: Mordende Pfaffen
■ Thomas Gifford: "Assassini"
MORDENDEPFAFFEN
Es gibt Thriller, die sind schon allein dadurch, daß sie an einem bestimmten Ort spielen, spannend. Ein modernes Atom-U-Boot zum Beispiel ist ein ausgezeichneter Platz für eine aufregende Geschichte. Ein halbwegs normaler Mensch kann sich kaum vorstellen, wie jemand so bescheuert sein kann, in eine Blechröhre zu steigen — hinten ein Reaktor, vorne eine Batterie Missiles mit Nuklearsprengköpfen —, nur um damit tagelang ein paar Dutzend Meter unter dem Meeresspiegel herumzuschippern. Jetzt braucht ein Autor nur noch einen Spion im Boot zu installieren, oder aber er läßt ein paar Instrumente ausfallen, einen kleinen Unfall passieren etc., und schon ist er da, der Thrill.
Eine mindestens genauso gefährliche wie spannende Bühne für eine Geschichte ist der Vatikan. Jeder Mensch weiß spätestens seit den Skandalen um die Vatikan- Bank, daß im Kirchenstaate so einiges faul, ist und diejenigen, die sich länger mit Kirchengeschichte befaßt haben, können froh sein, wenn sie keine Kotztüte brauchen beim Anblick der Protzbauten.
Thomas Gifford hat neun Jahre benötigt, um seinen Vatikan-Thriller zu schreiben und Recherchen anzustellen. Die Mühe hat sich gelohnt. Assassini ist ein ebnso spannender wie aufschlußreicher Roman — il Papa hat ihn zweifellos gleich nach Erscheinen auf den Index gesetzt.
Gifford erzählt zunächst von der jungen Ordensschwester Valentine. Sie ist eine kritische, intelligente Nonne, die schon einige Bücher über die katholische Kirche geschrieben hat. Schwester Valentine ist modern eingestellt, trägt keine Tracht gönnt, sich aber dafür einen Liebhaber. Gerade ist sie dabei, Nachforschungen für ein Buch über die Rolle des Vatikans im Zweiten Weltkrieg anzustellen. Sie erhält Zugang zu den „Archivi Secreti“, den geheimen Archiven des Vatikans und sticht — ohne es zunächst zu ahnen — in ein Wespennest. Wenig später sind Schwester Valentine und ihr Liebhaber tot, ermordet. Eine Zeugin will einen alten Priester am Tatort gesehen haben... Im Vatikan, „dieser stickigen Treibhausgemeinschaft“, tobt zur gleichen Zeit ein Machtkampf der Kardinäle, denn der Papst liegt im Sterben, und jeder Schwarzrock weiß, daß die Wahl des Nachfolgers alles andere als demokratisch sein wird. Schwester Elizabeth, eine Freundin der Toten, und Valentines Bruder Ben, ein ehemaliger Jesuit, suchen den Mörder. Alle Spuren führen nach Rom, in die Archive des Vatikans. Hier findet sich ein erster Hinweis: In der Renaissance gab es unter den blutrünstigen Borgia-Päpsten eine streng geheime Killertruppe. Die „Assassini“ wurden von den Oberhirten der Kirche immer dann gegen ihre Schafe eingesetzt, wenn alle anderen Mittel versagten...
Thomas Gifford macht in seinem Roman klar, worauf sich seiner Meinung nach die Macht des Vatikans begründet. Die Mischung, auf der diese riesige Maschine katholische Kirche läuft, besteht zu 90 Prozent aus Geld und zu 10 Prozent aus Scheinheiligkeit. Man kann nur jedem Gläubigen empfehlen, seine nächste Kirchensteuer in einen Buchladen zu schleppen.(Lübbe-Verlag)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen