Montagsinterview mit Wahrsagerin Mona Stein: "Männer durchschaut man leichter"
Sie wollen Ihren Partner zurück, der Sie verlassen hat? Sie möchten ein Unternehmen gründen - oder etwas aus Ihrem früheren Leben erfahren? Mona Stein, die einzige anerkannte Wahrsagerin in der DDR, weiß Rat und Tat.
taz: Frau Stein, es muss toll sein, alles im Voraus zu wissen.
Mona Stein: Nein, das ist wahnsinnig belastend.
Warum das denn?
Wenn ich zum Beispiel einen Mann kennenlerne und in seine tiefe schwarze Seele sehe, dann weiß ich: Das hat keinen Sinn. Da ist man sehr blockiert. Das ist nicht so begehrenswert, alles zu sehen.
Woher können Sie das?
Das hat man im Blut. Ich habe schon als Kind alles vorausgesehen. Bei meiner ersten Vision war ich drei oder vier Jahre alt: Mein Vater steht auf dem Tisch und schmückt den Weihnachtsbaum, fällt runter, tut sich aber nichts - und genau so ist es passiert. Beim zweiten Mal habe ich gesehen, wie unsere Nachbarin umfällt und stirbt. Zwei Wochen später hatte sie einen Magen-Darm-Durchbruch und war tot. Zunächst hat mir das Angst gemacht. Erst als ich Menschen helfen konnte, war ich erleichtert. Bis dahin war es bedrohlich, unheimlich.
Wie muss man sich so eine Vision vorstellen?
Das ist, wie wenn man träumt. Es kommt über mich.
Die gebürtige Berlinerin Mona Stein lebt in Prenzlauer Berg. Sie ist Schauspielerin und Wahrsagerin. Ihr Alter verrät sie nicht, aber ihr Sternzeichen: Waage mit Aszendent Skorpion.
Seit 1990 hat sie ihre Praxis in Prenzlauer Berg. Dort bietet sie eine Vielzahl von Dienstleistungen an, darunter Karten legen, Pendeln, Partnerrückführung, Jenseitskontakte, Befreiung von schwarzer Magie, Unternehmensberatung und Finanzanalysen sowie astrologische Beratung.
Stein war die einzige anerkannte Wahrsagerin in der DDR. Zuvor spielte sie in über 70 Fernseh- und Kinofilmen kleinere oder größere Nebenrollen, unter anderem in der Defa-Produktion "Zille und Ick" (1983). Zuletzt stand sie 1999 für den Tatort "Fluch des Bernsteinzimmers" vor der Kamera.
In den 90er-Jahren hatte sie beim Sender 100,6 eine eigene Radioshow ("Monas Sternenstunde"), von 1989 bis 1999 gab es bei Antenne Brandenburg "Horoskope mit Mona". Beim Sender TV Berlin hatte Stein 1996 eine eigene Fernsehshow ("Lebensberatung mit Mona").
Infos unter www.monastein.info oder Telefon: 030-445 66 22
Sie können nicht kontrollieren, ob Sie etwas voraussehen?
Darauf habe ich keinen Einfluss. Bei manchen Klienten kann ich bis zu 20 Jahre voraussehen - sogar, wann sie sterben. Aber das sage ich nicht. Bei anderen sehe ich nur ein Jahr voraus. Oft habe ich nachts nach einer Sitzung eine Vision. Dann rufe ich die Leute an und sage: Das und das kommt.
Wie ist das bei Ihnen selbst?
Bei meiner ersten großen Liebe habe ich gesehen, dass er mein großes Glück, aber auch mein großes Unglück sein wird. Ich habe ihn in einer Bar getroffen, er hat mir Eierlikör bestellt. Wir haben uns verliebt, es war wunderbar. Ein Jahr später ist er über die Mauer und hat gesagt, er würde mich nachholen. Drei Jahre habe ich gewartet, ich Dummerchen. Dann kam ein Freund von ihm aus Westdeutschland und sagte: Der ist längst verheiratet und das zweite Kind ist unterwegs.
Sie haben nicht gesehen, dass Ihr Freund geheiratet hatte?
Eine Vision kann ich nicht erzwingen. Und wenn ich mir selbst die Karten lege, bin ich zu befangen. Ich muss zu einer Kollegin gehen.
Können Sie jede beliebige Kollegin aufsuchen?
Nein, es gibt nur wenige, die was können.
Woran erkennt man die?
Sie müssen jemanden haben, der bei Ihnen gleich etwas sieht. Ich war schon bei welchen, die mir gesagt haben: Alles wird gut. Aber das nützt mir nichts. Ich will im Detail wissen, was passiert. Ich habe auch Psychologie studiert, an der Hexenschule.
Was ist das für eine Schule?
Eine private Schule am Savignyplatz. Da habe ich Klinische Hypnose, Regressionshypnose, also Rückführung in ein voriges Leben, und Psychotherapie gelernt.
