Monitoring für Energiewende: Experte mit Interessenskonflikt?

Die schwarz-gelbe Regierung beruft Prüfer für die Energiewende. Deren Chef wird aber gleichzeitig von der Industrie dafür bezahlt, die Kriterien zu erstellen.

Umweltschonend, zuverlässig und bezahlbar? Der TÜV für die Energiewende soll's klären. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Energiewende bekommt einen TÜV - und gleich den ersten Streit über die Gutachter. Die Bundesregierung hat gestern einen "Monitoringprozess" beschlossen, mit dem laufend überprüft werden soll, ob die Energiewende "dem Ziel einer umweltschonenden, zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung gerecht wird", wie Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erklärte.

Eine Kommission unabhängiger Experten soll außerdem die jährlichen Berichte aus dem Wirtschafts- und Umweltministerium dazu bewerten und so für "Transparenz und Akzeptanz" sorgen.

Aber genau daran hapert es. Denn der Vorsitzende der neu berufenen Kommission ist in den Verdacht eines Interessenkonflikts geraten. Der Volkswirt Andreas Löschel vom Mannheimer "Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung" (ZEW), der die vierköpfige Expertenkommission leitet, wird gleichzeitig von der Industrie dafür bezahlt, Kriterien für ein solches "Monitoring" zu erstellen.

Er leitet am ZEW die Arbeitsgruppe "Konzept für ein Monitoring der energiepolitischen Zielerreichung". Auftraggeber ist nach Löschels Angaben der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Etwa 25 Prüfsteine würden dabei erstellt und breit mit einem "Begleitkreis" aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Umweltverbänden diskutiert, erklärte Löschel auf Anfrage der taz.

Er betonte, es handele sich um eine "rein wissenschaftliche, unabhängige Arbeit". Natürlich nutze er diese Kriterien dann auch für seine Arbeit in der Kommission, aber deren Unabhängigkeit sieht er "nicht in Frage gestellt".

"Höchst problematisch"

Am Ende des Projekts solle ein Bericht ohne politische Wertungen stehen. Dass sowohl ZEW als auch ein internes Papier des BDI, das der taz vorliegt, explizit als Ergebnis von Löschels Auftrag einen "Monitoring-Bericht" erwähnen - was ausschließlich die Aufgabe der Expertenkommission ist -, nennt der Wissenschaftler eine "unglückliche Wortwahl". Keinesfalls gehe es darum, sich in die politische Debatte einzumischen.

Daran glaubt Regine Günther vom Umweltverband WWF nicht: "Es ist höchst problematisch, wenn die Regierung jemanden zum Leiter einer Expertenkommission beruft, der zeitgleich solche Kriterien im Auftrag einer Interessenpartei entwickelt." Das Wirtschaftsministerium erklärte dagegen, es habe "keinen Anlass, an Kompetenz und Unabhängigkeit" von Löschel zu zweifeln.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.