: Mitwohnzentralen im Clinch
■ Rechtsstreit wegen Provisionserhebung im voraus / Kreuzberger Mitwohnzentrale soll 7.500 Mark zahlen
Kaum ihren Augen trauen wollte Martina I. von der Kreuzberger Mitwohnzentrale, als ihr vor einigen Tagen die Androhung eines Ordnungsgeldes über 7.500 Mark ins Haus flatterte. Ein Mitarbeiter ihrer Firma hatte von einem Kunden eine Vermittlungsgebühr kassiert, bevor dieser überhaupt mit dem Wohnungsgeber in Kontakt getreten war. Laut Maklergesetz ist die Provision aber erst dann fällig, wenn das Mietverhältnis zustande gekommen ist. Auf dieser Grundlage hatte die erste Mitwohnzentrale in Charlottenburg im Juli dieses Jahres per Einstweiliger Verfügung durchgesetzt, daß die Geschäftsbedingungen entsprechend geändert werden. Jetzt klagen die Charlottenburger gegen die Kreuzberger KollegInnen wegen nachweislichem Verstoß.
Bevor diese Einstweilige Verfügung wirksam wurde, war das Kassieren im voraus (50 Mark) in der jungen Branche üblich. Danach blieb den drei Mitwohnzentralen nichts anderes übrig, als ihre Geschäftspraktiken zu ändern. Aus ihrer Sicht stellt die neue Regelung eine zusätzliche Belastung dar: „Jetzt müssen wir dauernd hinter dem Geld herlaufen“, klagt eine Mitarbeiterin. Umgekehrt hätte es weniger Probleme gegeben - bei geplatzter Vermittlung sei die Provision eben zurückerstattet worden.
Hintergrund der Querelen ist die letztlich ungeklärte rechtliche Bewertung der Tätigkeit von Mitwohnzentralen. Soweit sie sich auf die Vermittlung von tageweisen Unterkünften beschränken, kann es sich dabei auch um eine Dienstleistung im Fremdenverkehr handeln, die dem Maklergesetz nicht unterliegt. Um ein Grundsatzurteil bemüht sich derzeit ein kürzlich in Dortmund gegründeter Verband der Mitwohnzentralen. Bis dahin gilt: Keine Gebühr im voraus. Martina I. wird wohl um die Ordnungsstrafe nicht herumkommen. Die Höhe allerdings findet sie happig: „Das ist harter Konkurrenzkrieg.“ Wie hart er sein darf, darüber befindet demnächst das Landgericht Berlin.
Uwe Mailänder
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