Mode von Kopf bis Fuß: Öko-Schlampen setzen Zeichen
■ Kackbraun und frisches Mausgrau haben in diesem Winter keine Chance / Felljoppe mit Schlaghose
Es ist jedes Jahr das gleiche schockierende Erlebnis: Wir stehen vor dem Kleiderschrank und bemerken mal wieder, daß die eine Hälfte der Sachen altmodisch geworden ist und die andere, verbliebene Hälfte uns nur noch langweilt. Wir entscheiden uns dann für den altbewährten Schritt in die Boutique, erstens weil's Spaß macht und zweitens, weil man's muß.
Doch nur Eingeweihte der Haute couture wissen das ganz Aktuelle von der Vorjahres-Kollektion zu unterscheiden. Wie steht's zum Beispiel mit den gold- oder silberfarbenen, fast an weihnachtliches Lametta erinnernden Blusen und Rollis, die allenthalben auf den Ständern herumhängen? Glitzerten ähnliche Exemplare nicht schon anno '91 und noch viel früher im Kaufhof? Wie dem auch sei, getragen werden darf diesen Winter alles, was gefällt, fast nach dem Buschschen Motto: „Was beliebt, ist auch erlaubt.“
Die Kids auf dem Siebziger-Trip quälen sich nach wie vor gerne in überweite Schlaghosen oder in patsch-enge Hot-Pants, in taillierte Jäckchen mit breiten Revers und krönen das Ganze mit überdimensioniertem Schmuck. Im „Stock“ am Gänsemarkt sind sogar wieder diese unsäglichen Bettvorleger in Form einer Joppe erhältlich, die schon zu Woodstock-Zeiten so beliebt waren, fransig und schmuddel- weiß wie der abgenutzte Flokati vor meinem Jugendzimmerbett.
Die Farben dieser Saison orientieren sich nicht nur bei der Teenie-Kleidung an den Siebzigern. Auch die elegante, gern klassisch genannte Mode mit der aktuellen schlanken Silhouette zeigt sich in
1klaren, kräftigen Farben. Als „Hit“ dieser Saison — man sagt das so in dieser trendbewußten Branche — zeigt sich die Farbe rot, und zwar in allen Schattierungen. Doch aufgepaßt, Aubergine ist out! Grün liegt auf Platz zwei der Top of the colours, gerne mit Blau-Tönen vermischt, dann „petrol“ geheißen. Als Grundfarbe dominiert immer noch schwarz, das wird alle Möchtegern-AvantgardistInnen freuen. Das bei der älteren Generation so beliebte Kackbraun und das „frische Mausgrau“ (Victor von Bülow) ha-
1ben in diesem Winter dagegen keine Chance.
Bei den Dekors kommt der Mode-Logik entsprechend nach dem gestreiften Sommer der karierte Winter. Ob kleine Karos bei den Pepita-Jäckchen mit Pelzbesatz, oder Schottenmuster in Schal und Faltenrock, ob Holzfällerhemd im „canadian style“ oder schlichter Schachbrett-Look, das Argument, alles sei schon mal dagewesen, hat Modebewußte noch nie gestört. Als pikanter Gegensatz zu all dem streng Geometrischen scheint im Bereich der Dessous die Natur die Modeschöpfer inspiriert zu haben: Bei Hansi & Mausi (H & M) gibt's keinen Schlüpfer ohne ausschweifende Blumen-Dekors. Da sind die Liebhaberinnen schwarzer Tangas angeschmiert.
Natürlich läßt sich in jedem Jahr ein bestimmtes Kleidungsstück als meist favorisiertes ausmachen. Um die Plätze streiten sich in diesem Winter halblange Jacken und knallenge Westchen aus schwarzem Kunstleder sowie enganliegende, knöchellange Röcke im Rippenstrick-Muster. Leggings und Cat- suits dagegen liegen weit abgeschlagen zurück, während Bomberjacken im Nazi-Stil ganz von der Bildfläche verschwunden sind. Wer nichts falsch machen möchte, kopiere einfach die Kleidungs-Grundsätze der
1Öko-Schlampen aus den frühen Achtzigern — enge Hosen, darüber weite, schlabbrige Pullis. Und merke: Bündchen sind total out! Greta Eck
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