■ Motive und Folgen der Kämpfe zwischen Peru und Ecuador: Der Krieg und die Wahlen
In Ecuador begannen sich in den Wochen vor Ausbruch des Konflikts die ersten positiven Folgen eines harten Strukturanpassungsprogramms einzustellen. Der Preisauftrieb ließ nach, die Inflation wurde unter dieser Regierung von 70 Prozent auf unter 20 Prozent gedrückt, der Wechselkurs hatte sich stabilisiert, und die Währungsreserven erreichten ein historisches Hoch von 1,7 Milliarden Dollar. 1995 sollte das Jahr des Aufschwungs werden. Die programmierten Leistungen zur Verringerung der Außenverschuldung machten den Weg für neue Kredite frei. Präsident Sixto Durán konnte hoffen, sein Popularitätstief dank der wirtschaftlichen Erholung zu überwinden.
Der kriegerische Konflikt mit dem mächtigen Nachbarn hat zwar einen Solidarisierungseffekt ausgelöst, dem sich weder die Gewerkschaften noch die Oppositionsparteien entziehen können, eine kontroverse Debatte über Verfassungsreformen wurde gestoppt, demonstriert wird nur mehr gegen Peru. Doch wenn die Rüstungskosten den Wirtschaftsplan zunichte machen, stehen der Regierung nach dem Waffenstillstand harte Zeiten bevor.
Auch Perus Staatschef Alberto Fujimori kann bei einer Verlängerung des Konflikts nur verlieren. Denn die von Auslandsinvestitionen viel abhängigere peruanische Ökonomie bekommt das Ausbleiben der kopfscheu gewordenen transnationalen Unternehmer viel stärker zu spüren. Fujimori hat am Wochenende in einem Interview zugegeben, daß sein Eroberungsfeldzug von langer Hand geplant war und die Annäherung an Ecuador in den vergangenen Jahren rein taktische Gründe hatte, um nämlich die Armee für den internen Konflikt mit der Guerilla des „Sendero Luminoso“ frei zu machen.
Peru ist das lateinamerikanische Land, das in seiner postkolonialen Geschichte am meisten internationale Kriege gefochten hat. Gegen Ecuador waren die militärisch weit überlegenen Peruaner immer siegreich, und nach dem Protokoll von Rio de Janeiro, das ihnen ein Drittel des ecuadorianischen Territoriums zusprach, konnten sie in einer Salamitaktik weitere Scheibchen vom nördlichen Nachbarland abschneiden. Auch diesmal dürfte die peruanische Armee vorgehabt haben, ein Stück Land militärisch zu besetzen, in Friedensverhandlungen eine Entmilitarisierung der Konfliktzone zu erreichen und anschließend das von den Ecuadorianern geräumte Territorium in Besitz zu nehmen. Aber erstmals ist es dem südamerikanischen David gelungen, Goliath in Schach zu halten. Nun wurde gar Waffenstillstand verkündet.
Ein schneller Sieg und Gebietsgewinn hätten Fujimori zweifellos das Plus an Popularität gebracht, das er braucht, um bei den Wahlen am 9. April schon in der ersten Wahlrunde die absolute Mehrheit zu erreichen. Die Zementierung des Status quo ante durch internationale Beobachter, wie sie gerade mit Unterhändlern der Garantenstaaten Argentinien, Chile, Brasilien und USA diskutiert wird, wäre eine politische Niederlage und könnte Fujimori die Wiederwahl kosten. Ralf Leonhard, Quito
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