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Archiv-Artikel

Mord in fünf Tagen

Die Männer, die vermutlich den irakischen Staatschef ermorden wollten, waren über die Schritte Allawis gut informiert. Generalbundesanwalt Kay Nehm hält es für sicher, dass die Iraker Mitglieder der Terrororganisation Ansar al-Islam sind

AUS KARLSRUHE CHRISTIAN RATH

Erst fünf Tage vor dem Staatsbesuch starteten die Vorbereitungen für das Attentat. Am 2. und 3. Dezember weilte Iraks Präsident Ajad Allawi in Deutschland. Am 28. November sollen die drei Iraker Ata R., Mazen H. und Rafik Y. darüber diskutiert haben, Allawi zu ermorden. Dies berichtete gestern Generalbundesanwalt Kay Nehm bei seiner Jahrespressekonferenz.

Schon am 18. Oktober hatte die nordirakische Terrororganisation Ansar al-Islam im Internet zum Mord an Allawi aufgerufen. Nehm geht jedoch nicht davon aus, dass den Islamisten der Deutschlandbesuch des Präsidenten zu dieser Zeitpunkt schon bekannt war. Den Stein ins Rollen brachte erst der 30-jährige Rafik Y., der in Berlin lebt. Er rief laut Nehm am 28. November den 22-jährigen Augsburger Mazen H. an und berichtete von dem geplanten Staatsbesuch. Mazen H. teilte dies sofort dem 30-jährigen Ata R. in Stuttgart mit. Ata R. gilt den Ermittlern als Leitungskader von Ansar al-Islam in Deutschland, Mazen H. soll sein Stellvertreter sein.

Beide erlaubten Rafik Y. einen Anschlag zu verüben, sagt Nehm. Ursprünglich sollte dies am Donnerstagabend bei einem Treffen Allawis mit Exilirakern geschehen. Dieses Treffen wurde jedoch abgesagt. Die drei Iraker fassten daraufhin ein Wirtschaftsgespräch am Freitagvormittag in den Räumen der Deutschen Bank ins Auge. Am Donnerstagabend fuhr Y. die Straßenzüge ab, die der Präsident am kommenden Tag passieren sollte. Nehm hat noch keine Vermutung, auf welchem Weg und mit welchen Waffen Rafik Y. die Attentatspläne umsetzen wollte. Möglicherweise wussten das die drei Iraker selbst noch nicht. Dass Rafik Y. einen Molotow-Cocktail werfen wollte, bezeichnete Nehm als reine Spekulation. „Da hat wohl mal jemand überlegt, was man ohne Waffen und Sprengstoff überhaupt machen kann“, vermutet der Generalbundesanwalt.

Unklar ist auch noch, woher die Terroristen so gut über den Zeitplan des Staatsbesuchs Bescheid wussten. Selbst Programmänderungen waren ihnen bekannt. Es liegt nahe, das Leck im Sicherheitsstab Allawis zu vermuten. Nehm wollte das aber nicht bestätigen.

Strafrechtlich bleibt es vorerst beim Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Die Attentatsvorbereitungen der drei haben für Nehm noch nicht das Versuchsstadium erreicht. Allenfalls komme die „Verabredung zu einem Verbrechen“ in Frage, so Nehm. Darauf stehen laut Strafgesetzbuch bei Mord mindestens drei Jahre Haft. Nehm zufolge hat die gemeinsame Planung des Anschlags belegt, dass alle drei Inhaftierten tatsächlich Mitglieder von Ansar al-Islam waren. Rafik Y. war zuvor eher als Randfigur betrachtet worden und der Polizei vor allem durch Kleinkriminalität aufgefallen. Mit Beweisproblemen rechnet Nehm trotz uneindeutiger Wortwahl bei den abgehörten Telefongesprächen nicht: „Wenn ständig nachgefragt wird: ‚Verstehst du?‘, ist das ein deutliches Indiz, dass Tarnbegriffe benutzt wurden.“