhaupt gar kein Grund darüber abzulästern, wenn Musiker nur noch real zu erleben sind. Wen das nervt, der soll seine eigene Musik machen.

  • H
    Haydar

    Der größte Fehler der meisten Künstler der Generation Web 2.0 ist es, sich auf die alten Strukturen zu stützen. Die Musikindustrie und die GEMA arbeiten nur für die, die eh schon dick im Geschäft sind. Dass es schon längst andere Modelle, wie Creative Commons und darauf aufbauende Vertriebsplattformen, wie Jamendo, gibt ist leider noch viel zu wenig bekannt.

  • AF
    Artsy Fartsy

    Die digitale Ära haben Adorno und Horkheimer als Teilchenbeschleuniger nicht voraussehen können, wohl aber die Verflachung und Inflation künstlerischer Erzeugnisse in der fortgeschrittenen Kulturindustrie. Wie wenig sie auch von populärer Musik verstanden, so sehr haben sie die Mechanismen ihrer Distributionsformen erkannt und vorausgeahnt.

    Der Musiker 2.0 findet sich indes mit den selben desolaten materiellen Verhältnissen konfrontiert, die in der bildenden Kunst schon lange Realität (z.B. keine Ausstellungsvergütung, Galeriemonopolismus, etc.) sind, wenn auch aus anderen -eher analogen- Gründen. Naja, willkommen in der Kulturindustrie!

  • G
    gomorrha

    das netz allein für die stagnation und eintönigkeit des musik-mainstreams, das aushungern des musiker berufs und die übersättigung des musikmarktes verantwortlich zu machen halte ich für stark übertrieben. desweiteren bezweifle ich eine aufmerksamkeitsbegrenzung.

     

    wenn 60 millionen firmen autos herstellen: wird jede firma ohne werbung, massiver investition und guten rücklagen kapitalisitisch/wirtschaftlich erfolgreich sein? nein. der markt ist einfach übersättigt.

     

    wenn nun der umstand dazukäme, das autos digital vervielfältig bzw (raub)kopiert werden könnten, würde dieser die situation drastisch verschärfen, zugegeben. aber er wäre nicht ursächlich hierfür.

     

    es machen zuviele leute GUTE musik. punkt. dass da nicht jeder von leben kann, zeichnet sich doch auch für den gewöhnlichen menschen ab. dass viele aber ungehört bleiben: mitnichten.

     

    zu den DJs muss ich sagen: dass sie die zahlen nennen ohne vermerk, das 50.000 für eine stadt vielleicht ein paar tausend zu viel sind, hilft ihrer argumentation nicht. auch hier greift ein anderes problem, was mit musik nur sekundär zu tun hat: das zahlende klientel, von dem diskobetreiber leben können, hat nunmal einen sehr eingeschränkten geschmack. andere musik-fans sind weniger zahlungsfreudig oder -kräftig. habe das schon am eigenen leib erfahren. ich möchte nicht eine 2. diskussion führen, nur herausstellen das wir hier ein anderen schlachtfeld betreten

     

    desweiteren hat das netz gegen das ,,rauschen" schon lebst lösungen erarbeitet, siehe lastfm. es war noch nie so einfach, als musiker gehör zu finden. youtube tut sein übriges. es gibt keine aufmerksamkeitsbegrenzung. wie immer gibt es lediglich eine begrenzung des Portemonnaie.

     

    auch die seitenhiebe auf die demokratisierung durch das netz halte ich für fehl am platz. worauf zielen sie ab? sollten wir wieder mehr durch künstliche zugangsverengung gesteuert werden? was genau würde sich ändern? die zahl derer, die von krativer musik leben können, auf jedenfall nicht. der wirtschaftliche erfolg ist ein trugschluss. halte ich kloschüsseln künstlich rar, bzw. die angebotsvielfalt, klar, dann leben die einzelnen klobauer prächtig. das heisst aber nicht im umkehrschluss, dass das erzeugen von kloschüsseln wirtschaftlich extrem lukrativ ist, wenn man sich seine kloschüssel frei aussuchen kann. ich halte es für wichtig und letztlich auch nötig, sich seine bildung/unterhaltung im netzt frei zu erweitern bzw. zu gestalten, und nicht auf ,,einwegschienen" angewiesen zu sein.

     

    ich kann die frustration von menschen, die sich mit leib und seele der musik verpflichtet fühlen, durchaus nachvollziehen, mein bester freund gehört dazu. ich habe verständnis für ihre situation. und ja, es kann passieren, dass die momentane problematik dazu führt, dass uns sein 2. oder 3. album, ein wohlmögliches meisterwerk, durch die lappen geht. aber musiker sind nicht die einzigen, die damit leben müssen, dass traum und wirtschaftlicher erfolg oft welten auseinander liegen. diese geschichte ist bereits ein ranziger schinken.

     

    eine wandlung einer gesellschaft konnte noch nie mit der wandlung der technik mithalten. das internet ist jung, ebenso die möglichkeiten der kreativen selbstverwirklichung für die massen. wir müssen die amazon-meachink wirken und die youtube-kultur gedeihen lassen. ich finde es sehr gut, dass sie und somit die taz diese problemematik zu erörtern sucht. auch akzeptiere ich die netz-skepsis mancher menschen. aber schade dass dieser durchaus gut geschriebener kommentar einschienig blieb.

  • DF
    Dr. Freud

    Sie erkannten: Wir leben in einer Aufmerksamkeitsökonomie.

