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Multikulti-PresseZur Hälfte griechisch

■ Teil 1 der Serie über Immigrantenmedien in Deutschland. Heute: die Zeitschrift „Chronica“

Charalampos Ioannou und Michael Laser haben einen Grund zum Feiern: Im Februar erschien die 30. Ausgabe der deutsch-griechischen Kulturzeitschrift Chronika. Als sie im August 1994 die Nullnummer produzierten, hatten die beiden Buchhändler aus Berlin ein klares Ziel: Ein Medium „gleichermaßen für Griechen wie für Deutsche“ zu schaffen. Von diesem Anspruch verabschiedeten sie sich recht bald, denn es stellte sich heraus, daß die Griechen dem in Berlin produzierten Magazin ein eher geringes Interesse entgegenbrachten. Obwohl sich die Leserschaft bei „90 Prozent Deutschen, 10 Prozent Griechen“ einpendelte, änderte sich an dem zweisprachigen Konzept wenig: Jeder Text, ob in deutscher oder griechischer Sprache abgefaßt, wird in die jeweils andere Sprache übersetzt.

Überwiegend Akademiker beider Nationalitäten schreiben in dem 16 Seiten starken Magazin. Von archäologischen Entdeckungen reicht das Themenspektrum über zeitgenössische Kunst und Musik bis hin zu allen Formen bilateraler Kulturprojekte. Ein internationaler Serviceteil weist auf Veranstaltungen hin.

Die inhaltliche Stoßrichtung von Chronika umschreiben die Macher mit „kulturell“. Ganz stimmt das jedoch nicht, denn es werden durchaus politische Themen angeschnitten. So ihm Rahmen der Debatte um die griechische Forderung von Reparationszahlungen an die Bundesrepublik. Während in deutschen Medien die Hintergründe der Debatte weitgehend ausgeblendet wurden, erschien dazu in Chronika eine historisch-politische Analyse.

Trotzdem: Weder der Grieche Ioannou noch der Deutsche Laser wollen in die „politische Ecke“ gedrängt werden, und dies hat seinen Grund. „Sobald du einen politischen Anspruch vertrittst“, erläutert Herausgeber Charalampos Ioannou, „mischen sich Politiker ein.“ Dies sei im übrigen ein Problem aller Immigrantenmedien, die oftmals von politischen Parteien der Herkunftsländer instrumentalisiert würden.

Preis für die Unabhängigkeit ist die relativ niedrige Auflage von 2.000 Exemplaren, von denen 800 im Abonnement vertrieben werden. Abnehmer sind, außer Privatpersonen, meist Schulen und Hochschulen in Westdeutschland und Griechenland. Wie die taz wirbt auch Chronika für etwas teurere „Förderabos“, die die wirtschaftliche Situation der Zeitschrift entkrampfen sollen. Die ist im übrigen nicht so schlecht, wie man denken müßte: Nach drei Jahren unermüdlicher Anzeigenakquise und Eigenwerbung haben Iannou und Laser es geschafft, daß Chronika sich selbst trägt. Mirko Heinemann

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