: „Modell BRD“ ohne Zukunftschance
■ Grünes Umbauprogramm vorgestellt: Antikapitalistisch, antiindustriell, wirtschaftsdemokratisch/ DDR-Daten fehlen noch
Ein Sofortprogramm zum umweltverträglichen Wandel in der DDR beschlossen die Grünen zum Abschluß der Beratung des überarbeiteten Umbauprogramms. Schwerpunkte sind die Forderungen nach einem Aufbau lokaler Energiekonzepte, der Umstrukturierung der Landwirtschaft und einem vorrangigen Ausbau des Schienensystems. Verlangt wird außerdem eine demokratische Streuung des ehemaligen Volksvermögens durch die Treuhandanstalt, Belegschaftsanteile und die Entschuldung der Betriebe. Die jährlich rund 100 Mrd. Mark für strukturpolitische Maßnahmen und öffentliche Investitionen wollen die Grünen u.a. durch eine vorrangige Verwendung einer Öko-Steuer auf Energie und Mineralöl, durch eine „Solidarabgabe“ für nicht investierte Unternehmensgewinne und eine Ergänzungsabgabe für Besserverdienende aufbringen.
Auf dem zweitägigen, der Bundesversammlung vorgeschalteten Umbaukongreß hatten Vertreter aus DDR und BRD beklagt, daß im Osten bereits vielfach Weichen gegen eine ökologisch sinnvolle Entwicklung gestellt worden seien. Teilnehmer hoffen aber, daß angesichts der Konfrontation mit den Schattenseiten der Marktwirtschaft, mit Müllflut und verstopften Straßen, ökologische Lösungen mittelfristig auf Zustimmung stoßen werden. Der Berliner Wirtschaftswissenschaftler, Professor Martin Jänicke, betonte am Beispiel der DDR, gerade ein Festhalten an der unökologischen Produktionsweise bewirke eine unabsehbare Arbeitsplatzvernichtung. In der Neufassung des seit 1986 geltenden Umbauprogramms treten die Grünen für eine ökologische und solidarische Weltwirtschaft ein. Das „Modell BRD“ führe dagegen nach den Worten des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Verheyen zu „unüberwindlichen ökologischen und sozialen Folgekosten“. Das Programm mit einer „dezidiert antikapitalistischen und antiindustriellen Stoßrichtung“, so der Abgeordnete Stratmann-Mertens, betont zugleich Marktmechanismen. Eine ökologische Wirtschaftsdemokratie benötige daneben die Verankerung der Mitbestimmung von Mitarbeitern und Verbraucherverbänden in Unternehmensverfassungen und ein Umweltschadensrecht, das — Verursacherprinzip — die Unternehmen im Schadensfall zum ökologischen Wandel zwingen werde. Das Programm, wegen der fehlenden Daten für die DDR noch nicht ganz fertiggestellt, soll im Frühjahr verabschiedet werden. Es fordert ein sofortiges Verbot der FCKWs, eine drastische Minimierung der Schadstoffbelastung, eine dezentrale Energiewirtschaft und den Abkehr vom Individualverkehr. Finanziert werden soll das Programm u.a. durch eine Erhöhung der Mineralölsteuer um eine Mark pro Liter, Energiesteuern und Schadstoffabgaben für die Belastung von Luft, Wasser und Boden. gn
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