: Morde an Gewerkschaftern
■ Gewerkschaftsrechte werden weltweit zunehmend mißachtet/ Bericht des Bundes Freier Gewerkschaften
Genf (ap) — Gewerkschaftsrechte werden in vielen Ländern der Welt in zunehmendem Maße mißachtet, wie aus einem Bericht des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften (IBFG) hervorgeht. In der am Donnerstag in Genf veröffentlichten Studie werden Unterdrückungsmaßnahmen gegen Gewerkschafter in 85 Ländern dokumentiert. Zwar sei die Zahl der Morde an Arbeitervertretern zurückgegangen, heißt es darin, doch hätten dagegen andere Repressalien zugenommen.
Von Januar 1991 bis März 1992 wurden der Studie zufolge weltweit etwa 200 Gewerkschafter ermordet, mindestens 64 weniger als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Auch sei die Zahl der Verhaftungen um etwa 20 Prozent auf rund 2.000 gesunken. Einen starken Zuwachs verzeichnete der IBFG indessen bei Massenentlassungen für Betätigungen, die nach internationalen Konventionen über Gewerkschaftsrechte völlig legal sind. 50.000 Arbeitnehmer seien in den letzten 15 Monaten davon betroffen gewesen, heißt es.
Am gefährlichsten ist die Situation für Gewerkschafter der Studie zufolge in Lateinamerika und dort insbesondere in Kolumbien, wo allein 50 Funktionäre ermordet wurden. Auch in Guatemala, El Salvador, Peru und Honduras sei Gewalt gegen Gewerkschafter an der Tagesordnung. Südafrika ist demnach das unsicherste Land für Gewerkschafter auf dem afrikanischen Kontinent. Dort gingen rechtsgerichtete Todesschwadronen gegen Arbeitnehmervertreter vor, die manchmal von der Polizei unterstützt würden, heißt es in dem Bericht unter Berufung auf örtliche Gewerkschaftsvertreter. In Asien sei die Gewerkschaftsbewegung noch relativ unterentwickelt, doch wo sich Verbände zu formieren versuchten, werde meist hart gegen sie vorgegangen. Genannt werden Beispiele aus Birma, China, Indonesien, Südkorea und Thailand.
Der Niedergang des Kommunismus in Osteuropa mit Auswirkungen auf Dritte-Welt-Länder hat dem IBFG zufolge die Lage der Gewerkschaften nicht verbessert. Marxistische Diktatoren seien mitunter nur von marktwirtschaftlichen Diktatoren ersetzt worden.
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