Multi-Kulti-Post von rechts

Parlaments-Karikatur der DVU ist keine Volksverhetzung: ehemaliger Parteivorsitzender Sven Eggers freigesprochen  ■ Von Elke Spanner

Amtsrichter Michael Kaut hat Freunde mit Humor. Allesamt hätten sie geschmunzelt, als er ihnen die Karikatur vorlegte, welche die Deutsche Volksunion (DVU) im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf 1997 unter der Überschrift „Multi-Kulti“ per Post versandte. Und auch er könne beim Betrachten des gezeichneten Parlamentes, in dem sich offensichtlich aus dem asiatischen und schwarzafrikanischen Raum stammende Menschen Drogen spritzen, mit Waffen dealen und sich prostituieren, „beim besten Willen nicht feststellen, daß dadurch Ausländer verunglimpft werden und sich alle Empfänger in Pogromstimmung befinden müßten“. Mit dieser Begründung sprach Kaut gestern Sven Eggers, 1997 Hamburger Landesvorsitzender der DVU, vom Vorwurf der Volksverhetzung frei.

Als die Postwurfsendung Mitte September 1997 in einer Auflage von mehreren Hunderttausend in die Briefkästen flatterte, gab es durchaus andere Meinungen zu der Karikatur. Zahlreiche in Hamburg lebende AusländerInnen erstatteten Strafanzeige gegen die Rechtspartei. Diese Anzeigen wertete Kaut gestern als „Mittel bestimmter Kreise, das Gericht einzuspannen in ihren Kampf gegen die politisch mißliebige Partei DVU“. Wohl finde auch er das Bild „unmöglich und geschmacklos“. Es entspreche aber gerade dem Wesen einer Karikatur, daß sie einen Zustand überzeichne. Um den Straftatbestand der Volksverhetzung zu erfüllen, müsse die Karikatur geeignet sein, Teile der Bevölkerung verächtlich zu machen. Würde man das bei der DVU-Zeichnung bejahen, so Kaut, „könnten sich auch die Bayern durch eine Karikatur des Bayern-Sepp“ verunglimpft fühlen, „ohne das jetzt vergleichen zu wollen“.

Der Richter fügte hinzu, daß er Mut aufbringen mußte, „in der heutigen Zeit so ein Urteil zu sprechen“. Ursprünglich hatte er den Prozeß gar nicht erst führen wollen. Dazu hatte ihn jedoch das Landgericht gezwungen, nachdem die Staatsanwaltschaft das beantragt hatte.

Daß die Karikatur keine Volksverhetzung sei, hatte nicht einmal der Angeklagte Eggers selbst dem Gericht vorgetragen. Er hatte sich nur mit dem Argument verteidigt, daß er die Postsendung nicht gekannt habe, ehe sie mit seinem Namen als presserechtlich Verantwortlichem versehen in den Hamburger Briefkästen lag. Zum Beweis offenbarte er, daß die Fäden für die Politik der rechtsextremen Partei in den einzelnen Bundesländern ausschließlich in München gezogen werden. Er selbst lebt in Bayern – war aber Landesvorsitzender in Hamburg. Die Flugschriften, so Eggers, habe der Bundesvorstand verfaßt und dann ohne sein Wissen seinen Namendarunter gesetzt. Da er ihm nicht das Gegenteil beweisen konnte, mußte auch der Staatsanwalt sichtlich verärgert auf Freispruch plädieren.