Liest man da Freud?
Ja, genau. Was ich mache, hat viel mit Psychologie zu tun. Es kommen auch Leute zu mir, die sagen: Sie sind meine letzte Adresse, ich mache morgen Suizid. Die baue ich wieder auf - ich habe gelernt, jemanden aufzubauen. Aber die schweren Fälle mit Schizophrenie oder Borderline-Syndrom muss ich an einen Arzt abgeben. Ich habe nur die leichte Psychotherapieausbildung - und eine seherische Gabe.
Weshalb wenden sich Ihre Kunden an Sie?
Meistens wegen Liebeskummer, aber auch wegen Geldnot oder Arbeitslosigkeit.
Mehr Frauen als Männer?
Zwei Drittel Frauen, ein Drittel Männer. Männer schlucken alles runter oder versuchen, selber mit allem fertig zu werden. Aber es kommen immer mehr Männer, zumindest die sensiblen.
In welchem Alter ist Ihre Kundschaft?
Im Moment kommen viele um die 30, die unbedingt heiraten wollen, und es klappt nicht und sie haben Panik.
Und aus welchen Schichten?
Alle möglichen Leute - auch Ärzte, Politiker, alles.
Auch Leute, die selbst Prognosen treffen, Wirtschaftswissenschaftler oder Meteorologen?
Jaja, hatte ich auch schon. Aber Dinge berechnen kann ich nicht, ich bin ja kein Wirtschaftswissenschaftler. Und vom Wetter halte ich mich fern.
Wie finden Sie es, dass wissenschaftliche Vorhersagen über die Konjunktur, das Klima oder die Demografie größeres Vertrauen genießen als Ihre Karten?
Das ist nicht gerecht. Aber was ist schon gerecht in dieser Welt?
Sind Skatkarten verlässlicher als, sagen wir: die Eingeweide von Fischen?
Jeder hat seine Hilfsmittel. Meine sind die Karten - ganz besondere, ich habe sie von meinem Großvater, das war ein jüdischer Italiener aus Palermo, der war auch Schauspieler und Hellseher und hieß eigentlich Steinetti.
Was ist mit Tarotkarten?
Davon halte ich nichts, die sagen nur eine Tendenz. Und Kristallkugeln sind für mich nur Show.
Sie bieten auch Unternehmensberatung an. Womit können Sie einem Firmengründer dienen?
Ich schaue mir den genau an, das Horoskop und so weiter, dann sehe ich das.
Was sehen Sie?
Ob der Zeitpunkt richtig ist, ob Sie jemand sind, der schnell aufgibt oder jemand, der wirklich etwas machen will.
Und wenn ich eine Dönerbude am Kottbusser Damm aufmachen will?
Sie müssen die Karten mischen, und ich gucke, ob Sie dafür der Typ sind.
Ob eine Idee innovativ ist, spielt keine Rolle?
Na ja, ich sehe dann schon, ob Sie das können. Und wenn ich Pech kommen sehe, sage ich das.
Wie wurden Sie zur einzigen anerkannten Wahrsagerin der DDR?
Als ich 1987 entdeckt wurde, habe ich noch ausschließlich als Schauspielerin gearbeitet. Dann kam eine Rolle als Wahrsagerin und danach fing ich an, im FEZ Veranstaltungen zu machen. Die Gastspieldirektion hat mich zugelassen, obwohl so was im Osten verpönt war. Nur politisch durfte ich nicht werden.
Wie war die Nachfrage?
Die Leute standen Schlange! Sie hatten ja niemanden, dem sie sich anvertrauen konnten. Irgendwann hat die Stasi gesagt: Sie können auch für uns etwas tun. Aber das habe ich nicht gemacht. Ich verrate niemanden, der mir vertraut. Ich habe später auch die Stasileute nicht verraten. Am Ende kam es so grotesk, dass die Stasi mich gefragt hat: Was sollen wir machen? Ich habe gesagt: Sie können nichts mehr machen, es ist zu spät!
Hatten Sie eine Vision oder haben Sie das als DDR-Bürgerin gesagt?
Beides. Ich habe nicht den Mauerfall gesehen, wie die Presse später geschrieben hat. Aber im November 1988 hatte ich eine Veranstaltung im Prater, wo mich 98 von 100 Leuten gefragt haben: Wann kann ich rüber? Und ich habe gesehen: In einem Jahr können alle rüber - und da habe ich an mir selbst gezweifelt.
Läuft Ihr Geschäft in Krisenzeiten eigentlich besser?
Nein. Seit dem Euro geht es bei mir bergab - der Euro hat viele verarmt. Ich konnte die große Wohnung nicht mehr halten. Und die Leute haben auch kein Geld mehr.
Ist das Bedürfnis nach spiritueller Hilfe nicht größer?
Jaja. Einmal kam ein Mann, der sagte: Ich glaube zwar nicht an das, was Sie machen, aber ich verliere stetig an Gewicht und die Ärzte finden nichts und ich kann mein Geschäft nicht mehr führen. Der hatte eine Todesmagie am Hals! Ich habe ihm eine Reinigungsmagie gemacht. Nach zwei Monaten war alles okay.
Woher kommt so eine Todesmagie?
Die hat ihm einer gegeben, der eine Fabrik wie er hatte und meinen Klienten fertigmachen wollte. So was gibt es leider häufig.
Haben Sie so was im Angebot?
Ich mache keine schwarze Magie, ich bekämpfe sie. Jede schlechte Tat kommt zurück und jede gute. Ich bin sehr gläubig.
Gehen Sie in die Kirche?
Ich bin zwar Christin, aber in die Kirche gehe ich nicht mehr, die zocken mir zu viel ab - auch wenn sie viel zur Wiedervereinigung beigetragen haben.
Wie reagiert die Kirche auf Ihre Tätigkeit?
Mir haben schon Pfarrer gesagt, ich sei mit dem Teufel verbunden. Aber das ist Blödsinn. Ich kann eben sehen und helfe.
Der Glaube an ein früheres Leben ist aber nicht christlich.
Ich tendiere auch mehr zum Buddhismus. Ihre Fragen klingen ablehnend!
Nur neugierig. Arbeiten Sie noch als Schauspielerin?
Nein - und das ist mein größter Kummer. Weil ich nur noch als Wahrsagerin gearbeitet habe, wollte mich kein Regisseur mehr.
Können Sie helfen, wenn man seinen Partner zurückmöchte, der einen verlassen hat?
Ja, ich mache dann meine spezielles Ritual zur Partnerrückführung, mit Kerzen und einer Puppe. Da gibt es dann allerlei Sprüche und Zeremonien - ich muss was machen und Sie müssen auch was machen.
Die Puppe verkörpert den Ex oder die Verflossene?
Genau. Da wird ein Zettel mit Sprüchen in den Bauch eingenäht und mit Nadeln gearbeitet. Manchmal muss ich aber sagen: Das geht nicht. Da war letztens ein junger Mann, der unbedingt dieses Mädchen zurückhaben wollte. Dem habe ich gesagt: Das mache ich nicht, die taugt nichts.
Sie kannten die Frau doch gar nicht.
Ich habe ein Foto gesehen. Und ich habe gesehen, dass sie ihn belügt und betrügt. Darum habe ihm gesagt, er solle noch mal darüber nachdenken. Ein paar Tage später hat er angerufen und gesagt, ich hätte recht. Ich habe ja Verantwortung für meine Klienten und ich habe ein Gewissen, ich mache nicht alles.
Aber Sie greifen in das Leben anderer Menschen ein.
Nein, ich kann nicht zaubern. Wenn auf beiden Seiten noch Liebe ist, kann ich Blockaden und Missverständnisse lösen. Ich kann aber nichts tun, wenn es zwischen den beiden keine Liebe mehr gibt oder wenn mir eine Dame sagt: In der Zeitung ist ein schöner Mann, den will ich haben!
Und wenn es Ihr Kunde ist, der nichts taugt?
Na ja, wenn er zu mir kommt und Geld dafür ausgibt, sie zurückzubekommen, muss er sie ja lieben. Ich gucke auch: Will er sie wirklich zurück oder will er nur den Besitz? In Männer kann ich mich auch besser reinfühlen als in Frauen.
Warum?
Ich liebe Männer. Männer sind fairer und gradliniger, die kann man leichter durchschauen. Wir Frauen sind ja raffinierter und vielseitiger.
Was kostet so eine "Rückführung" verlorener Beziehungspartner ?
Das ist unterschiedlich. Aber ich nehme nicht 1.000 Euro, wie andere, sondern weit weniger. Die meisten zahlen das Geld nach und nach ab. Aber wenn jemand aufhört zu bezahlen, höre ich auch auf zu arbeiten.
Ihre Arbeit ist nicht beendet, wenn das Paar wieder zusammen ist?
Ich sage nicht wie manche andere: Ach, Sie haben mit ihm geschlafen? Dann ist ja alles gut. Ich arbeite für jeden ein halbes Jahr durch. Auch wenn ein Paar wieder zusammen ist, muss man das untermauern.
Und wenn es nicht klappt?
Das passiert eigentlich nicht. Höchstens, dass es länger dauert. Aber es führt immer zum Happy End.
Sie geben eine Erfolgsgarantie?
Zu 98 Prozent. Klar ist es schon vorgekommen, dass ich eine Rückführung gemacht habe und meine Klientin gesagt hat: Ich will den gar nicht mehr, ich habe jetzt ein größeres Glück gefunden. Oder der Partner kommt zurück, aber es funktioniert wieder nicht und die Leute beschweren sich. Aber wenn die sich falsch verhalten, kann ich nichts dafür.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste