: Musik für AllergikerInnen: Frühlingsklänge aus den abgeschotteten Räumen der Stadt
Es wird Frühling, keine Frage, denn die Pollen, die des Allergikers Atemwege bis in den Juni angreifen, irren sich nicht. Neben dem täglichen Haarewaschen, dem Nicht-Öffnen der Fenster und der Einnahme aller möglichen natürlichen und chemischen Mittel ist ein sehr probates Rezept: Bloß nicht nach draußen gehen!
Wem schon nach kurzer Zeit die Decke auf die Ohren fällt, sei hiermit weitergeholfen. Ein nasses Tuch findet sich überall, das schlagt Ihr um Mund und Nase und schon könnt Ihr Euch aufmachen in verqualmte, laute, gerammelt volle und ganz bestimmt pollenfreie Konzertsäle. Für heute abend ist das Louisiana Blues Festival in der Schauburg (14.3., 20 Uhr) angesagt mit dem smarten Sänger Johnny Adams sowie dem Saxophonisten Grady Gaines And The Texas Upsetters. Aber nicht vergessen: Seid vor 3 Uhr morgens zurück, dann beginnt der stärkste Pollenflug.
Am Wochenende, genauer am Samstag, sei vor Erlenblüten gewarnt, die sind jetzt ganz stark im Kommen, wie wäre es also mit einer langen Nacht im Lagerhaus in der Schildstraße? Die aus der „Wehrschloßszene“ stammenden Jelly Phlegma haben nicht nur einen netten Namen, sondern stellen den BremerInnen auch ihr neues Album vor. Kategorisierungen wie laut, kraftvoll, komplex und nie langweilig, treffen ihre Musik am besten. Die Hamburger Girls Under Glass werden ihrerseits eine neue LP präsentieren. Sie sind auch beim Bremer Strange Ways-Label erschienen, spielen aber mit viel Keyboard-Gewummere und dunklem Bombast. Danach gibt's die Lagerhaus-Fete bis tief in die Nacht.
Für alle, die lieber in Hastedt abrocken und weiche Ohren bevorzugen, seien zur selben Zeit im Wehrschloß die Kalifornier Assasins of God empfohlen. Sie spielen überhaupt nicht geradeaus wie die Groninger Thuds, die vorher drauflos-kloppen, sondern immer um die nächste Ecke. Noch dabei: Flowerbuds aus Lübeck.
Am Sonntag, 19 Uhr wird es in der Kesselhalle im Schlachthof derart ernst, daß wir unsere Frühblüher-Unverträglichkeit für einige Stunden vergessen müssen, angesichts des personifizierten Leidens auf der Bühne. Den kurdischen Sänger und Musiker Shivan Perwer kündigt das Pressematerial zur Reihe Roots Nights mit Reizvokabeln wie „Kampf“, „erschütternd“, „ausgelöscht“ oder „Folter“ an, aber auch seine traditionelle kurdische Musik ist einen Besuch wert.
Und nicht vergessen, am 27.3. spielt Robert Fripp und ab Montag funktioniert wieder die telephonische Pollenvorhersage (11601). Cool J.F.
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