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MuseumsserieRohe Kunst, kleine Preise

Im Schleswiger "Museum für Outsiderkunst" lassen sich die Werke geistig behinderter oder körperlich erkrankter Künstler aus dem Schlei-Klinikum betrachten. Wer will, kann sie sich gegen eine geringe Gebühr auch gleich für die eigenen vier Wände ausleihen.

Kann geliehen oder gekauft werden: Kunstwerk aus der Artothek des Outsider-Museums. Bild: Museum für Outsiderkunst

Herr Paulsen malt gerne Staatsoberhäupter und Königspaare. Äußerst gut gelaunt schauen die uns an, Gesichtsausdruck und Garderobe sind in kräftig-bunten Pastellkreidetönen gehalten, als gäbe es unter ihren Augen nichts Schlimmes mehr auf Erden. Emiehl Päffel dagegen hat es nicht so mit dem Zeichnen und Malen und der Zentralperspektive. Er schreibt lieber kleine Geschichten und schmückt sie so beharrlich wie liebevoll aus zu grafisch illustren Buchstabenbildern.

Was lag da näher, als das sich Herr Paulsen alias Uwe Paulsen und Emiehl Päffel alias Siegmund Ludwig zusammentaten, um gemeinsame Werke zu schaffen? Wo doch beide im nahe gelegenen Schlei-Klinikum leben und dort seit langem in der Malwerkstatt schaffen, aus der sich die allermeisten Künstler und Künstlerinnen des "Museums für Outsiderkunst" in Schleswig an der Schlei rekrutieren.

Outsiderkunst? Barbara Leonhard schüttelt den Kopf. Sie mag diesen Begriff, mit dem in der angelsächsischen Kunstszene Kunst von geistig behinderten oder erkrankten Menschen bezeichnet wird, so gar nicht. Lieber greift sie den Slogan der Art Brut, der "rohen", "unverbildeten" Kunst des französischen Malers Jean Dubuffet auf, der als einer der entscheidenden Förderer dieser Kunstsparte gilt.

Barbara Leonhard, selbst bildende Künstlerin, ist die Kuratorin des kleinen Museums am Ende der Schleswiger Fußgängerzone, das von der Stadt Schleswig und dem dortigen Stadtmuseum sowie dem Schlei-Klinikum unterhalten wird. Trotz Unterstützung durch einen Freundeskreis des Museums muss sie viel Arbeit ganz alleine schultern. 40 Stunden hat sie dafür zur Verfügung: für die Betreuung der Künstler, für die Planung und Konzeption von Ausstellungen, für die Pressearbeit, für Führungen, für das Hängen und Abstauben der Bilder und nicht zuletzt für die Betreuung der Artothek, dem zweiten, ganz wichtigen Standbein des Museums. 40 Stunden pro Monat! Nicht pro Woche.

Beheimatet ist das Museum im westlichen Flügel eines einstigen Armenstiftes, das Johann Adolf Kielmann von Kielmannseck 1656 erbauen ließ. In den zwölf backsteinernen Kammern, in denen heute Kunst hängt, wohnten damals je fünf Männer und Frauen sowie zwei besonders bedürftige Verwandte des Stifters. Damit der Besucher nicht vergisst, welche Geschichte der Ort hat, schließt sich am Ende eine kleine Kapelle an. Im östlichen Flügel des Hauses ist ein kleines Heimatmuseum der aus Ostpreußen Vertriebenen untergekommen, das aufgrund des hohen Alters seiner Klientel recht still vor sich hin dümpelt. Kontakt hat man untereinander nicht.

Und ja - die Artothek! Die ist im ersten Stock untergebracht und dort kann der Besucher nach Herzenslust in Mappen blättern oder sich durch die Bildbestände der Künstler des Museums arbeiten. Dabei wird er auch auf die Königsporträts des Herrn Paulsen und die Geschichtenbilder des Emiehl Päffel stoßen. Und das Allerbeste: Es ist überhaupt nicht teuer, sich eines der Bilder auszuleihen und es fortan daheim an der Wand hängen zu haben. Es ist sogar beschämend billig: 24 Euro pro Bild für Privatpersonen; 36 Euro für Gewerbliche. Pro Jahr! Und die Bilder sind gerahmt.

Allerdings sollen Privatpersonen nicht mehr als zwei, drei Bilder ausleihen; bei gewerblichen Kunden sind sechs Werke die Grenze. "Das ist doch ein tolles Angebot etwa für die Arztpraxen, die seit Jahrzehnten ihre Patienten mit den immer gleichen Chagall-Drucken im Wartezimmer langweilen", sagt Barbara Leonhard.

Sie selbst plagt derweil eine ganz andere Sorge: Wie soll sie angesichts der Sparwut, mit der die schleswig-holsteinische Landesregierung ihren Haushalt zu sanieren trachtet, ihr Haus bewerben? Soll sie sich so richtig ins Zeug legen und das Museum stadt- und landbekannt machen? Oder sich lieber wegducken, damit die in Kiel gar nicht erst daran erinnert werden, dass man hier im fernen Schleswig auch noch ein paar Euro einsparen könnte? Es sieht deutlich so aus, als würde sie sich für die erste Möglichkeit entscheiden: Mit viel Überredungskunst ist es ihr jüngst gelungen, die Öffnungszeiten auf den Samstag auszudehnen.

Auch sonst hat sie die Erfahrung gemacht, dass vieles möglich ist, was im ersten Moment aussichtslos erscheint: Als sie im Herbst 2008 in das Projekt einstieg, hatte sie bald die Idee, mal mit der Hamburger Künstlergruppe "Die Schlumper" zu kooperieren. Und stieß auf große Skepsis: Warum sollten die so bekannten, die so erfolgreichen und in der Szene geradezu berühmten Schlumper sich ausgerechnet auf ins provinzielle Schleswig machen? Barbara Leonhard griff zum Telefonhörer, die Schlumper waren begeistert und aus einer Idee wurde im Handumdrehen eine Ausstellung.

"So muss man das machen", sagt die Kuratorin noch, während zwei Besucher vorsichtig eintreten und ein wenig die Köpfe einziehen, denn die Decken und Durchgänge sind klösterlich niedrig. Sie wollten mal schauen, was das eigentlich für ein Haus sei. In Kürze werden sies wissen.

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