Morddrohungen von „Pegida“-Anhängern: Volker Beck erstattet Strafanzeige
Der grüne Innenpolitiker ist es leid, weiter Hassobjekt der KommentatorInnen auf der „Pegida“-Facebook-Seite zu sein. Harsche Kritik übt er auch an AfD-Vize Gauland.
„Die ,Pegida‘-Seite ist ein braunes Biotop, in dem Hass und Gewalt gegen Andersdenkende frei ausgelebt werden können“, sagte Beck den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe. „Unter einem Beitrag über mich fanden sich in 430 Kommentaren 35 Morddrohungen und Gewaltphantasien, ohne einen Versuch des Widerspruchs oder der Mäßigung durch die Verantwortlichen“, fügte er hinzu.
Es gebe einen regelrechten Überbietungswettbewerb bei den Hasskommentaren, sagte Beck: „Die Hemmschwelle sinkt soweit, so dass man selbst mit der Angabe seines Namens, Fotos, Geburtsdatums und Wohnortes zu Hass und Gewalt aufrufen kann, da man scheinbar keine Konsequenzen zu fürchten hat.“
Die Strafanzeige gegen 18 Personen ist laut Zeitungsbericht der Staatsanwaltschaft Berlin zugegangen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich entsetzt und forderte eine konsequente Reaktion: „Mordaufrufe gehören nicht ins Netz, sondern vor einen Richter“, sagte er den Funke-Zeitungen.
Beck kritisiert Alexander Gauland scharf
Zwar keine Strafanzeige, aber harte Kritik hat Volker Beck für die AfD übrig. Diese entlarve sich als „Rattenfänger“. Der Parteivize und „Krisengewinnler“ Alexander Gauland habe gezeigt, was für ein „Heuchlerbande“ die AfD sei. „Zynisch freut man sich über Krisen, zur Bewältigung trägt man nichts bei. Jetzt müsste auch dem letzten verirrten Bürger klar sein, dass Demokraten und anständige Bürger diesen zynischen Rattenfängern nicht hinterherlaufen.“
Beck reagiert damit auf Äußerungen Gaulands gegenüber dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Im Rückblick auf die schlechten Umfragewerte für die AfD zur Jahresmitte hatte Gauland erklärt, die Flüchtlingskrise habe der rechtskonservativen Partei zum Aufschwung verholfen. „Natürlich verdanken wir unseren Wiederaufstieg in erster Linie der Flüchtlingskrise“, sagte er. „Man kann diese Krise ein Geschenk für uns nennen“, sagte er. „Sie war sehr hilfreich.“
Die Alternative für Deutschland lag im Sommer wegen eines Führungs- und Richtungsstreits und einer Abspaltung in Umfragen bei 3 Prozent. Kürzlich wurde sie in einer Umfrage mit 10,5 Prozent erstmals drittstärkste Partei in Deutschland.
Auch andere Grüne kritisierten die Äußerung scharf. „Die Flüchtlingskrise als Geschenk zu bezeichnen, ist das erbärmliche Eingeständnis, Stimmungsmache auf dem Rücken der Ärmsten zu betreiben“, teilte Parteichefin Simone Peter mit. Gauland verhöhne „Millionen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und blanker Not auf der Flucht sind“.
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