: Muscheln und Wasserball
Spandau 04 geht bei Vermarktung und Präsentation neue Wege. Showeinlagen und gutes Essen am Beckenrand sollen die Sportart attraktiver machen. Nebenbei gewinnt Spandau noch den Super Cup
von MANUEL HOLSCHER
Show und Sport gehen heutzutage immer mehr Hand in Hand. Die Idee des Sport-Events wurde in Amerika perfektioniert. Beim Wasserball-Rekordmeister Spandau 04 wollen die Verantwortlichen den gleichen Weg gehen. Showeinlagen sollen die sonst nicht gerade zahlenreichen Zuschauerzahlen in die Höhe schnellen lassen. Aber wieso gerade beim Wasserball?, fragen sich viele Beobachter. Die Sportart hat ohne Zweifel ihren Reiz, aber trotzdem liegt auf ihr der Stempel „Randsportart“.
Ein Mann hat sich zum Ziel gesetzt, Wasserball in die Liga der attraktiven Sportarten zu katapultieren: Florian Sinnig. Hauptberuflich gehören ihm die „12 Apostel“, Restaurants, von denen es in Berlin mehrere gibt. „Seit 10 Jahren betreibe ich die ‚12 Apostel‘. Mit der Zeit habe ich eine neue Herausforderung gesucht. Ich liebe Sport. Deshalb wollte ich mich unbedingt engagieren.“ Primär wollte Sinnig eigentlich etwas beim Hanball machen, „die Chancen in Berlin sind diesbezüglich aber nicht so gut“.
Zum Masseur von Spandau 04 unterhielt der Restaurantbesitzer schon lange gute Kontate und so trug es sich zu, dass sich Sinnig Anfang August mit einem Konzept beim Vorstand der Wasserfreunde vorstellte. „Er wollte die komplette Präsentation umgestalten. Wir waren anfangs natürlich etwas irritiert, konnten uns aber schnell mit vielen Ideen identifizieren“, erzählt Spandaus Marketingmanager Sven-Uwe Dettmann.
Seit Sinnig die Gestaltung der Heimspiele ünbernommen hat, ist in der ruhigen und vorher wenig beachteten Welt des Wasserballs alles anders. „Die Medien beachten den Sport endlich mit Interesse. Die Spieler arbeiten neben dem Training noch und bekommen jetzt endlich die nötige Aufmerksamkeit. Denn sie leisten wirklich viel“, freut sich Florian Sinnig.
So wurde auch das Super-Cup-Spiel zwischen Meister Spandau 04 und Pokalsieger Waspo Hannover am Samstag aufgezogen wie der Super-Bowl beim American Football. Vor dem Spiel sang Nathalie Kollo mit Spandaus Spieler Marko Savic die Nationalhymne. Die Minuten vor der Partie zelebrierte der Veranstalter auf eine Weise, wie man sie sonst aus der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA kennt. Mit Beginn der Partie startete auch die Bewirtung der Gäste, die einen Tisch direkt am Beckenrand hatten. Inmitten von duftenden Muscheln und golden sowie rot geschmückten Wänden plantschten noch beide Mannschaften, um den Wasserball-Super-Cup-Sieger zu ermitteln. Trommler und eine südamerikanische Tänzerin gaben den Zuschauern das Gefühl, sich beim Karneval zu befinden. Der Sport an sich gerät dabei schnell zur Nebensache. Der deutliche 20:4-Sieg Spandaus ging in den direkt nach dem Spiel beginnenden Feierlichkeiten mit einer Liveband in der Empfangshalle etwas unter.
„Wir haben sicherlich das Bestreben, den Sport im Vordergrund zu halten, und müssen uns dabei mit Florian Sinnig abstimmen. Aber um ein ganz bestimmtes Publikum anzusprechen, müssen wir neue Wege gehen“, verteidigt Dettmann die vielen Showeinlagen. Florian Sinnig sieht die Entwicklung erst am Anfang: „Ich habe sehr viel Lust, die Großen wie Hertha oder Alba zu ärgern. Es wird sicherlich eine bis drei Spielzeiten dauern, bis sich ein kontinuierlicher Erfolg einstellt. Dass aber jetzt 700 bis 900 Zuschauer in der Schwimmhalle Schöneberg sind, wo vorher 40 waren, spricht doch dafür, dass das Konzept angenommen wird. So soll es weitergehen.“ Amerika lässt grüßen – bleibt zu hoffen, dass der eigentliche Event Wasserball dabei nicht absäuft.