  • I
    Indianer

    Merkwürdige Parallelwelten tun sich hier auf. Wer sich im Bereich der Rockmusik und der dortigen Indieszene umschaut, kann das Wehklagen kaum nachvollziehen. Schließlich ist es dort noch immer möglich, mit frischen Ideen, aber selbst mit aufgreifen der Werke der eigenen Vorbilder, seinen Platz zu finden. Leicht war das Musikbusiness allerdings noch nie für Musiker, was sich heute allerdings alles DJ nennt und noch nie ein Instrument gespielt hat, ist allerdings eine andere Sache.

  • MP
    MA pol D. Pavlovic

    Wer sagt denn, dass mit Musik Geld verdient werden muß? Und warum braucht man "berühmte" Musiker die gehypet werden? Mich stört vielmehr, dass die großen Plattenfirmen immer noch Geld und Macht besitzen bestimmte - ihnen genehme - Musik zu befördern. Erst wenn ihre Macht und ihre Einnahmen wirkungsvoll begrenzt oder beschnitten werden können sich die verdienten Meriten um die Musik - ob finanziell oder für den Ruhm - gerechter verteilen.

  • S
    stephan

    Das klingt alles ziemlich pessimistisch. Vorallem mit dem Glaube, dass professionell gemachte Musik auch gleichzeitig die bessere oder relevantere Musik war/ist. Das halte ich für einen Trugschluss.

     

    Und natürlich kann man sich natürlich nicht alles anhören bei der Flut an Veröffentlichungen heutzutage, aber da muss man eben persönlich herausfiltern, durch Musikmagazine und bestimmte Blogs geht das ja auch gut. Bei mir zumindestens, man muss sich natürlich mehr selbst kümmern. Früher waren dieser "Filter" eben die großen Plattenfirmen und Vertriebe, Fernshen, etc. die gesagt haben, das ist jetzt gut - hört das, kauft das, was es aber oft wirklich nicht war (Ich erinnere an die 80iger und 90iger, wo man wirklich mit viel "professioneller" scheisse viel geld machen konnte). Ich finde heute kommt trotzdem viel gute und relevante Musik raus, die sich eben nicht an bestimmte poprelevante Vorgaben hält/halten muss. Ich möchte jedenfalls nicht zu Zeiten gelebt haben, wo ich zwischen dem einen und dem anderen Übel wählen konnte (mal übertrieben gesagt).

     

    In einem Punkt stimme ich aber überein. Die digitale Verbreitung von Musik durch mp3s macht für mich auch keinen Sinn, das entwertet die Stücke schon sehr. Ich bin leidenschaftlicher Plattensammler und die Musik, die ich kaufe, ist oft sehr schnell auf Platte ausverkauft (natürlich sind die Auflagen kleiner als früher). Aber damit Millionen verdienen gibts eben nicht und es gibt auch nicht mehr solche "Superstars". Ich kann damit gut leben.

  • E
    Enrico

    Schöner Artikel. Habe mir gleich die "Le Sacre Du Printemps (Stefan Goldmann Edit)" bei Itunes geladen ...

  • JB
    J. Branca

    "Studiozeit und Vertrieb waren früher [vor den 1980er Jahren] so teuer, dass ausschließlich Großunternehmen sie finanzieren konnten."

     

    Großunternehmen wie Atlantic, Chess, Motown, Sun Records (1950er Jahre), Blue Horizon, Charisma, Chrysalis, DJJ,, EG, Immediate (1960er Jahre), Rock-O-Rama und Stiff (1970er Jahre) und zehntausende andere, ganz zu schweigen von "Großunternehmen" wie der Starr Piano Company (1910er Jahre), Decca (1920er Jahre), Capitol (1940er Jahre).

     

    "Mitte der 1980er ermöglichten diverse Neuerungen von der Vierspurtechnik bis zum Sampler nicht nur neue Musikstile, sondern verbilligten auch den Zugang. Die "Indies" waren geboren."

     

    Viespurtechnik gab es schon 20 Jahre vorher. Wichtiger war die Einführung von Bandaufnahmen in den 1950er Jahren.

     

    "Den Majors, den vermeintlichen Dinosauriern der Musikwirtschaft, kam das sehr entgegen. Umsatzstarke Künstler werden nun unter Einschluss der gewinnträchtigen Auftritte, Verlagsrechte und Fan-Artikel vermarktet. Die großen Summen in den Bereichen Konzert, Werbung und Film gehen dadurch nach wie vor an die Majors und daran ändert bisher keine vermeintliche "Demokratisierung" etwas."

     

    Gibt es dafür Beispiele? 360-Grad-Verträge gibt es erst seit ein paar Jahren. Nahezu alle Künstler, die mit Konzerten nennenswerte Einnahmen erzielen (Madonna, Paul McCartney, Prince, Bruce Springsteen, U2), teilen diese nicht mit den Labels.

     

    "Absurderweise hat der Wegfall jeglicher Hürden zum Musikvertrieb hingegen vor allem unabhängigen Plattenfirmen den Garaus gemacht."

     

    2010 hatten "unabhängige" Lables in Amerika einen Marktanteil von rund 30 Prozent (und beim Download von Alben von 37 Prozent).

     

    Jede einzelne Satz des Artikels zeigt, dass der Verfasser keine Ahnung von der Musikindustrie hat.

  • R
    reason

    super artikel, auf den punkt und sachlich korrekt ;-)

     

    qualität setzt sich durch, die frage ist, in welchen kategorien? kommerziell sicherlich nicht. jedenfalls '11 nicht. nach dem ende der "männer singen mit hohen stimmen auf billigste schlagermelodien im elektrogewand" - ära kanns nur besser werden