Moschee-Einweihung: Islam-Gegner formieren sich
Berliner CDU-Abgeordneter gründet eine Zweigstelle von "Pax Europa" in Berlin - ein Verein, der Europa vor der Islamisierung retten will.
Die Ahmadiyya-Moschee in Heinersdorf konnten sie nicht verhindern. Jetzt setzen sich deren Gegner höhere Ziele: Nach Informationen der taz gründeten sie Ende September in Spandau einen Berlin-Brandenburgischen Landesverband der Organisation "Pax Europa". Die hat sich dem Kampf gegen die "schleichende Islamisierung Europas" verschrieben.
250 Gäste erwartet die Ahmadiyya-Gemeinde am Donnerstag zur Eröffnung ihrer neuen Moschee in Heinersdorf. Dem Anlass ging ein jahrelanger Streit über den Bau voraus. Die Ahmadiyya, die in Berlin etwa 200 Mitglieder hat, ist eine aus Pakistan stammende islamische Glaubensgemeinschaft, die von vielen Muslimen als abtrünnig betrachtet wird. Zur Feier wird neben Bundestagsabgeordneten Wolfgang Thierse (SPD) auch der Integrationsbeauftragte Günter Piening erwartet. Ob auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit teilnimmt, ist noch unklar. In der Vergangenheit hatte es einen Brandanschlag auf der Baustelle der Moschee gegeben, auch einen auf das Haus des Moscheegegners René Stadtkewitz (CDU). Drei Demonstrationen sind zur Eröffnung angemeldet: Die Kundgebung "Für ein interkulturelles Pankow" von 14 bis 23 Uhr am Garbaty-Platz sowie der Aufzug "Wir stellen uns quer - Heinersdorfer Bürger knüpfen ein Band für Frieden" von Befürwortern des Moscheebaus. Die Gegner demonstrieren unter dem Motto "Für Demokratie und Menschenrechte, gegen Antisemitismus, Rechts- und Linksextremismus sowie Islamismus" ab 18 Uhr über die Berliner Straße. Die NPD hat die Anmeldung einer Kundgebung gestern zurückgezogen.
Vorsitzender des neuen Landesverbandes ist der CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz, einst Kreischef der Pankower Christdemokraten und lautstarker Kritiker der Heinersdorfer Moschee. Sein Stellvertreter: Joachim Swietlik, Chef der Interessengemeinschaft Pankow-Heinersdorfer Bürger (Ipahb), die neben der NPD am heftigsten gegen den Bau des islamischen Gotteshauses protestierte.
Pax Europa hat einen zweifelhaften Ruf: Unter dem Motto "Für Europa - gegen Eurabien" warnen die Islam-Kritiker um den Journalisten Udo Ulfkotte vor der "faschistoiden Ideologie" des Islams und dessen "Bestrebungen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung langfristig zugunsten islamisch geprägter Interessengruppen zu verändern". Der Verein wird zwar vom Verfassungsschutz nicht als extremistisch eingestuft und ist sogar als gemeinnützig anerkannt. Offiziell grenzt sich Pax Europa von "Ausländerfeinden" und "Rechtsextremisten" ab.
Doch Kenner sehen das anders: Pax Europa sei zwar keine rechtsextreme Gruppierung, meint Claudia Dantschke, Islamismus-Expertin am Zentrum demokratische Kultur. Aber die Mitglieder nutzten die gleichen Argumente. "Ich halte sie deshalb sogar für gefährlicher", so Dantschke. "Sie greifen dieselben Ängste auf und schüren sie weiter. Indem sie sich öffentlich von Rechtsextremen distanzieren, gelingt es ihnen, deren Diskurs in die Mitte der Gesellschaft zu tragen."
Stadtkewitz weist den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit weit von sich. "Ich wende mich nur gegen eine fundamentalistische Ideologie", so Stadtkewitz zur taz. Jeder Mensch sei in Deutschland willkommen, er müsse aber die Regeln einhalten. "Wer das nicht tut, hat hier keinen Platz." Mit Pax Europa wolle er über Probleme wie Zwangsheiraten und die Rolle muslimischer Frauen aufklären - etwa in Podiumsdiskussionen. "Gerade in Berlin sind die Folgen der sich ausbreitenden islamischen Ideologien in vielen Bezirken unübersehbar."
Mit seinen Positionen erntet Stadtkewitz auch Kritik aus der eigenen Partei. Heinrich Bücker-Gärtner, stellvertretender Vorsitzender der Pankower CDU von 2001 bis 2005, hält das Engagement seines Parteikollegen für bedenklich. "Für mich zeichnet sich schon länger ab", sagt Bücker-Gärtner der taz, "dass Herr Stadtkewitz sich in eine Richtung entwickelt, die für eine Volkspartei nicht länger akzeptabel ist."
Die Islamgegner formieren sich unterdessen weiter: Auch die rechtspopulistische "Bürgerbewegung pro Deutschland" will künftig in der Hauptstadt aktiv werden. "Wir werden in Berlin im nächsten Jahr einen Landesverband gründen", sagt deren Chef Manfred Rouhs.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe