Multioptional: Gefühlte Trends
Die Angebote sind vielfältig. Wegen der Krise fahren die Urlauber mehr in die nähere Umgebung
Auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin können sich Privatbesucher am 13. und 14. März einen Überblick über die Reiseziele dieser Welt verschaffen. Multioptional. Rund 11.000 Aussteller aus 180 Ländern informieren über neueste Trends und Angebote der Reisebranche. Auch in diesen schwierigen Zeiten sei die Leitmesse der Tourismusindustrie ausgebucht, sagt ITB-Direktor Martin Buck. Das diesjährige Partnerland Türkei will den Besuchern seine Vielfalt in Halle 3.2 näherbringen. Dort können die Gäste durch einen nachgebildeten Basar Istanbuls und durch das Modellportal der Divrigi-Ulucami- Moschee schlendern. Die Türkei sei Krisengewinner, sagt Stefan Nigg von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK): „Weil sie stark im All-Inclusiv-Bereich ist und die Kosten dadurch planbar sind. Der zweite Grund ist, dass die Urlaubsdauer dort sehr flexibel gebucht werden kann.“
Dass auch der Tourismus die Folgen der Krise zu spüren bekommt, ist zwangsläufig: Reiseunternehmen und Reedereien kündigen Entlassungen an, die amerikanischen Airlines, aber auch die Lufthansa stehen schlecht da, und das Wachstum in der Branche stagniert. Weltweit ist der internationale Tourismus im Jahr der Weltwirtschaftskrise rückläufig gewesen, die Zahl der Gästeankünfte ist um etwa 5 Prozent zurückgegangen (UNWTO). Auch in Deutschland gab es nach den Erkenntnissen des Statistischen Bundesamtes weniger Besucher aus dem Ausland (minus 4 Prozent), die leicht wachsende Inlandsnachfrage sorgte aber für einen Ausgleich. Das entspricht auch den Ergebnissen einer Umfrage der Stiftung für Zukunftsfragen: Die Urlauber tendieren wegen der Krise zu billigeren und näher gelegenen Zielen. „Statt Wärme, Ferne und Weite heißt es eher: Kurz und nah, weil man sich da nicht so früh festlegen muss“, sagt Nigg von der GfK.
Im Jahr 2009 verbrachten 38 Prozent der Befragten die Ferien in Deutschland. 2005 waren das erst 32 Prozent. Außerdem fahren laut Umfrage wieder mehr Familien mit dem Auto in den Urlaub statt mit dem Flugzeug. Im Inland war Bayern das beliebteste Ziel vor Ostsee und Nordsee. Bei den Auslandszielen der Deutschen liegt weiter Spanien an der Spitze vor Italien. An dritter Stelle landete die Türkei vor Österreich.
Auch die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Freizeit F.U.R. erwartet eine leichte Erhöhung des Anteils der Inlandsreisen. Sie sieht aber auch eine weitere Differenzierung bei Auslandsreisen. Die Urlauber seien „multioptional“ und sehen in vielen Destinationen die Möglichkeit, ihre Urlaubsbedürfnisse zu befriedigen. Reiseziele würden dadurch immer austauschbarer, selbst wenn sie sich objektiv unterscheiden. Das gilt analog auch für die Urlaubsformen. Die Klassiker bleiben 2010 aber auch hier: Strand-, Ausruh-, Natur-, und Familienferien. Wachstum ist in bislang kleineren Segmenten wie Kreuzfahrt, Radreisen und Wellness zu erwarten.
10.-14. März, 10-18 Uhr. Fachbesucher: 10.-14. März; Privatbesucher: 13./14. März. Infos zu den Eintrittspreisen an allen Tagen sowie dem Ticketshop finden Sie unter www.itb-berlin.de/eintrittskarten. Eine Tageskarte kostet 14 Euro.
Die Reiseindustrie müsse die Erwartung erfahrener, anspruchsvoller und sehr flexibler Kunden erfüllen, weiß die Forschungsgemeinschaft. Ob sich das auch in Qualität und Nachhaltigkeit umschlägt, ist allerdings fraglich. Umwelt und Nachhaltigkeit haben im Tourismus trotz vieler Lippenbekenntnisse bislang keinen bedeutenden Stellenwert. Letztlich würde das Verhalten der Reisenden wie auch der Tourismusbranche von ökonomischen Gesichtspunkten wesentlich bestimmt, so das Fazit einer Studie des Bundesumweltamtes. Eine Verhaltensänderung sei nur erreichbar, wenn finanzielle Anreize für umweltverträgliches Verhalten geschaffen werden und umweltschädigendes Verhalten teurer wird.
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