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Mobbing gegen StaatsanwältinSteuersünder profitieren

Nach dem Rückzug der Liechtenstein-Anklägerin fürchtet die SPD "mildere Urteile". Linke sehen "mafiöse Zustände" angesichts der Entscheidung.

Ihr Weggang lässt womöglich manchen Steuerflüchtling ruhiger schlafen: Liechtenstein-Ermittlerin Lichtinghagen. Bild: ap

BOCHUM taz Vom erzwungenen Rücktritt der Bochumer Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen könnten die Steuerflüchtigen profitieren, die ihr Geld nach Liechtenstein verschoben haben. Weil die Chefermittlerin nach massivem Druck ihres Behördenchefs aus den Verfahren aussteigt, könnten die über 700 Beschuldigten mit "milderen Strafen" rechnen, warnt Ralf Jäger, SPD-Fraktionsvize im Düsseldorfer Landtag. "Lichtinghagen hat hart ermittelt", so Jäger zur taz. "Ihren Kenntnisstand kann sich niemand schnell anlesen."

Von "mafiösen Zuständen" spricht Bernd Sander, Landesvorstand der Linken in Nordrhein-Westfalen: "Aufgeschreckte Wirtschaftskreise" hätten offenbar "ein Interesse, dass die mutige Ermittlerin abgezogen wird". Auch die grüne Innenpolitikerin Monika Düker warnt: "Mit Frau Lichtinghagen verliert die Bochumer Staatsanwaltschaft große Kompetenz." Verantwortlich dafür sei die Justizministerin.

In den Liechtenstein-Ermittlungen, die von der auf Wirtschaftskriminalität spezialisierten Bochumer Staatsanwaltschaft bearbeitet werden, stehen allein bis Ende März über 200 Verfahren zur Entscheidung an. Der prominesteste Angeklagte, der von Lichtinghagen spektakulär verhaftete Ex-Postchef Klaus Zumwinkel, muss sich am 22. Januar vor Gericht verantworten.

Lichtinghagen hatte nach einer beispiellosen Schlammschlacht am Dienstagabend erklärt, sie wolle aus der Staatsanwaltschaft ausscheiden und Amtsrichterin werden. Bochums Leitender Oberstaatsanwalt Bernd Schulte hatte seiner berühmten Mitarbeiterin vorgeworfen, Bußgelder in Millionenhöhe an Organisationen vergeben zu haben, die ihr persönlich nahestehen. Erhärten ließen sich die Vorwürfe aber nicht. Justizministerin Müller-Piepenkötter hätte daher das "Mobbing der Behördenleitung" verhindern müssen, sagt Sozialdemokrat Jäger.

Die Ministerin scheint Lichtinghagen auf Druck von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) fallen gelassen zu haben. Müller-Piepenkötter sei am Rande einer Kabinettssitzung "der Gehörgang erweitert" worden, sagen Düsseldorfer Vertraute des Regierungschefs - schließlich steht die Landesregierung selbst unter Verdacht, Einfluss auf die Vergabe der Bochumer Bußgelder genommen zu haben. Rüttgers Stellvertreter, FDP-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart, hat bereits eingeräumt, sein Ministerium habe der Ermittlerin Vorschläge für die Verteilung der Strafzahlungen gemacht.

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4 Kommentare

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  • GB
    Gudrun Beier

    Es ist unfaßbar, was dort passiert ist. Nicht nur, daß lediglich Herr Zumwinkel in den Focus der Öffentlichkeit gerückt wurde, andere wurden öffentlich gar nicht genannt. Vielleicht hätte die Öffentlichkeit auch darauf einen Anspruch gehabt. Und jetzt eine kompetente, in die Fakten eingearbeitete Staatsanwältin kurz vor Beginn des Prozezesses gegen herrn Zumwinkel dort abzuziehen, das hat schon ein - vorsichtig ausgedrückt - "Geschmäckle". Die Politk hat bei diesem Ränkespiel total versagt - und die Frage stellt sich, warum?

  • S
    Sonntag

    Hier sieht man, dass der Fall Lichtinghagen nur die Spitze eines Eisbergs ist:

     

    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29417/1.html

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Die perfide Dreistigkeit der Exekutive kennt keine Grenzen. Hier nicht - nirgendwo. Man muss sich nicht mehr fragen, wo die Mobber und Rechtsbeuger sitzen. Alles ist zu evident. In diesem Fall ist die kämpferische Staatsanwältin Lichtenhagen das Opfer.

     

    Der Fall „Lichtinghagen“ ist der Kompex einer politischen Herrschaftsclique.

     

    Da gibt es u.a. die sturzdumme Behauptung, Lichtinghagen wechsele "freiwillig". Das ist ungefähr so, als würde Dich ein Erpresser mit der vollständigen Existenzvernichtung bedrohen, wenn Du nicht dieses oder jenes unterließest und dann auch noch behauptet, Du hättest es "freiwillig" unterlassen.

     

    Die Masche ist immer wieder dieselbe und X-fach erprobt:

     

    Sind "führende Vertreter" - so genannte Leistungsträger - aus Politik und/oder Wirtschaft in Verfahren involviert, dann werden alle schmutzigen Register gezogen und die Staatsanwaltschaften als weisungsabhängige Justizbehörden zu Kampfmaschinen der Exekutive.

     

    In diesen Fällen darf man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Einsatz folgender Herrschaftstechniken erwarten:

     

    Verfahren verzögern oder verschleppen bis die gewünschte Verjährung eintritt; Termine "verpassen"; die Sache totlaufen lassen; günstige Vergleiche anstreben; engagierte Staatsanwälte in "die Besenkammer“ abschieben, terrorisieren, wegmobben oder mit Müll beschäftigen; Verfahren "geräuschlos" begraben, etc.

     

    Das alles hat System!

     

    Die herrschenden politischen Parteien und die Exekutive in Deutschland sind die Dienstleistungklasse des Wettbewerbskapitalismus. Dieses Herrschaftskonglomerat hat den Staat der Bürgerinnen und Bürger gekapert, gegen diese in Stellung gebracht und in einen Wettbewerbs- und präventiven Sicherheitsstaat transformiert. Er ist ihr Herrschaftsapparat. Die repräsentative Demokratie ist Schein, Wahlen sind Fassade.

     

    Die organisierten Gescheinschaftstäter und Seilschaften im Geiste drehen an allen verfügbaren Stellschrauben der Macht, um sich nicht zu Opfern des bestehenden Rechts zu machen. Sie beanspruchen für sich „rechtsfreie Räume“, zumindest „Sonderrechte“. Sie haben das Land ökonomisch und gesellschaftspolitisch an die Wand gefahren und Deutschland auf das Niveau einer Bananenrepublik herabgewürdigt.

  • K
    Kalli

    Die Justizministerin und ihr Staatssekretär gehören offenbar der "Abteilung Überforderung" der NRW-Landesregierung an, es ist nicht das erste Beispiel für ein miserables politisches Konfliktmanagement.