Mugabe-treue Sicherheitskräfte: Schlägern droht Ende der Straffreiheit
Ein Gericht in Südafrika erklärt sich befugt, gegen Simbabwer wegen Folter zu ermitteln. Opfer der Polizisten ist der heutige Premierminister Morgan Tsvangirai.
JOHANNESBURG taz | Südafrikas Justiz muss Folter und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im benachbarten Simbabwe verfolgen. Mit dem am Montag in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria ergangenen Urteil ist zunächst ein jahrelanger Kampf simbabwischer Exilanten gewonnen worden. Die Regierung von Präsident Robert Mugabe in Simbabwe hat das Urteil abgetan: Es bringe die südafrikanische Justiz in Verruf, schreiben Mugabe-treue Medien.
„Das Urteil wird den Machthabern in Simbabwe, die glaubten, sie würden niemals für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden, einen Schauer über den Rücken jagen“, sagt Nicole Fritz, Direktorin des Southern Africa Litigation Centre (SALC). „Jetzt müssen sie sich Untersuchungen seitens der südafrikanischen Behörden stellen.“ Die Menschenrechtsorganisation hatte zusammen mit dem Zimbabwean Exiles Forum (ZEF) den Fall vor das Gericht gebracht.
Konkret ging es um einen Überfall Mugabe-treuer Sicherheitskräfte auf die Parteizentrale der wichtigsten simbabwischen Oppositionskraft MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) im Jahr 2007. MDC-Chef Morgan Tsvangirai, heute Premierminister, wurde außerdem bei einer öffentlichen Versammlung von Polizisten brutal geschlagen und verhaftet. Es war die blutige Vorwahlkampfzeit vor der gefälschten Wiederwahl Mugabes zum Präsidenten 2008.
In Haft wurde Tsvangirai damals gefoltert. Seine Anwälte hatten berichtet, er sei dreimal ohnmächtig geworden. Sein Gesicht war geschwollen und von Schlägen gezeichnet. Niemand ist für diese Taten in Simbabwe zur Rechenschaft gezogen worden. Auch das gewaltsame Eindringen in das MDC-Hauptquartier und die Festnahme von etwa 100 MDC-Offiziellen und Anhängern endete für viele mit Folter in Polizeigewahrsam, die Polizisten aber blieben straffrei.
Ein wichtiger Schritt
Richter Hans Fabricius verkündete jetzt, dass Südafrikas Strafverfolgungsbehörden und Polizei unrechtmäßig gehandelt hätten, als sie den Ermittlungsantrag von SALC zu diesen Vorfällen nicht weiterverfolgten. Südafrika sei dazu als Mitgliedsstaat des Rom-Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs verpflichtet. Die für die Übergriffe Verantwortlichen müssten verhaftet werden, falls sie südafrikanischen Boden beträten.
Die Folgen des Urteils gehen über den Einzelfall hinaus. „Es hat viel weitere Auswirkungen: Südafrika hat die Pflicht, internationale Verbrechen zu verfolgen, wo immer sie begangen werden“, meint Nicole Fritz. „Das ist ein wichtiger Schritt für die internationale Justiz.“ Zunächst aber ist ein Einspruch gegen das Urteil vor dem Verfassungsgericht möglich.
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