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Mode-TV auf ArteDie Zerbrechlichkeit der Frau Versace

Die "Arte Fashion Week" blickt hinter die Kulissen des Design-Geschäfts. Und zeigt, dass Mode und wirtschaftliche Interessen miteinander verknüpft sind.

"Die Marke Versace steht für Luxus, und den kann sich natürlich nicht jeder leisten": Modeschöpferin Donatella Versace (in blond). Bild: arte

Donatella Versace ist eine Frau, die weiß, was sie will. Ihre Modekreationen sind elegant, glamourös, sexy und vor allen Dingen eins: niemals langweilig.

Die Welt der Donatella Versace gleicht einer Zirkusshow, in der sie wie eine Dompteurin darüber bestimmt, welche ihrer Kunststücke der Öffentlichkeit vorgeführt werden. Arte gewährte sie einen Blick hinter die Kulissen ihres Modeimperiums, der dokumentiert, dass Donatella Versace aber auch eine weiche, leise Seite hat. Wenn sie über den Tod ihres Bruders Gianni Versace spricht, dessen Platz als Chefdesignerin sie 1997 eingenommen hat, wirkt sie fast schon zerbrechlich. Wie ein Kind, das zu früh in den Strudel der oberflächlichen, bunten Welt der Mode hineingeworfen wurde.

Das heißt aber nicht, dass die "Mode-Queen" nicht hinter dem steht, was sie tut. Sie liebt Mode. "Es ist meine Leidenschaft", erklärt Donatella im Film, "Mode ist wie Musik. Ich möchte mit meinen Kreationen eine positive Botschaft vermitteln. Ich möchte die Menschen dazu ermutigen, ihre Träume nicht zu verlieren." Donatella Versace weiß aber auch, dass ihre Kreationen nicht für jeden bestimmt sind. "Meine Mode ist für Leute, die gerne zeigen, was sie haben. Die Marke Versace steht für Luxus, und den kann sich natürlich nicht jeder leisten."

Mit dieser Aussage macht die Modeschöpferin in dieser gelungenen Doku von Loïc Prigent ("Vor der Show", Di., 1. März, 20.15 Uhr) aber auch deutlich, dass Mode und wirtschaftliche Interessen ganz klar miteinander verknüpft sind. Mehr noch: Mode spielt mit dem Bedürfnis der Menschen, sich etwas leisten zu können. Diese Auffassung vertritt auch Modeexperte Colin McDowell in der Dokumentation "Kate! - Vom Model zur Ikone" (Do., 3. März, 22.15 Uhr).

"Geld auszugeben hat etwas mit Stolz zu tun. Ich kann mir etwas leisten, also bin ich auch jemand. Models segnen diesen Wunsch ab", sagt McDowell. Der Film über Kate Moss beschäftigt sich vordergründig mit der Frage, wie Ikonen erschaffen werden. Dabei wird deutlich, wie wichtig es in diesem Zusammenhang ist, ein bestimmtes Image zu verkörpern. Der Fotograf Peter Lindbergh erklärt das Phänomen Kate Moss folgendermaßen: "Kate Moss hat frischen Wind in die Modeszene gebracht. Sie war verwahrlost, herb und dürr. Die Gesellschaft hat sich mit ihr identifiziert, weil sie anders als die übrigen Models war."

Was die britische Modeschöpferin Vivienne Westwood zur Ikone machte, ist dagegen kein Geheimnis mehr: T-Shirts mit der Aufschrift "Anarchisten sind hübsch", von Sicherheitsnadeln zusammengehaltene Karo-Röcke, geschnürte Bondage-Hosen, Sado-Maso-Outfits aus Latex. Vivienne Westwood prägte mit ihren Kreationen die Punk-Mode der Siebzigerjahre wie keine andere. Sie kleidete Bands wie die Sex Pistols und die New York Dolls ein und gilt damit bis heute als Initiatorin der Punkrock-Mode. Was daraus am Ende wurde, analysiert im Rahmen der "Arte Fashion Week" gegen Ende der Modewoche die Doku "Do it yourself" (Fr., 4. März, 21.40 Uhr).

Die Lebensentwürfe und -ansichten der Designerinnen unterscheiden sich durchaus voneinander, letztendlich aber haben sie eines gemeinsam: Sie kreieren Mode einzig zu dem Zweck, ein bestimmtes Image zu verkaufen. Und dieses Image gibts natürlich nicht umsonst. So revolutionär die Ansichten Westwoods auch sind, ganz deutlich ist die Botschaft, die hinter all dem pompösen Glamour der Modewelt steht und mit der auch diese Doku endet: "Mein Rat als Designer ist: Kaufen Sie nicht alles. Aber wenn Sie etwas kaufen, dann suchen Sie es gut aus. Und kaufen Sie es am besten bei mir."

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1 Kommentar

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  • P
    pippi

    "Wollen", muss es heißen, nicht "will". Donat-Ella Versace weiß genau, was sie wollen, die Model- und Publikums-Domteure dieser Welt. Sie weiß, wem sie was zu zeigen hat, damit sie weiter in Spiel bleibt.

     

    Auch Klischees sind im Dutzend billiger zu haben. Manchen Leuten macht es eben Spaß, etwas hinein zu interpretieren in Leute, die sie gar nicht kennen. Wer nur ein Hobby hat, der kann nicht wählerisch sein. Elegant, glamourös, sexy, leidenschaftlich und dominant, zugleich aber auch verträumt und "zerbrechlich [...] wie ein Kind, das zu früh in den Strudel der oberflächlichen, bunten Welt der Mode hineingeworfen wurde", so müssen Models wirken, um verkäuflich zu sein auf dem Markt der Eitelkeiten und so will auch die Modemacherin rüberkommen. Solche Pädophilen-Klischees nämlich verkaufen sich prima. Zumindest an die, die über richtig viel Kohle verfügen - woher auch immer. Es hat ein wenig gedauert, sie zu installieren, die Reflexe, aber es hat sich offenbar gelohnt: Wo die Pawlowsche Glocke klingelt, klingelt auch die Kasse.

     

    Dabei: Identifikation bedeutet wörtlich übersetzt "gleichsetzen". Wenn also ein verwahrlostes, herbes, dürres NO-Name-Girl nur deswegen als Identifikationsobjekt gelangweilter, süßlicher, übergewichtiger BedeutungsbürgerInnen durchgeht, weil es irgendwie anders ist als andere, dann ist das im Wortsinn pervers. Aber wie war das noch? Mode spielt mit dem Bedürfnis der Menschen. Kaufen als Ersatzhandlung. Lasst es, Leute. Eure verlorene (und wahrscheinlich nie gelebte) Kindheit kriegt ihr so ja doch nicht zurück.

     

    P.S. Wie Ikonen erschaffen werden, konnten wir in den letzten Jahren vielfach live verfolgen. Leider tun die, die dem Baron von Guttenberg jetzt aus ein paar fehlenden Fußnoten einen Strick drehen wollen, noch immer so, als hätte er sich wenigstens seine politischen Kariere selbst erarbeitet.