Musikbranche bekämpft Umsatzrückgang: Bußgeldforderungen zeigen Wirkung
Im zehnten Jahr in Folge hat die Musikbranche einen Umsatzrückgang zu beklagen. Dabei wird wegen des "juristischen Drucks" inzwischen weniger illegal heruntergeladen.
BERLIN taz Die Deutschen kaufen wieder mehr Musik. Im vergangenen Jahr erwarben knapp 41 Prozent der Bevölkerung CDs, kostenpflichtige Internetangebote oder Musikvideos - das ist der höchste Stand seit fünf Jahren. Die deutsche Musikindustrie ist dennoch unsicher, ob sie "bereits am Boden des Eimers steht oder ihn nur besser sieht", wie Dieter Gorny, Vorstandchef des Bundesverbands Musikindustrie am Donnerstag sagte. Denn der Umsatz mit Musik ging das zehnte Jahr in Folge zurück - seit 2000 hat er sich um über ein Drittel auf jetzt 1,6 Milliarden Euro verringert.
Die Schuldfrage ist für Gorny schnell geklärt: es liegt an den illegalen Angeboten im Internet. Etwa 312 Millionen Songs wurden 2007 in Deutschland von Tauschbörsen heruntergeladen. Vor fünf Jahren waren es noch doppelt so viele. Die Branche ist inzwischen von moralischen Appellen zu juristischen Schritten übergegangen. "Der massive juristische Druck war zwar erfolgreich, kann aber nur eine Zwischenlösung sein", so Gorny.
Diesen Druck bekamen im vergangenen Jahr 40.000 Menschen zu spüren - mit Abmahnungen und Bußgeldforderungen meist im vierstelligen Bereich. Zu hart sei das nicht, sondern angemessen, so Gorny. Immerhin handle es sich um Diebstahl von geistigem Eigentum. Fünf Millionen Euro Bußgeld nahm die Branche durch die Klagewellen 2007 ein, die Einnahmen sollen in musikpädagogische Projekte fließen. Für den Kampf gegen Internetpiraterie sollten nun auch die Provider in die Pflicht genommen werden. "In Frankreich und England werden Warnhinweise versendet, teilweise auch die Anschlüsse abgeschaltet."
Die Branche sucht sich unterdessen neue Erlösquellen: Durch Künstler- und Konzertmanagement sowie den Verkauf von Lizenzen und Fanartikeln soll der Umsatz wieder steigen. Das Potenzial liegt nach Branchenangaben immerhin bei 10 bis 20 Prozent des Gesamtumsatzes. Die Leidtragenden sind vor allem die Konzertagenturen, die das Live-Geschäft bisher dominierten. Gorny nennt das einen "ganz normalen Verteilungswettkampf".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!